| # taz.de -- EU und Afrika bleiben ungleiche Partner: „Europa bietet wenig an�… | |
| > Bei Joachim Schusters Tagung zu den Partnerschaftsabkommen von EU und | |
| > afrikanischen Staaten warnt Francesco Marí vor neokolonialen Folgen | |
| Bild: Der afrikanische Widerstand gegen die EPA formierte sich beim Weltsozialf… | |
| taz: Herr Marí, was halten sie von Economic Partnership Agreements, kurz | |
| EPA? | |
| Francisco Marí: EPAs werden von Europa aus manchmal als Entwicklungabkommen | |
| bezeichnet. Aber das sind sie für uns und vor allem für afrikanische | |
| Zivilgesellschaften von Anfang an nicht gewesen. Es sind | |
| Freihandelsabkommen wie alle anderen auch, die Europa mit Afrika | |
| abschließen wollte. | |
| Wollte? | |
| Es hat nicht geklappt – die meisten afrikanischen Länder haben sich | |
| verweigert. Im Moment gibt es nur mit vier südafrikanischen Ländern | |
| vollständige EPAs. Woanders sind die Verhandlungen zwar beendet, aber viele | |
| Staaten wollen nicht unterschreiben. | |
| Warum? | |
| Weil es ihre industrielle Entwicklung so stark behindern würde, dass es | |
| sich für sie nicht lohnt. Marktzugang haben die meisten schon. Den 50 | |
| ärmsten Ländern der Welt gewährt die EU einseitig für ihre Exporte | |
| zollfreien Zugang, davon sind 34 afrikanische Staaten. Diesen Marktzugang | |
| haben sie mit oder ohne EPA. Mit den EPAs müssen sie aber nun zusätzlich | |
| ihren Markt für EU-Waren öffnen. Andere Staaten wie Nigeria exportieren nur | |
| Ölprodukte, die sowieso keinen Zoll in der EU haben. Europa bietet also | |
| wenig an – dafür verlangt es freien Zugang zum afrikanischen Markt. | |
| Joachim Schuster, Bremer EU-Abgeordneter und Veranstalter der Konferenz, | |
| will gerade durch EPAs afrikanische Wirtschaftsstrukturen erhalten | |
| Das mag der Wunsch der EU sein, aber das Gegenteil ist dabei | |
| herausgekommen. Sie versuchen seit dem Beginn der Verhandlungen vor 15 | |
| Jahren, den Staaten Verträge aufzudrücken, von denen sie nichts haben. Das | |
| größte Versprechen der EU, nämlich den zollfreien Zugang zum europäischen | |
| Markt, haben sie längst. Warum sollten sie also verhandeln? | |
| Das trifft nicht auf alle afrikanischen Länder zu. | |
| Nur einige Staaten wie Ghana und Côte d’Ivoire haben den Zugang nicht, weil | |
| die UN sie als Länder mittleren Einkommen einstuft. Die USA aber geben | |
| ihnen trotzdem freien Zugang zu ihrem Markt für viele Produkte. Die EU | |
| argumentiert, dass die Regeln der WTO das nicht zulassen, aber das ist ein | |
| Scheinargument. Denn die EU hat auch ein sogenanntes Präferenzsystem, was | |
| diesen wenigen „reicheren“ Staaten Afrikas ebenfalls einseitig Zollfreiheit | |
| gewähren könnte, die Kapverden nutzen das. Wenn die EU wollte, könnte sie | |
| das Problem also auch ohne EPAs lösen. | |
| Tut sie aber nicht. | |
| Nein, weil es ihr darum geht, selbst Produkte zollfrei nach Afrika | |
| exportieren zu können. Das wollen die afrikanischen Staaten aber selber | |
| bestimmen, anstatt sich für 25 Jahre festzulegen, wie es die EU anstrebt. | |
| Ob sie Gold verarbeiten oder Autos bauen: Afrika kann heute noch nicht | |
| wissen, welche Zölle in 25 Jahren sinnvoll sind. Das ist der Grund dafür, | |
| dass viele Länder nicht unterschreiben wollen. | |
| Ist eine Lösung in Sicht? | |
| Alle afrikanischen Staaten, die das wollen, können ja nun zollfrei nach | |
| Europa exportieren, so wie die EU das will. Da müsste sich also nichts | |
| ändern. Die EU müsste nur zulassen, dass die wenigen Staaten mit | |
| Übergangsabkommen ihre Zölle nicht weiter reduzieren. Sonst schaden sie der | |
| wirtschaftlichen Integration mit ihren Nachbarn ohne EPAs. Das würde zu | |
| Konflikten führen. Die EU will aber weiter die EPAs durchsetzen, weil sie | |
| ansonsten das Gesicht verliert nach 15 Jahren Verhandlung. Es ist aber ein | |
| großer Erfolg für Afrika, dass sie sich gegen diese fast schon tödliche | |
| Umklammerung der EU mal gewehrt haben. | |
| 18 May 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Hendrik Gerlach | |
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