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# taz.de -- „Das Gewissen des Landes“ Andrej Sacharow gestorben
> ■ Der sowjetische Bürgerrechtler und Atomphysiker starb an Herzversagen
Berlin (taz) - Am Donnerstag abend starb der Bürgerrechtler Andrej Sacharow
in seiner Moskauer Wohnung an einem Herzanfall. Schon seit längerem soll
der 68jährige unter Angina pectoris gelitten haben. Sacharow, der in den
50er Jahren maßgeblich an der Entwicklung der sowjetischen Wasserstoffbombe
beteiligt war, wurde unter Breschnew zur Symbolfigur der Bürgerrechts- und
Reformbewegung in der UdSSR. 1975 erhielt er für sein Engagement als
Bürgerrechtler den Friedensnobelpreis. Erst 1986, nach siebenjähriger
Verbannung in der für Ausländer gesperrten Stadt Gorki, konnte der Physiker
mit seiner Frau Jelena Bonner nach Moskau zurückkehren.
Seit Frühjahr dieses Jahres gehörte Sacharow dem neugewählten Kongreß der
Volksdeputierten in Moskau an. Hier schloß er sich der „Interregionalen
Deputiertengruppe“ an, in der sich radikale Reformkräfte um Boris Jelzin
zusammengeschlossen hatten. Zwar unterstützte Sacharow die Reformen
Gorbatschows, machte aber gerade in letzter Zeit keinen Hehl aus seiner
Unzufriedenheit mit dem langsamen Verlauf der Umgestaltung. Noch Anfang
dieser Woche hatte er im Volksdeputiertenkongreß den Versuch unternommen,
die Streichung des Artikels 6 der sowjetischen Verfassung, der das
Machtmonopol der KPdSU garantiert, durchzusetzen.
Als begleitende Maßnahme hatte Sacharow zu einem landesweiten „Aktionstag“
für Montag aufgerufen, an dem auch gestreikt werden sollte. Sein Aufruf
wurde im Land allerdings kaum befolgt.
Auf der gestrigen Sitzung wollte er erneut eine Rede gegen den Artikel 6
halten. „Es wird ein harter Tag werden“, hatte Sacharow kurz vor seinem Tod
noch gegenüber Verwandten geäußert. Gorbatschow, den der Abgeordnete
Sacharow wegen seiner Machtfülle mehrfach kritisiert hatte, erteilte dessen
Forderungen eine klare Absage.
Der Radikalreformer Jelzin würdigte Sacharow im Kongreß der
Volksdeputierten als das „Gewissen des Landes“.
khd
16 Dec 1989
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khd
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