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# taz.de -- Ein Interview zu viel
> ■ Wegsperren, resozialisieren? Die Bürgerschaft diskutierte die
> Äußerungen des Justiz-Staatsrats
Die dickste Unterstützung kam von ganz rechts außen: Siegfried Tittmann
sicherte dem „mutigen Staatsrat“ Ulrich Mäurer (SPD) die „volle
Unterstützung der Deutschen Volksunion“ zu. „Er sollte Innensenator
werden“, befand Tittmann, und der solcherart Gelobte verzog schmerzlich den
Mund – der Rest der Aktuellen Stunde, bei der es auf Antrag der Grünen um
die umstrittenen Äußerungen des Justizstaatsrats bei buten un binnen ging,
war ihm dann sichtlich weniger unangenehm. Bis auf die Rede des Grünen
Hermann Kuhn. Der hatte es nicht auf sich beruhen lassen wollen, dass
Mäurers Chef, Justizsenator und Bürgermeister Henning Scherf (SPD), die
Äußerungen seines Staatsrat nicht gerade gerückt hatte.
So hatte Mäurer am 22. Februar erklärt, es gebe eine Gruppe jugendlicher
Straftäter, „die in der Tat nicht zu resozialisieren sind, weil sie nie
sozialisiert wurden“ (die taz berichtete), und das für ausländische Täter
„nur die Abschiebung bleibt“, ebenso für ihre Familien, „die an sich als
Intensivtäter auftreten“. Trotz eines Proteststurms hatte Staatsrat Mäurer
seine Äußerungen nicht widerrufen, auch nicht vor zwei Wochen im
Rechtsausschuss. Seine Äußerungen, so kritisierte gestern Hermann Kuhn,
seien „unverantwortlich und stehen in klarem Gegensatz zu den in
Deutschland immer noch geltenden Grundlagen des Strafvollzugs“. Der
Hauptzweck von Haft sei schließlich Resozialisierung, erst dann komme der
Schutz der Gesellschaft, zitierte Kuhn das Strafvollzugs- und das
Jugendgerichtsgesetz. Und weiter: „Reines Wegsperren, weil man den Menschen
aufgegeben hat, ist durch unsere Gesetze nicht gedeckt.“
Das sieht die CDU anders: Erst komme der Schutz der Opfer und der
Gesellschaft, dann der Versuch der Resozialisierung, so der CDU-Abgeordnete
Thomas Röwekamp. Und Eltern seien dafür „verantwortlich, wie sie ihre
Kinder erzogen haben“.
So weit alles erwartungsgemäß – spannend wurde es, als die SPD an der Reihe
war. Zuständig für Politik sind die „Verfassungsorgane und nicht Beamte,
auch nicht politische Beamte“, meinte der Abgeordnete Horst Isola zu
Mäurer. Dann folgte ein Plädoyer für die „konsequente Durchführung eines
Erziehungsvollzugs“, für das endlich ein Konzept hermüsse: „Bei
Jugendlichen muss alles getan werden, damit sie nicht wieder straffällig
werden.“ Und nochmal in Richtung des SPD-Staatsrats und der CDU: „Bloße
Wegsperrsprüche helfen den Eingesperrten nicht“, so Isola: „Glauben Sie
denn, dass die besser sind, wenn sie wieder rauskommen?“
Am Schluss dann sagte Isola zu seinem „alten Freund“ Mäurer: „Ulli,
gelegentlich mal ein Interview weniger und dafür ein biss-chen mehr die
Verwaltung auf Trab bringen.“
So kritisch die SPD-Fraktion, so wenig kritisch sah der SPD-Justizsenator
die Worte seines zweiten Mannes im Ressort. „Identisch mit Mäurer“ sei er,
so Henning Scherf, in der Meinung, „dass wir in der Gesamtheit unserer
öffentlichen Antworten konsequent sind und nicht Intensivtäter von einem
zum anderen weiterreichen.“ Es sei auch „nicht tolerierbar, dass es Familen
gibt, die eine große Anzahl von Kindern haben, die sie ganz früh laufen
lassen und die unsere Öffentlichkeit terrorisieren.“ Und wer sich hier
nicht gesetzeskonform verhalte, „wird abgeschoben.“ Dann wurde der
Justizsenator noch lauter: „Die müssen merken, dass wir nicht ein
langweiliger, schlaffer, weinerlicher, liberaler Staat sind, sondern die
müssen lernen, dass wir ein konsequenter Staat sind.“
Da sehe er sich von allen bestätigt, so Scherf. „Ich kenne inzwischen ganz
viele Jugendliche – auch von grünen Eltern – die es nicht mehr aushalten.�…
Und die – sich korrekt verhaltenden – Ausländer wollten das sowieso.
Am Ende seiner Rede bekam Henning Scherf Beifall, nicht von den Grünen, ein
bisschen von seiner eigenen Partei, ganz viel von der CDU – und
DVU-Tittmann grölte vor Begeisterung. sgi
21 Mar 2002
## AUTOREN
sgi
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