# taz.de -- Drogenkrieg in Mexiko: Großoffensive gegen die Mafia | |
> Mit 5.000 zusätzlichen Soldaten will Mexikos Präsident Felipe Calderón im | |
> grenznahen Ciudad Juárez die Drogenbosse bekämpfen. Der Krieg fordert | |
> immer mehr Todesopfer. | |
Bild: Bis an die Zähne: Diese Waffen beschlagnahmte die mexikanische Polizei v… | |
Mexikos Präsident Felipe Calderón rüstet zur großen Schlacht gegen die | |
Drogenmafia. 5.000 Soldaten sind seit Anfang der Woche auf dem Weg in das | |
nordmexikanische Ciudad Juárez, um die in der Region bereits stationierten | |
2.000 Armeeangehörigen zu unterstützen. Die an der Grenze zu den USA | |
gelegene Metropole gilt als gefährlichste Stadt Mexikos: In diesem Jahr | |
wurden bislang 340 Menschen ermordet, 2008 forderte der Drogenkrieg allein | |
in Ciudad Juárez über 1.600 Todesopfer. Calderóns Mobilmachung soll dieser | |
Gewalt nun Einhalt gebieten. | |
Derzeit streiten zwei große Clans - das Sinaloa- und das Golfkartell - um | |
die Vorherrschaft in der Grenzregion, von der aus nach FBI-Angaben etwa die | |
Hälfte der in den USA konsumierten Drogen ins Land kommt. Doch das hohe Maß | |
an Gewalttätigkeit ist nicht nur deren Kampf um die Kontrolle der | |
Schmuggelrouten geschuldet. Auch der von Präsident Calderón nach seinem | |
Amtsantritt 2006 erklärte Krieg gegen die Kartelle sorgt für eine | |
Eskalation der Gewalt. 40.000 Soldaten und Polizisten sind derzeit | |
landesweit gegen die Kartelle im Einsatz. Allein im letzten Jahr starben | |
5.500 Menschen, und damit durchschnittlich dreimal so viel wie zu Zeiten | |
von Calderóns Vorgänger. | |
Mit seiner Mobilmachung reagiert der konservative Politiker nun auf Kritik, | |
seine Regierung verliere immer mehr die Kontrolle in der Grenzstadt. Vor | |
zwei Wochen trat der örtliche Polizeichef Roberto Orduña Cruz zurück, nach | |
dem die Mafia fünf Polizisten erschossen hatte. Die Täter stellten auf | |
Plakaten klar, dass sie jeden Tag einen weiteren Beamten ermorden würden, | |
sollte Orduña Cruz nicht sein Amt quittieren. Mitte Februar organisierten | |
die Capos im gesamten Norden Mexikos Blockaden, um den Abzug der Militärs | |
zu fordern. Bezahlte Aktivisten sorgten in Ciudad Juárez, Reynosa, Nuevo | |
León und anderen Städten dafür, dass der Verkehr komplett zusammenbrach - | |
eine Machtdemonstration der Drogenbosse. Im Gegenzug kündigte vor wenigen | |
Wochen ein paramilitärisches "Bürgerkommando Pro Juárez" an, künftig selbst | |
Hand anzulegen und jeden Tag einen Verbrecher umzubringen. | |
Solche Verhältnisse rufen auch den Nachbarn im Norden auf den Plan. Im | |
Dezember warf das US-amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes die Frage auf, | |
ob das Land zum "failed state" geworden sei und verglich Mexiko mit dem | |
Irak. Wenig später sprach das US-Verteidigungsministerium mit Blick auf | |
Mexiko von einem "nationalen Sicherheitsrisiko", da die Regierung Teile des | |
Landes nicht unter Kontrolle habe. Auch internationale Sicherheitsexperten | |
stellen das Vorgehen Calderóns in Frage und führen das Problem auf die | |
korrupten Strukturen zurück. Calderón selbst räumt ein, dass der Hälfte von | |
Mexikos Polizisten nicht zu trauen sei. | |
Auch im derzeitigen Stimmenkampf für die im Juli stattfindenden | |
Parlamentswahlen sowie mehrere Gouverneurswahlen ist der Drogenkrieg und | |
die Macht der Capos zum alles dominierenden Thema geworden. Es steht außer | |
Frage, dass die Kartelle versuchen werden, die Kontrolle über einzelne | |
Regionalregierungen abzusichern. Schon jetzt seien 63 Prozent der Rathäuser | |
Mexikos von der Drogenmafia infiltriert, erklärt Professor Edgardo | |
Buscaglia vom sozialwissenschaftlichen Institut ITAM. Zugleich haben | |
Forderungen nach autoritären Lösungen Hochkonjunktur. So fordern die Grünen | |
die Wiedereinführung der Todesstrafe, und auch die frühere Staatspartei PRI | |
will darüber eine Diskussion. Mit Erfolg: Rund zwei Drittel der | |
mexikanischen Bevölkerung unterstützen die Forderung, etwa ebenso viele | |
sind bereit, für mehr Sicherheit ein Stück Freiheit aufzugeben. | |
4 Mar 2009 | |
## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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