Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Einzelhandel: Innenstädte in Sorge
> 100 Läden mit Autobahnanschluss: Vor Neumünster will ein "Designer Outlet
> Center" Markenartikel verkaufen. Dagegen zieht das benachbarte Rendsburg
> vor Gericht - aus Angst um seine Fußgängerzone.
Bild: "An die Region angepasste Architektur": Hier soll einmal halb Norddeutsch…
Ein ganz spezielles Geschenk für die Investoren: Kurz vor Weihnachten hat
die Stadtverwaltung von Neumünster die Genehmigung für den Bau eines
Einkaufsdorfes übergeben. Begonnen wird mit dem Bau des sogenannten
"Designer Outlet Centers" (DOC) mit 100 Sonderposten-Läden von
Markenherstellern dennoch nicht: Ein Gerichtsverfahren gegen das Projekt
ist derzeit noch anhängig.
Acht schleswig-holsteinische Bürgermeister wehren sich seit Jahren gegen
das Projekt - vorneweg der Chef der Stadtverwaltung von Neumünsters
Nachbarstadt Rendsburg, Andreas Breitner. Er befürchtet, dass die Menschen
aus der Region im neuen Outlet Center einkaufen statt in ihren
Innenstädten, und dass diese wegen des Kaufkraftverlustes veröden. "Wir
haben in die Innenstädte investiert und schon so genug Schwierigkeiten
dort", sagt Breitner, und überhaupt sei Schleswig-Holstein zu klein für
etwas wie das DOC.
Die acht Bürgermeister hatten gehofft, die Landesregierung würde das
Projekt stoppen. Sie tat es nicht. Rendsburg legte Beschwerde vor dem
schleswig-holsteinischen Oberverwaltungsgericht ein - und unterlag im
April: Aus Sicht des Gerichts ist keine Verödung der Innenstadt zu
erwarten. Eine Revision sei im übrigen nicht zulässig. Gegen diese
Nicht-Zulassung hat die Stadt Rendsburg nun vor dem
Bundesverwaltungsgericht Beschwerde eingelegt.
Der Investor argumentiert mit möglichen positiven Effekten des Projektes:
"Mit dem Designer Outlet Center erhält das Land eine einmalige touristische
Attraktion", sagt David Williams vom Co-Financier Hernderson Global
Investors. Freizeitbetriebe, Hotels und der lokale Einzelhandel könnten
profitieren. Bei der angebotenen Ware handele es sich ausschließlich um
Kollektionen vergangener Saisons, Musterkollektionen, Überhangproduktionen
oder Waren zweiter Wahl, schreibt der auf solche Projekte spezialisierte
Entwickler McArthurGlen in einer Pressemitteilung. Demnach fahren Kunden
bis zu 90 Minuten zu solchen Einkaufszentren - im Fall von Neumünster leben
in diesem Radius knapp sechs Millionen Menschen.
"Natürlich gibt es hier Einzelhändler, die dem negativ gegenüber stehen",
sagt Thorben Pries, Leiter des Oberbürgermeisterbüros in Neumünster. Er
verweist auf die 1.000 Arbeitsplätze, die das DOC schätzungsweise bringen
wird. Und darauf, dass gleichzeitig ein Innenstadteinkaufszentrum geplant
werde. "Innenstadt und Outlet Center können voneinander profitieren", sagt
Pries und stützt sich dabei auf ein Verträglichkeitsgutachten, dass die
Stadt in Auftrag geben hat.
"Zehn bis 15 Prozent der Kunden, die ein DOC aufsuchen, sind Leute, die man
in die Innenstadt holen kann", referiert auch Bernhard Hörst,
Chef-Stadtplaner von Neumünster, das Gutachten. Mit gemeinsamen Aktionen,
einem Shuttle-Service und einer Tourist-Info im Einkaufszentrum sollen
Einkaufswillige auch in die Innenstadt gelockt werden. Wenn man von einer
Million Kunden in dem Outlet-Center ausgehe, wären 100.000 mehr für den
klassischen Einzelhandel möglich.
Aber: "Natürlich gibt es nicht nur positive Auswirkungen, sondern auch
negative", sagt Hörst. Sicherlich würden einige Menschen, die bisher in der
Neumünsteraner Innenstadt eingekauft hätten, künftig manches im Outlet
Center kaufen. In der Gesamtabwägung überzeugten aber die positiven
Argumente.
Wichtig dafür ist aus Hörsts Sicht, dass die Angebote von Innenstadt und
DOC sich "nicht überlappen": Deshalb gelte für das neue Center eine
Sortimentsbeschränkung, die jährlich überprüft werden solle. Bei Verstoß
seien Strafen um die 50.000 Euro vereinbart.
"Die Sortimentsbeschränkung läuft ins Leere", sagt dagegen der
Verwaltungsrechtler Ulf Hellmann-Sieg, der Rendsburg vor Gericht vertritt.
Er befürchtet, dass unter dem Deckmantel von Überhangproduktion reguläre
Ware im Center angeboten werden könnte. Nun hofft er, dass durch das
Bundesverwaltungsgericht geklärt wird, welche Anforderungen an die
Sortimentsliste gestellt "und wie sie überprüft werden". Im Frühjahr wird
entschieden, ob der Antrag zugelassen wird.
29 Dec 2010
## AUTOREN
Daniel Kummetz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Outlet-Center: Lieber das Original als die Kopie
Neumünster lässt in seinem Gewerbegebiet ein Einkaufszentrum bauen, das so
aussieht wie eine typische schleswig-holsteinische Kleinstadt - sprich
Rendsburg.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.