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# taz.de -- ■ Querspalte: Deutschland, erwache!
Der britische Premierprediger Tony Blair liebt Erweckungsreden. Auch wenn
er den Leuten damit auf den Wecker geht. Apropos Wecker, müssen sich die
britischen Politstrategen unlängst gedacht und dabei an die Stirn
geschlagen haben. Wecker. Das ist es! Die Idee stammt von David Blunkett,
dem britischen Arbeitsminister unter Tony Blair. Blunkett hat den
Erweckungsprediger Blair wörtlich genommen: Er läßt neuerdings für drei
Mark Wecker an junge Arbeitslose verkaufen, meldet die Nachrichtenagentur
AP. Die Uhren sollen den Joblosen helfen, künftig nicht mehr
Bewerbungsgespräche am frühen Morgen zu verpassen. „Wir tun alles, damit es
keine faulen Ausreden bei der Arbeitssuche mehr gibt“, erklärt ein
Mitarbeiter des Ministeriums.
„Ausrede“, „faul“, „Wecker“! Welch geniale Verdichtung, ja
Vergegenständlichung der Sozialstaatsproblematik! Das leuchtet jedem ein.
Mehr Wecker braucht das Land. Und das Arbeitslosenproblem ist durch einen
gelungenen Werbespot zu lösen. Die Briten haben ohnehin schon immer die
besseren Werbeagenturen gehabt.
An Kanzler Kohl hingegen nagt der Zahn der Zeit. Er versteht den Zeitgeist
nicht mehr. Die Uhren gehen jetzt doch anders. Heute ist echtes
Merchandising gefragt, nicht ein ABM-Programm für 900 Millionen, das
nächstes Jahr wieder in sich zusammenfällt. Deutschland, erwache! Die Zeit
für echtes Arbeitslosen-Merchandising ist gekommen. Jedem Joblosen ein
Wecker, in Deutschland selbstverständlich umsonst, zumal vor der Wahl.
Zusätzlich zum Wecker gibt es die gelbe Arbeitslosen-Schirmkappe, damit die
im Dunkeln endlich gesehen werden. Und eine kleine
ArbeitsBeschaffungsMaschine (ABM): Sie besteht aus einer Kiste mit viel
Sand und einer kleinen Schippe. Überallhin kann man sie mitnehmen und sich
so jederzeit selbst etwas Arbeit verschaffen: „Wir müssen alles tun, um die
Selbstverantwortung zu stärken!“ Richtig. Dann gibt es auch keine faulen
Ausreden mehr. Barbara Dribbusch
9 Apr 1998
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
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