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# taz.de -- ■ Das Portrait: Rudi Carrell
„Wir schaffen täglich/
am laufenden Band
fühlen uns kläglich/
am laufenden Band
und sind dann abends/
total abgespannt
das ist nichts Neues/
für Dich und für mich!“
Als Rudi Carrell am 27.4. 1974 erstmals mit diesen Versen fröhlich
trällernd über sein „Laufendes Band“ schritt, stritten die
Arbeitspychologen gerade heftig für die Einführung bunter Schraubenzieher
zur Erleichterung der entfremdeten Fließbandarbeit. Flugs reicherte der
fesche Rudi seine holländische Familienspielshow „Een van de acht“ mit ein
bißchen Sozialkritik an, verlieh dem verhaßten Symbol des
Industriezeitalters den Charme fröhlicher Reproduktionstätigkeit und machte
mit seinem Remake fortan am laufenden Band deutsche Arbeiter glücklich.
Jahre später, die Kulturkritiker diskutierten gerade die
„Freizeitgesellschaft“, erdachte der holländische Entertainer „Rudis
Reiseshow“ und schickte nun das wachsende Heer der Arbeitslosen in den
Urlaub.
Fabriziert Shows am laufenden Band Foto: taz-Archiv
Seit nunmehr dreißig Jahren unterhält uns Rudi Carrell, der uns mit
„Herzblatt“ die erste deutsche Blind-date-Show schenkte, hart am Wind des
herrschenden Zeitgeists. Nur einmal, 1981 – die Medienkritiker gaben gerade
wissenschaftliche Studien über den Wahrhaftigkeitsanspruch der
Fernsehnachrichten in Auftrag – hatte er sich ein wenig zu weit vorgewagt:
Als er in seiner satirischen „Tagesshow“ nahelegte, der iranische Ajatollah
Khomeini werde von seinen Anhängern mit Damenunterwäsche beschenkt, führte
das zu einer außenpolitischen Krise.
Als stünde er immer noch unter dem Druck eines Fließbandtaktes, produziert
Carrell, der heute seinen 60. Geburtstag feiert, auch heute noch
Unterhaltungsshows im Akkord. Nicht immer ist er dabei so erfolgreich wie
mit seiner Wunschzettelreihe „Rudi-Carrell-Show“, die er noch für die ARD
produzierte. Mittlerweile tingelt Carrell aber beim Kölner Privatsender
RTL, mit dem ihn vor allem seine Produktionsfirma verbindet, welche im
letzten Jahr einen Gesamtumsatz von 63 Millionen Mark erwirschafte.
Auch wenn der Multimillionär mit dem unverkennbaren Kaaskopp-Akzent das
also gar nicht nötig hat, wünschen wir ihm doch zu seinem runden Geburtstag
viel Glück am laufenden Band ... und ein Kofferradio ... einen Globus ...
ein Fondueset ... eine Stehlampe ... und, ach ja: das Fragezeichen! Klaudia
Brunst
19 Dec 1994
## AUTOREN
Klaudia Brunst
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