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# taz.de -- Das Berliner Verbot von Tischfeuerk: Nichtmal Wunderkerzen sind erl…
> Bundeweit wurde der Verkauf von Böllern und Raketen verboten, in Berlin
> gelten schärfere Regeln. Dabei schaden Knallerbsen keinem Menschen.
Bild: Sieht das hier gefährlich aus? Nein, sieht es nicht
Ach wie schön, freuen sich jedes Jahr die Kinder, wenn sie am
Silvesterabend die traditionellen Wunderkerzen in die Hand gedrückt
bekommen, vielleicht eine Konfettibombe, deren Hinterlassenschaften man
noch zwei Jahre später unterm Teppich zusammenfegen darf, oder gar ein paar
Knallteufel – diese erbsengroßen Wunder der Pyrotechnik in leise
knisterndem Seidenpapier, die man aus heimeligen Schächtelchen voller
Sägemehl klaubt, um sie dann schwungvoll auf den Boden zu werfen, was
wiederum ein schüchternes „Puff“ erzeugt.
Eigentlich eine prima Sache für gestresste Eltern und all jene, die es
ohnehin seit Jahren vermeiden, sich um den Jahreswechsel in der Innenstadt
von randalierenden Rotten beschießen zu lassen und noch dazu mit ihrem Tun
der Umwelt zu schaden.
Folgt man dem Berliner Infektionsschutz, nach dem laut Paragraf 14 „der
Verkauf und die Abgabe von Feuerwerk und anderen pyrotechnischen
Gegenständen“, also allen pyrotechnischen Gegenständen, untersagt ist: Dann
wäre in Berlin dieses Silvester auch mit jenem Spaß Schluss, der das ganze
Jahr hindurch auch unter dem Namen Kinder- oder Jugendfeuerwerk gehandelt
wird.
Und das, obwohl die [1][bundesweite Sprengsatzverordnung] coronabedingt nur
Feuerwerksprodukte der Kategorie 2 verbietet, also Raketen und Böller – und
nicht die der Kategorie 1, also das besagte Tischfeuerwerk.
## Niemand kommt wegen einer Brandblase ins Krankenhaus
Das ist gleich in dreifacher Hinsicht bescheuert: erstens, weil das
Verkaufsverbot sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene vor allem
deshalb erlassen wurde, um die wegen der Pandemie schwer beschäftigten
Krankenhäuser nicht zusätzlich mit Patienten zu belasten, die sich
Gliedmaßen weggesprengt haben.
Zweitens haben sich echte Pyromanen ohnehin Vorräte angelegt – oder sie
haben in Berlin die Gesetzeslücke entdeckt, die es ihnen bis kurz vor
Weihnachten erlaubte, sich in Polen mit dem Zeug einzudecken, das wirklich
knallt. Man hätte also alle, die sich anders als die Pyromanen
rücksichtsvoll an die Regeln halten, Silvester allein zu Hause bleiben und
sich beim Anzünden einer Wunderkerze maximal eine Brandblase einzuhandeln
in der Lage wären, ruhig symbolisch belohnen können.
Und drittens, und das ist eigentlich der größte Witz an der Geschichte:
Laut eigener Auskunft halten sich in Berlin einige Supermarktketten wie
Aldi und Rewe an die Berliner Auflagen, andere wie Lidl und Edeka hingegen
nicht. Es wird also jenseits der dummen Symbolpolitik praktisch trotz allem
möglich sein, sich bis zum Ladenschluss am heutigen Donnerstag die eine
oder andere Konfettibombe zu besorgen.
## Oder doch lieber Schneebeeren?
Oder man macht es sich noch einfacher und hält beim Parkspaziergang am
Nachmittag – unter Einhaltung der Abstandsregeln – nach einem der
zahlreichen Schneebeeren-Sträucher Ausschau, die in dieser Stadt fast an
jeder Ecke wachsen. Deren weiße, runde Früchte kann man pflücken, in eine
nicht minder heimelige Schachtel legen und ebenfalls gegen Mitternacht
schwungvoll auf den Boden werfen.
Das „Puff“, das sie erzeugen, ist genauso angenehm schüchtern wie jenes,
das ein Knallteufel verursachen kann.
31 Dec 2020
## LINKS
[1] /Boellerverbot-zu-Silvester/!5735150
## AUTOREN
Susanne Messmer
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