| # taz.de -- Der Kampf um die Stimme | |
| > ■ 75 Jahre Frauenwahlrecht: eine Ausstellung in der Bürgerschaft blätte… | |
| > die wechselvolle Geschichte auf | |
| „Darf eine gebildete Frau stimmen? - Nein, aber ein Ignorant, Trunkbold und | |
| Wüstling darf es!“, beschwerte sich der Bremer Verein für Frauenstimmrecht | |
| 1908 in einem Flugblatt. Ein Jahr später kam der erste große Erfolg: Seit | |
| dem 9.März 1919 dürfen die Bremerinnen bei Wahlen ihre Stimmzettel abgeben. | |
| Anläßlich dieses Jubiläums dokumentiert das Bremer Frauenmuseum e.V. in | |
| Zusammenarbeit mit dem Parlamentsausschuß Frauen die Geschichte des | |
| Frauenwahlrechts. | |
| Für die umfangreiche Ausstellung in der Bürgerschaft sollte mensch sich | |
| schon etwas Zeit nehmen. Neben ausführlichen historischen Texten, sind es | |
| gerade die glühenden Pamphlete und Kampfschriften der Frauen, die die | |
| Ausstellung interessant machen. Zeitlich ist die Ausstellung klar | |
| gegliedert: Von der Forderung der Frauen, in der Kirche wählen zu dürfen | |
| Ende letzen Jahrhunderts, bis zu den autonomen Frauenprojekten in Bremen | |
| und die Auflistung aller Bremischen Parlamentarierinnen, findet sich hier | |
| vieles, was sich aus dem Staatsarchiv und private Quellen ausgraben ließ. | |
| Theoretische feministische Diskussionen wurden damals genauso geführt wie | |
| heute. Minna Bahnson (1866-1947) forderte als Vertreterin der gemäßigten | |
| Richtung das Stimmrecht für Frauen aufgrund ihrer jahrtausendelang | |
| erfüllten Hausfrauen- und Mutterpflichten. Die radikale Vertreterin der | |
| bürgerlichen Frauenbewegung, Auguste Kirchhoff (1867-1940) kämpfte hingegen | |
| für das allgemeine, geheime und direkte Wahlrecht für alle und dehnte ihre | |
| Forderung auf die wirtschaftliche Gleichstellung von Frauen aus. | |
| Elisabeth Hannover-Drück, Vorsitzende des Bremer Frauenmuseums, | |
| charakterisiert das Jahr 1919 als Schlüsseljahr.: „Das Ende des Ersten | |
| Weltkriegs, die Ausrufung der Weimarer Republik und die Machtübernahme der | |
| SPD, führten dazu, daß den Frauen endlich das Wahlrecht zugestanden wurde.“ | |
| Am 9. März erfolgte die erste bremeninterne Wahl mit Frauenbeteiligung. | |
| Seitdem werben Parteien um die Frauen als Mütter und Erwerbstätige. Fast | |
| alle der ersten weiblichen Bremer Abgeordneten kamen aus dem | |
| sozialistischen und linksradikalen Spektrum, erfahren wir in der | |
| Ausstellung. | |
| Etwas schwach ist die Zeit von 1933 bis 1945 in der Ausstellung | |
| repräsentiert, in der die Frauen um den Verlust ihres schwer erkämpften | |
| Wahlrechts fürchteten. | |
| Auf unterschiedliche Art und Weise traten die Parteien in ihren | |
| Wahlplakaten der 40er und 50er Jahre an das neue Wählerinnenpotential | |
| heran. Fühlten sich die Frauen von der FDP angesprochen, die sich gegen den | |
| §218 stark machte, oder eher von einem Plakat der SPD mit dem Aufruf an | |
| alle Mütter: „Denk an dein Kind, wähle SPD“? | |
| 75 Jahre Frauenwahlrecht - viel wurde erreicht, aber vieles bleibt noch zu | |
| tun. So lautet das Fazit der Ausstellung. Elisabeth Hannover-Drück: „Wir | |
| sollen nicht nur Forderungen stellen und auf Mißstände aufmerksam machen, | |
| sondern uns auch fragen, was haben Frauen schon alles erreicht. Wir wollen | |
| den Frauen Mut machen!“ | |
| Helen Schwenken | |
| 9 Mar 1994 | |
| ## AUTOREN | |
| Helen Schwenken | |
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