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# taz.de -- Die Haartracht der Gesine Schwan: Pass auf, Präsidenten-Bubikopf!
> Eine kleine Typologie der Geschichte machenden Gesine-Schwan-Frisur.
> Oder: Warum sich Horst Köhler und sein Schwiegersohnschnitt in Acht
> nehmen müssen.
Bild: Und darunter: ein Lächeln.
Eines der beliebtesten Argumente gegen die damalige Kanzlerkandidatin
Angela Merkel war: "Wenn ich deren Frisur schon sehe …" Nein, mit einem
Haarschopf ohne eingeführten Namen sollte Merkel das Land nicht leiten
dürfen. Erst mit Udo-Walz-Bob wurde sie regierungsfähig.
In einer Zeit, in der man sich mit verbalen Aussagen aufgrund der erhöhten
Angreifbarkeit lieber zurückhält, spricht das symbolträchtige Haupthaar für
die Politiker. Da kann jeder reininterpretieren, was er will, und der
Träger ist nicht verantwortlich: Man denke nur an den frechen Graumecki mit
spielerischen Nackenlocken von SPD-Chef Kurt Beck. Hier demonstriert jemand
Jugendlichkeit, zitiert doch gleichzeitig den Look des Präkariats und passt
sich dem demografischen Wandel an.
So ist es auch nur konsequent, dass die SPD sich als Pendant zum
Vokuhila-Schnitt Becks nun die wuschelig-intellektuelle Gesine Schwan als
Kandidatin für das höchste Amt des Staates wünscht. Diese haptischen
Locken, diese rieselnd sich türmende Fülle - Schwans Prachthaare könnten
ganze Ikonografie-Essaybände füllen. Doch gerade jetzt, wo zum zweiten Mal
eine der aufregendsten Frisuren die Berliner Republik herausfordert,
spricht auf einmal niemand darüber. Warum? Fürchtet man sich etwa vor ihrem
Medusenhaupt?
Dabei ist eine Typologie der Kopfbedeckung Schwans durchaus interessant -
zeigt sich doch, dass von der Kandidatin ein Linksruck nicht zu erwarten
ist. Ein Vorbild für die Schwanschen Vorderhaupt-Locken findet sich nicht
nur in der Mythologie, sondern auch im Klassizismus: Das Frauenideal des
Empire waren ein paar ungebändigte Wirbel links und rechts des strengen
Scheitels. Sie repräsentierten neckisch ungezügelte Weiblichkeit - nur um
sich dann doch am Hinterkopf zu einem braven Dutt zu fügen. Die typische
Frisur der Salonmalerei hat Gesine Schwan aufgrebrochen. Die blendende
Akkuratesse der Jane-Austen-Figuren hat sie zu einem wilden Gewusel
ausgeweitet. Vergesst den Scheitel, let it roll! Hier hat sich jemand von
Überliefertem inspirieren lassen und zugleich davon befreit.
Die Politikprofessorin Gesine Schwan hat zu einer ganz eigenen Form des
Haupthaars gefunden, für die ein Name erst noch geschaffen werden muss. Und
sie hat der Nation ein Rätsel aufgegeben. Ihr Gesicht auf den Titelblättern
weckt Neugier: Wie sieht diese Frisur von hinten aus? Was wird man von
dieser Frau noch alles erwarten können?
Um im Rennen zu bleiben, werden Horst Köhler und sein Schwiegersohnschnitt
sich anstrengen müssen.
27 May 2008
## AUTOREN
Judith Luig
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