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# taz.de -- Den Kicker hinterfragen
> ■ Von der Schwierigkeit, Gender Mainstreaming zu verstehen
Wissen Sie, was Gender Mainstreaming ist? „Nee, weiß ich nicht. Meine
Kollegin weiß das auch nicht“, sagt eine Frau, die gestern genau aus diesem
Grund in die Arbeitnehmerkammer gekommen ist. Um das Wort, das kaum einer
versteht, seine Bedeutung und Umsetzung für die Jugendhilfe ging es da für
rund 35 Interessierte, vor allem Frauen, aus dem Bereich der Jugendarbeit.
Weiß Frauen- und Jugendsenatorin Karin Röpke (SPD), was Gender Dingsda ist?
„Sie wissen das nicht?“, fragt sie zurück. Und erklärt: „Gender
Mainstreaming bedeutet, jede Entscheidung im Hinblick auf Chancengleichheit
zwischen den Geschlechtern zu überprüfen.“ Ginge es ein bisschen genauer,
Frau Senatorin? „So könnte man beispielsweise Senatsvorlagen unter diesem
Aspekt unter die Lupe nehmen.“ Aha. „Das ist genau das Problem“, sagt Kar…
Röpke, „dass es so abstrakt ist. Wir müssen jetzt ein Bewusstsein für die
Bedeutung von Chancengleichheit schaffen.“ Die Praxis müsse jetzt
entwickelt werden.
Das ist genau das Problem. „Gender Mainstreaming ist eine Strategie
staatlicher Politik mit dem Ziel der Gleichstellung der Geschlechter auf
allen Ebenen“, so viel zur Theorie. Die liefern die zwei ReferentInnen des
Tages, Regina Rauw und Michael Drogand-Strud, beide von der
Heimvolkshochschule Alte Molkerei im ostwestfälischen Frille und „Experten
für geschlechterspezifische Jugendbildung“, so präsentiert sie Iris
Bleyer-Rex von der Arbeitnehmerkammer. Wortwörtlich ist das Unwort aus dem
Englischen nicht zu übersetzen. Das Wort „gender“ steht im Unterschied zu
„sex“, dem biologischen Geschlecht, für die soziale und kulturelle
Bestimmtheit. Und „Mainstreaming“, das Haupt-Strömen, meint, etwas von der
Randständigkeit ins Zentrum zu befördern. Von der Frauenfrage geht es zur
Frauen- und Männerfrage.
Das Hinterfragen jedes Prozesses, jeder Entscheidung auf seine Auswirkungen
sowohl auf Frauen als auch auf Männer wurde von der EU beschlossen.
„Eigentlich geht es um einen Prozess, der nur durch Einsicht gelingen kann,
jetzt aber verordnet wird“, beschreibt Regina Rauw das Dilemma: „Eine
Erkenntnis kann nicht verordnet werden.“ Irgendwie soll's dann aber
hoffentlich doch klappen damit, dass sich auf den Führungsetagen mit dem
Zwang zum „Gendern“ ein Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit
entwickelt und nach unten vermittelt wird.
„Ich versteh' das nicht“, flüstert die Kollegin vom Anfang ihrer Freundin
zu, und laut sagt sie: „Ich hätte gerne etwas mehr über die Praxis
erfahren. Ich bin ein biss-chen enttäuscht.“ Gender Mainstreaming liefere
eben keine Inhalte, erklärt Michael Drogand-Strud, „es ist eine Strategie.“
Eine Strategie, die in jedem Fall aufs Neue angewendet werde – und im
Ergebnis von denen abhängt, die sie anwenden.
So könnten sich JugendarbeiterInnen fragen, wie viele Jungen und Mädchen
die Angebote nutzten und ob sie ihren Bedürfnissen entsprächen. Bitte,
bitte, konkret! „Mal ganz einfach“, sagt Regina Rauw, „der Kicker im
Eingangsbereich ist oft ein Hindernis für Mädchen, die Einrichtung zu
besuchen.“ Und um das zu erkennen, brauchen wir Gender Mainstreaming?
„Gucken Sie doch mal, wie oft da ein Kicker steht!“
Susanne Gieffers
19 Apr 2002
## AUTOREN
Susanne Gieffers
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