# taz.de -- Farc nach der Betancourt-Befreiung: Auf dem Weg zum totalen Frieden | |
> Die Geiselbefreiung von Ingrid Betancourt und 14 Mitgefangenen trifft die | |
> Farc in einer geschwächten Situation. Doch um sie zur Abgabe der Waffen | |
> zu bringen, bedarf es politischer Mittel. | |
Bild: Die Befreiung von Betancourt und 14 weiteren Geiseln bringt die Farc in B… | |
PORTO ALEGRE taz Es war ein Held der lateinamerikanischen Linken, der das | |
Fazit der Geiselbefreiung in Kolumbien zog: "Die Zeiten des bewaffneten | |
Kampfes sind vorbei", sagte der bolivianische Staatspräsident Evo Morales. | |
Die Völker Lateinamerikas müssten "auf demokratischem Wege befreit" werden. | |
Ähnlich hatten sich vor Wochen der Venezolaner Hugo Chávez und Rafael | |
Correa aus Ecuador geäußert. Doch mit ihrer lange Zeit einseitigen Kritik | |
an Uribe hatten sich die beiden keinen Gefallen getan. | |
Ingrid Betancourt bezeichnete sie zwar als "sehr wichtige Verbündete", doch | |
als Voraussetzung für eine künftige Mittlerrolle müssten sie "die | |
kolumbianische Demokratie" anerkennen: "Die Kolumbianer haben Uribe | |
gewählt, nicht die Farc." | |
Kolumbiens zivile Linke appelliert schon seit Jahren vergeblich an die | |
Farc. Carlos Gaviria vom Alternativen Demokratischen Pol tat dies am | |
Mittwoch erneut, warnte aber zugleich die Regierung. Die filmreife Aktion | |
in Guaviare dürfe nun nicht dazu führen, dass die restlichen Geiseln auf | |
ähnlichem Weg befreit würden. Präsident Uribe dürfte das kaum beeindrucken. | |
Der Hardliner sei beliebter denn je, räumt der Friedensaktivist Camilo | |
González Posso ein. Jetzt sei die Farc am Zug: "Wenn sie überhaupt noch | |
eine Überlebenschance haben will, bleibt eigentlich nur noch die einseitige | |
Geiselfreilassung." Der Menschenrechtler Marcos Romero ergänzte, der Druck | |
für einen Gefangenenaustausch werde nun nachlassen. | |
Uribe selbst sagte, die Farc müsste einsehen, dass seine harte "Politik der | |
demokratischen Sicherheit" kein Selbstzweck sei, sondern der "Weg zum | |
totalen Frieden" - eine kaum verhüllte Aufforderung zur Kapitulation. | |
Von der Farc selbst gab es noch keine Reaktion. Unbestritten trifft der | |
Befreiungscoup die immer schwächeren Rebellen noch härter als der Tod ihrer | |
Anführer in der ersten Jahreshälfte. Nicht nur politisch und militärisch | |
scheinen sie am Boden zu liegen, sondern auch in der Logistik: Im letzten | |
Jahr sei das Essen immer schlechter und der Nachschub anderer Güter immer | |
stockender geworden, hat Betancourt beobachtet. "Ich habe jetzt über die | |
Farc promoviert und kann hoffentlich damit helfen", sagte sie schmunzelnd. | |
Als sie gefragt wurde, wie sich der Tod des Farc-Gründers Manuel Marulanda | |
auf die Organisation ausgewirkt habe, ergriff Verteidigungsminister Juan | |
Manuel Santos das Wort, listete die jüngsten Erfolge der Armee auf und | |
sagte, die Regierung reiche "großzügig die Hand zum Frieden". | |
Der im Februar freigelassene Sena- tor Luis Eladio Pérez sagte, nun müsse | |
den Guerilleros durch eine politische Partei die Rückkehr ins zivile Leben | |
erleichtert werden. Das klingt einfa- cher, als es ist: In den | |
Achtzigerjahren wurde ein solcher Versuch von der Armee und von | |
Paramilitärs in Blut ertränkt. | |
Der konservative Exminister Álvaro Leyva verfügt seit Jahrzehnten über gute | |
Kontakte zur Farc. Jetzt müssten endlich die historischen Probleme | |
Kolumbiens wie der Paramilitarismus und dessen Verquickungen mit der | |
politischen Führungsschicht angegangen werden, meint er. In dieser Hinsicht | |
aber ist die Regierung Uribe Teil des Problems, nicht Teil der Lösung. | |
4 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Gerhard Dilger | |
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