| # taz.de -- David Lynch über Fernsehen und Meditation: "3-D macht die Geschich… | |
| > Der Regisseur David Lynch erhielt bei der Cologne Conference einen Preis. | |
| > Mit der taz spricht er über den Vorteil von Werbepausen und seine | |
| > Faszination für Maharishi Yogi. | |
| Bild: Vorbild und nächstes Filmprojekt von David Lynch: Maharishi Yogi | |
| taz: Herr Lynch, 1991 hatte "Twin Peaks" hier in Köln beim Film- und | |
| Fernsehfestival Cologne Conference Deutschland-Premiere. Was hat sich | |
| seitdem im TV verändert? | |
| David Lynch: Durch die Einführung des werbefreien Pay-TV in den USA ist der | |
| Freiraum für gute Geschichten gewachsen. Auch Serien mit einer | |
| durchgehenden Handlung, die ich besonders gerne mag, können nun besser | |
| erzählt werden. Vor einiger Zeit hatten die Studios noch Vorbehalte: Sie | |
| glaubten, es wäre für die Zuschauer zu kompliziert, jede Woche einen Teil | |
| der Geschichte mitzuverfolgen - keiner würde mehr einschalten, der eine | |
| Folge verpasst hätte. Heute, mit dem Internet und allen anderen | |
| Möglichkeiten, gibt es diese Probleme nicht mehr. | |
| Technik und Inhalt werden immer stärker eins und verändern Sehverhalten und | |
| Fernsehkonsum. Die neueste Sau, die durchs Dorf trabt, ist 3-D. Ist das | |
| eine Chance oder macht das einem TV-Avantgardisten Angst? | |
| Es immer eine Frage der Geschichte und wie die Geschichte erzählt wird. Das | |
| Medium spielt nicht wirklich eine Rolle - gleichgültig ob über Video, | |
| Internet oder mobile Anwendungen. Auch stereoskopisches 3-D ist nur ein | |
| Trick, ein Element. Es wird die Geschichte nicht besser machen. Ich glaube, | |
| 3-D-Fernsehgeräte sind nur ein Vehikel für die Industrie, um mehr Geld zu | |
| verdienen. | |
| Sie sind also auf das Rundum-Sorglos-Paket abonniert und mit sich im | |
| Reinen? | |
| Ich mag alles, was ich getan habe. Außer "Dune - Der Wüstenplanet", da | |
| hatte ich nicht die Kontrolle über den Schnitt, und daher war es auch ein | |
| Misserfolg. Ein Regisseur braucht die Freiheit, das zu tun, was die Idee | |
| gebietet, dann sind die Voraussetzungen für Erfolg gegeben. Ich liebe alle | |
| meine Projekte und ich liebte es, sie zu realisieren. | |
| Und ob Sie dabei für das Fernsehen oder für das Kino gearbeitet haben, war | |
| Ihnen natürlich völlig egal. | |
| Nein. Als wir "Twin Peaks" machten war es die gleiche Arbeit, als ob wir | |
| einen Kinofilm gemacht hätten. Allerdings sind die Werbepausen beim | |
| Fernsehen in gewisser Weise interessant. Alle acht bis zwölf Minuten gibt | |
| es eine Unterbrechung. Ein Kinofilm geht mindestens 90 Minuten durch. Es | |
| ist sehr anspruchsvoll, den Zuschauer solange in seinen Bann zu ziehen. Je | |
| größer das Kino, je mehr Zuschauer - desto schwieriger wird es. Die | |
| Werbepausen im kommerziellen Fernsehen machen es da schon wesentlich | |
| einfacher, das Publikum zu fesseln. | |
| Das heißt, Unterbrecherwerbung macht es für den Regisseur leichter? Da | |
| springt Ihnen doch die ganze Zunft mit angezogenen Knien wohin! | |
| Die grundsätzliche Herausforderung ist bei allen Projekten immer die, die | |
| eigenen Ideen zu übersetzen. Aber am Ende dieses Prozesses, wenn alles | |
| geklappt hat, entsteht eine Euphorie wie bei einer Rockband, die nach einem | |
| gelungenen Auftritt die Bühne verlässt. | |
| Und wie lautet dafür das Erfolgsrezept? | |
| Die Regel heißt: Bleibe deiner Idee treu! | |
| Deswegen meditieren Sie ja auch seit 37 Jahren und sind ein Anhänger der | |
| Lehren von Maharishi Mahesh Yogi, für dessen "Transzendentale Meditation" | |
| (TM) Sie sich stark machen. Wie viel findet sich davon eigentlich in Ihren | |
| Arbeiten wieder? | |
| Nichts, ich bin kein Botschafter. Ich bekomme Ideen, und manchmal bekomme | |
| ich Ideen, in die ich mich verliebe. Dann bin ich glücklich, weil ich weiß, | |
| was ich dann zu tun habe. | |
| Wobei Ihr "Glück" dann offensichtlich stark im psychedelischen Ausleuchten | |
| menschlicher Abgründe besteht. | |
| Ein Künstler darf nicht daran leiden, das Leid der Welt darzustellen? | |
| Zurück zur Botschaft: Sie betreiben auch den Web-Channel dlf.tv, um für TM | |
| zu werben. Ist das Internet heute die bessere Möglichkeit, solche | |
| Botschaften unters Volk zu bringen? | |
| Einen Web-Channel zu betreiben ist schwierig. Er muss immer mit neuen | |
| Inhalten gefüttert werden. Jeder kann eine Website ins Netz stellen, aber | |
| die Bilder und die Sounds wirken teilweise billig. Es gibt so viele Bilder, | |
| so viele Sounds. Das Publikum möchte in eine neue Welt hineinwachsen. Das | |
| wird kaum funktionieren, wenn der Bildschirm klein und die Tonqualität | |
| schlecht ist. Es ist traurig, dass sich die Menschen heute an diesen | |
| eingeschränkten Konsum über Computer oder Handy gewöhnen. Sie erhalten | |
| nicht das Erlebnis, das sie haben könnten. | |
| Welches Erlebnis kommt als nächstes von Ihnen? | |
| Ich arbeite an einer Dokumentation über Maharishi Yogi. Ich bin kein | |
| Dokumentarfilmer, aber ich werde das angehen. Es ist so abstrakt und | |
| schwierig, etwa das Manifest des Unmanifesten zu visualisieren. Die | |
| Quantenphysik beschäftigt sich im Grunde mit demselben Thema. | |
| Computeranimierte Grafiken könnten da helfen. Allerdings ist es für mich | |
| weniger eine wissenschaftliche Abhandlung, es ist mehr eine Angelegenheit | |
| des Gefühls. Aber es sollte schon auf einer großen Leinwand stattfinden. | |
| Haben Sie in letzter Zeit überhaupt einen Film von jemand anderem gesehen, | |
| der Sie beeindruckt hat? | |
| "2001" von Stanley Kubrick - übrigens auf Blue Ray. | |
| 4 Oct 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Wilfried Urbe | |
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