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# taz.de -- Die Woche: "Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?"
> Nicht nur die SPD ist in der Krise: Auch FDP-Chef Guido Westerwelle weiß,
> dass er ohne Wahlerfolg 2009 spätestens weg ist. Sein Konzept der
> Verprinzcharlesung ist schon bei der letzten Wahl gescheitert.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Sonnenbrand! Die klimatische Umstellung!
Was wird besser in dieser?
Nicht alle müssen nachkommen nach Malle. Ich mach das für euch, Leute.
Zurück nach Deutschland: Wie sieht das wöchentliche Krankenbulletin der SPD
aus?
Schwierig, sich aus dem Osterurlaub in Spanien, wo noch die Plakate der
siegreichen Sozialisten prangen, wieder in das demütige "wie viele SPDen
hätten S denn gern"-Denken einzugrooven. Ob Beck jetzt gerade gute Laune
oder noch Hunger auf einen Juso hat, ist aus der Distanz - räumlich wie
zeitlich - sensationell unerheblich.
Andere Politiker ziehen sich ganz zurück: Die grüne Parlamentarierin
Marianne Tritz ist Lobbyistin der Tabakindustrie geworden. Und Matthias
Berninger, einst grüner Jungstar, arbeitet für einen Süßwarenkonzern. Sind
die Grünen zu normal geworden?
Sind sie zu stark, bist du zu schwach. Wir hatten offensichtlich Flausen im
Kopf über die moralische Integrität und den Idealismus dieser Generation.
Da die von unseren Steuern korrekt bezahlt wurden, erwarte ich, dass sie
nicht sofort anschaffen gehen. Sonst hätten sie die Bundestagszeit auch als
Casting selbst bezahlen können. Abschalten, und die Restlaufzeiten auf
Ströbele übertragen.
Die FDP wiederum löst sich aus der Fixierung mit der Union. Ist das nur
Taktik von Westerwelle - oder eine strategische Neuausrichtung?
Die FDP war noch nicht so lange in der Opposition wie unter Westerwelle. Er
weiß, dass er ohne Wahlerfolg 2009 spätestens weg ist. Und dass mindestens
Wolfgang Gerhardt und Rainer Brüderle auch persönlich motiviert wären, ihm
Arbeit abzunehmen. Gescheitert war seine Verprinzcharlesung unter Merkel
schon bei der letzten Bundestagswahl. Man darf das gelassen spaßpolitisch
mitnehmen: Die entfesselte Marktwirtschaft hat Metastasen in SPD, Union und
Grüne gewuchert und der politische Liberalismus à la
Baumundhirschundhammbrücher ist meist als nice to have missverstanden
worden.
Amerikanisiert sich also unsere Gesellschaft? Die Reallöhne sind gesunken,
die Gewinne enorm gestiegen, die Mittelschicht schrumpft.
Vor gut 15 Jahren hatte der Hoffnungsträger Clinton Aufsehen erregt, weil
er Emissäre unter anderem nach Deutschland gesandt hatte, um ein für die
USA tragfähiges System der staatlichen Gesundheitsfürsorge zu entwickeln.
Da scheint sich unterdessen doch eher der Kapitalismus amerikanischer
Prägung zu Tode zu siegen. Das ist das, was sich hinter dem spröden
Abstraktum "europäische Sozialcharta" verbirgt. Noch mal ein Grund, die
europäische Verfassung nicht als geheime Kommandosache durchgehen zu
lassen. Bei uns hat inzwischen jeder Hilfsarbeiter eingesungen bekommen,
sich erst mal für seine Standortnachteile und sein freches Beharren auf
Lohn zu entschuldigen.
Heute vor 160 Jahren wurden in Berlin Barrikaden gebaut und revolutionäre
Bürger kämpften gegen das Militär. Bedeutet die Revolution von 1848 für uns
noch etwas?
Eben dies! Das auch "Burschenparlament" genannte Paulskirchen-Gremium war
eine idealistische Avantgarde; ihre - studentischen, akademischen - Ziele
waren ihren Zeitgenossen kaum vermittelbar und Einheit, Freiheit,
Gleichheit dem Gelegenheitsteutschen eher zwei bis drei Gräuel. Es ist das
prototypische Beispiel für die europäische Einigung, denn in historischer
Perspektive leben wir selbstverständlich in den Vereinigten Staaten von
Europa i. Gr. Und können uns angucken, wer diese Einheit vollziehen wird,
wenn nicht wir: eine so skrupellose wie gewaltbereite Junta wie Bismarck,
Wilhelm I. und ihre Offiziere und adligen Bücklinge. Die setzten um, was
die Märzrevolutionäre gewollt hatten - nur eben ohne und gegen Demokratie
und dann mit allen Folgen einschließlich Hitlers. 1848 ist bis heute nicht
vollständig begriffen, denn wenn man schon die deutsche Katastrophe auf
"Hitler und seine Helfer" niederschummelt, dann gehörten die, die den
demokratischen Aufstand niederkartätschten, meinetwegen unwissend, aber
doch zu Hitlers Helfern.
Und noch ein Jahrestag: Am Mittwoch vor fünf Jahren begann der Krieg der
USA gegen den Irak. Wie sieht die Bilanz da aus?
Es gibt keine Bilanz, deren Rechnungsposten unter anderem "zivile Tote",
"getötete Militärangehörige" hieße. Ich falle nicht in die Scheinlogik, bei
günstigeren Zahlen hätte dies ein lieber kleiner Krieg werden können.
Und was ist mit Borussia Dortmund?
Dienstag. Jena. Dann.
FRAGEN: SR
17 Mar 2008
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