# taz.de -- Die CDU hat nicht gesprengt | |
> Der Bombenanschlag in Saarbrücken stellt die Proteste gegen die | |
> Wehrmachtsausstellung in Frage. Doch die Christdemokraten an der Saar | |
> wähnen sich schuldlos ■ Von Robin Alexander | |
Berlin (taz) – „So schnell kann man so etwas gar nicht vorbereiten“, sagt | |
Jürgen Presser erleichtert. Der Landtagsabgeordnete der CDU ist gestern | |
morgen nicht ins Büro gefahren, sondern zur Volkshochschule nach | |
Saarbrücken. Sie beheimatet zur Zeit die Ausstellung „Vernichtungskrieg. | |
Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“ und war in der Nacht zum Dienstag | |
Ziel eines Sprengstoffanschlags. Presser überzeugte sich vor Ort: Ein | |
Sprengsatz hat die Dachrinne abgerissen, Fenster splittern lassen und | |
vielleicht sogar die Statik des Gebäudes aus dem Lot gebracht. Presser | |
kennt sich mit Schäden aus, er ist Versicherungskaufmann, und sagt noch | |
einmal: „Einen Sprengsatz mit solcher Wucht kann man nicht in zwei Tagen | |
vorbereiten.“ | |
Presser betont diese Frist. Denn am Wochenende vor dem Anschlag erschien in | |
der Saarbrücker Zeitung seine Anzeige. „Wehrmachtsausstellung so nicht!“ | |
hat er inseriert, darüber sein Foto und darunter einen scharfen Text und | |
seine Unterschrift gesetzt. Die Anzeige sollte auffallen, die Konkurrenz | |
war hoch am Samstag, auch lokale CDU-Größen wandten sich an diesem Tag per | |
Anzeige gegen die Wehrmachtsausstellung. „Eigentlich ist das mein Thema“, | |
sagt der 49jährige ehemalige Zeitsoldat: „Ich bin für Sicherheitspolitik | |
und die Kontakte unserer Fraktion zur Bundeswehr zuständig.“ Als aber | |
bekannt wurde, daß die Wehrmachtsausstellung in Saarbrücken Station macht, | |
„haben sich plötzlich alle bei uns um das Thema gerissen“. Selbst der CDU- | |
Oppositionsführer Peter Müller kritisierte Ministerpräsident Klimmt (SPD), | |
weil dieser die Schirmherrschaft übernommen hatte. | |
Der Macher der Ausstellung, Hannes Heer, spricht sehr gewählt von | |
„Grenzüberschreitungen“ der CDU-Kampagne gegen sein Projekt. Die kann Peter | |
Müller nicht erkennen. Und auch nicht Jürgen Presser: „Die Täter stammen | |
bestimmt nicht aus dem Saarland.“ Die regionale Naziszene sei zu einer so | |
geplanten Aktion gar nicht fähig. Die Polizei konnte auch gestern noch | |
keine Angaben über die Täter machen. Presser steht zu seiner Anzeige und | |
auch zu „unserem stummen Zeichen für alle, die sich von der | |
Wehrmachtsausstellung diffamiert fühlen“. Das stumme Zeichen des | |
Abgeordneten Presser war eine Kranzniederlegung am 27. Februar am | |
Nußbaumweg in Saarbrücken. Dort, am „Ehrenmal für die Gefallenen und Opfer | |
des Krieges“, haben etwa hundert Menschen Pressers Rede gelauscht. | |
Anschließend spielten zwei Trompeter und ein Trommler des | |
Reservistenverbandes „Ich hatt' einen Kameraden“. Ein Totengedenken als | |
Kontrapunkt zu einer Ausstellung, die Aufklärung beabsichtigt? „Wir | |
schicken bald 5.000 junge Männer in den Kosovo“, sagt Jürgen Presser: | |
„Sollen die diese Diskussion über ihre Großväter aushalten?“ | |
„Wehrmacht ist kein Thema bei der Bundeswehr“, meint Presseoffizier Rüdiger | |
Trapp. Deshalb besuche auch kein offizieller Vertreter der Streitkräfte | |
Veranstaltungen in Zusammenhang mit der Wehrmachtsausstellung. Jeder Soldat | |
könne aber die Ausstellung besuchen, in Zivil oder in Uniform. Anders als | |
gestern in der taz berichtet haben auch schon Einheiten der Bundeswehr die | |
Wehrmachtsausstellung im Rahmen der politischen Bildung besucht. | |
11 Mar 1999 | |
## AUTOREN | |
Robin Alexander | |
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