# taz.de -- Die Geschichte der Genossenschaft: Kauft die taz! | |
> Die taz als Genossenschaft an die LeserInnen zu verkaufen, war | |
> umstritten. Ein Text von Konny Gellenbeck. | |
„Keine taz mehr ? - ohne mich!“, schrieb Herbert Brüggemann 1991 an den | |
Rand seiner Zeichnungserklärung, mit der er der neuen taz Genossenschaft | |
beitrat. Wie 2.000 weitere LeserInnen wollte auch er mit seiner Einlage von | |
1.000 Mark seinen Teil dazu beitragen, die wirtschaftlich angeschlagene taz | |
aus ihrer finanziellen Notlage zu führen. | |
Aber wie kein anderer hatte der Verwaltungsangestellte aus Unterfranken mit | |
seiner prägnanten Formel den Sinn der Genossenschaft auf den Begriff | |
gebracht. Ein Jahr später „lieh“ die taz sich seinen Slogan sogar aus, um | |
damit für Abos zu werben. Der knallrote Kettenbrief mit der Aufschrift | |
„Keine taz mehr - ohne mich!“ ist bis heute die erfolgreichste | |
Werbekampagne der taz-Geschichte. Natürlich ist die Verbundenheit zwischen | |
den GenossInnen und dem taz-Verlag nicht immer so konkret wie in diesem | |
Fall. | |
Im Regelfall kreiert die hauseigene Marketingabteilung ihre Werbekampagnen | |
aus eigener Kraft. Aber bis heute sind die Mitglieder der Genossenschaft | |
neben den taz-Mitarbeitenden die zentrale Lebensader des Unternehmens taz. | |
Wie die tazlerInnen sind auch die GenossInnen zum überwiegenden Teil | |
„Überzeugungstäter“. Sie glauben an die Notwendigkeit des Projektes taz. | |
Ihnen ist die Pressevielfalt wichtig, und so halten sie die taz mit ihrer | |
publizistischen und ökonomischen Unabhängigkeit für unverzichtbar. | |
Inzwischen halten Herbert Brüggemann und über 18.200 weitere GenossInnen | |
ein Kapital von über 18 Millionen Euro. Tendenz: steigend. Im Schnitt | |
begrüßt die Genossenschaft jährlich ca. 1.000 neue Mitglieder, etliche | |
GenossInnen stocken ihre Anteile regelmäßig auf - ohne dafür mehr | |
Mitbestimmungsrechte zu erlangen. Regelmäßig informiert das Geno-Team in | |
ausführlichen Newsletters über neueste Projekte aus der Redaktion und die | |
aktuelle Lage des Unternehmens. | |
## Die Generalversammlung | |
Einmal jährlich können alle Mitglieder in Berlin an der Generalversammlung | |
teilnehmen, aus ihrer Mitte den Aufsichtsrat wählen und die | |
Mittelverwendung für wichtige Unternehmensentwicklungen der taz | |
beschließen. Konkret führte die taz 2016 ein neues Redaktionssystem ein, um | |
den stetig steigenden Anforderungen des Internetzeitalters besser gerecht | |
zu werden. Diese Investition, finanziert von der taz Genossenschaft, kostet | |
etwa 1.6 Mio. Euro und war überfällig, das alte Redaktionssystem tat seinen | |
Dienst über 20 Jahre lang. | |
„Kauft die taz“, wirbt die taz deshalb regelmäßig und appeliert damit zum | |
Eintritt in die Genossenschaft. Als 1991 die Entscheidung fiel, den größten | |
selbst verwalteten Betrieb der Bundesrepublik in Form einer Genossenschaft | |
an die LeserInnen der taz zu verkaufen, war dies unter den Mitarbeitenden | |
nicht unumstritten. | |
Manch einer favorisierte die Suche nach einem finanzstarken Großinvestor | |
aus der Verlagsbranche, unter dessen Führung sich die taz womöglich besser | |
entwickeln könnte. „Kauft die taz, bevor es ein anderer tut!“, hielten die | |
Befürworter einer Genossenschaftsgründung entgegen. Sie suchten nach einer | |
Geschäftsform, die die Unabhängigkeit der taz auch in der Zukunft | |
garantieren würde. | |
Mehr als 25 Jahre nach ihrer Gründung hat sich die Genossenschaft längst | |
als bestmögliche Unternehmensform für die taz bewährt. Gerade in jüngster | |
Zeit zeigen sich die Vorteile eines genossenschaftlichen Bündnisses mit den | |
eigenen LeserInnen. Seit die Verlagsbranche in einer lang anhaltenden | |
Strukturkrise steckt, gibt es deutliche Konzentrationsbewegungen im Markt. | |
## Stabil dank treuer Leserschaft | |
Selbst traditionsreiche Blätter wie die Frankfurter Allgemeine oder die | |
Süddeutsche Zeitung müssen um ihre Existenz bangen. Die Berliner Zeitung | |
ist längst verkauft und die Financial Times Deutschland ist inzwischen vom | |
Zeitungsmarkt verschwunden. Unversehens steht die kleine, | |
konzernunabhängige taz mit ihrer schlanken Kostenstruktur und ihrer treuen | |
Leserschaft vergleichsweise stabil da. | |
Nicht zuletzt weil ihre Finanziers bis heute keinen geldwerten Vorteil aus | |
ihrem Investment ziehen wollen, sondern von der taz ausschließlich eine | |
„politische Rendite“ fordern: in Form einer guten Zeitung. Und die wird | |
ihnen bis heute taztäglich zugestellt. | |
1 Feb 2013 | |
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