# taz.de -- Farbstoffe in Lebensmitteln: Knallbunt ist ungesund | |
> Ab Dienstag müssen Lebensmittel, die Azofarbstoffe enthalten, einen | |
> Warnhinweis tragen. VerbraucherschützerInnen ist das zu wenig. | |
Bild: Geht doch: Gummibärchen ohne E 104, E 110 und E 124. | |
"Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen". Dieser | |
Warnhinweis wird ab Dienstag auf Lebensmitteln EU-weit Pflicht - jedenfalls | |
auf Produkten, die Azofarbstoffe enthalten. Das sind vor allem Süßigkeiten, | |
Limonaden und Backdekore. Die künstlichen Farbstoffe gelten als Auslöser | |
von Allergien, fördern Hyperaktivität und Konzentrationsschwierigkeiten bei | |
Kindern und sind verdächtig, krebserregend zu sein. | |
Verbraucherschutzorganisationen kämpfen seit Jahren gegen diese | |
Azofarbstoffe. Auch das EU-Parlament hat sich schon vor längerer Zeit für | |
ein Verbot starkgemacht. Doch weil die europäische | |
Lebensmittelsicherheitsbehörde Efsa (European Food Safety Authority) | |
erklärt hatte, es gebe noch keine ausreichenden Beweise über einen | |
Zusammenhang zwischen dem Konsum von Azofarbstoffen und | |
Gesundheitsschädigungen, konnte sich die EU-Kommission nur zu der jetzigen | |
begrenzten Kennzeichnungspflicht entschließen. | |
Alkoholhaltige Getränke müssen nicht gekennzeichnet werden, und außer in | |
Süßigkeiten können Azofarbstoffe auch in Zukunft in einer Vielzahl von | |
Lebensmitteln auftauchen, denen man das nicht unbedingt gleich ansieht. So | |
beispielsweise in Obstkonserven, Margarine, Käse und Fischprodukten. | |
Angesichts dessen bleibe VerbraucherInnen nichts anderes übrig, als jeweils | |
die Zutatenliste genau zu studieren, empfehlen Verbraucherzentralen: | |
Lebensmittel mit den E-Nummern E-102 (Tartrazin), E 110 (Gelborange), E 122 | |
(Azorubin), E 124 (Cochenillerot), E 129 (Allurarot) und E 104 | |
(Chinolingelb) sollte man in den Regalen stehen lassen. "Azofarben haben | |
keinerlei Nutzen für den Verbraucher", sagt Jan Bertoft, Generalsekretär | |
des schwedischen Verbraucherverbands. Wohl aber für den Produzenten: | |
KäuferInnen lassen sich von kräftigen Farben verführen. "Wenn man die | |
Gesundheit der Kinder wirklich ernst nimmt, müsste es genügen, wenn der | |
Verdacht einer gesundheitsschädlichen Wirkung besteht", meint Bertoft. Er | |
kritisiert, dass Produzenteninteressen für die EU mehr zählten als das | |
Prinzip der Vorsicht. Wenn die Lebensmittelbehörde Efsa auch angesichts | |
mehrerer Studien aus den USA, Japan und Großbritannien über | |
Gesundheitsgefährdungen verneine, dass es durch den Konsum von Azofarben | |
eine "ausreichende" Gefahr gebe, liege das daran, dass sie sich | |
ausschließlich auf ihr wissenschaftliches Gremium für | |
Lebensmittelzusatzstoffe stütze, und das werde von Lobbyisten der | |
Lebensmittelindustrie gesteuert. | |
Wie problemlos Azofarbstoffe ersetzt werden können, bewies die Branche auch | |
angesichts der jetzt beginnenden Kennzeichnungspflicht. Um den wenig | |
verkaufsfördernden Warnhinweis zu vermeiden, haben "namhafte Firmen" laut | |
dem "Verbraucherservice Bayern" etwa bei Fruchtgummis die Rezepte bereits | |
verändert. Steht auf der Verpackung "keine künstlichen Farbstoffe" oder | |
kauft man Biolebensmittel, ist man vor Azofarbstoffen sicher. Und Tiere | |
leben auch gesünder als Menschen: Im Tierfutter hat die EU die Verwendung | |
von Azofarbstoffen schon vor Jahren verboten. | |
18 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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