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# taz.de -- Colonia Dignidad-Chef ist tot: Das Menschliche Monster
> Paul Schäfer, Gründer der Deutschensiedlung Colonia Dignidad in Chile ist
> tot. 2006 war er wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen zu 20
> Jahren Haft verurteilt worden.
Bild: Colonia Dignidad-Chef Paul Schäfer, 1989.
Der Gründer der Deutschensiedlung Colonia Dignidad in Chile, Paul Schäfer,
ist tot. Der 88-Jährige erlag am Samstag in einem Gefängniskrankenhaus
einem chronischen Herzleiden. In einem Hochsicherheitsgefängnis in Santiago
de Chile verbüßte er eine 33-jährige Haftstrafe.
Schäfer war 2006 wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen in 25
Fällen zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Weitere Strafen folgten, weil
er Kinder mit Elektroschocks quälen ließ und gegen das Waffengesetz
verstieß. Zuletzt wurde er im November 2008 wegen Mordes zu sieben Jahren
Gefängnis verurteilt. Schäfer war 1997 untergetaucht und im März 2005 in
Buenos Aires verhaftet und nach Chile ausgeliefert worden.
Als evangelisch-lutherischer Jugendpfleger gründete Schäfer 1956 die
Private Soziale Mission. In der Nähe von Siegburg richtete er ein
Kinderheim ein und scharte knapp 100 Familien um sich. Nachdem die
Staatsanwaltschaft in Deutschland Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs
von Minderjährigen gegen ihn aufgenommen hatte, floh er 1961 nach Chile.
Mit den ihm folgenden Familien gründete er dort die hermetisch
abgeschottete "Kolonie der Würde", rund 400 Kilometer südlich von Santiago.
Während der Diktatur von Augusto Pinochet (1973-1990) diente die Colonia
Dignidad dem berüchtigten Geheimdienst Dina als Folterzentrum. 22
Regimegegner sollen nach Aussage von Schäfers Stellvertreter Gerhard Mücke
hier ermordet und ihre Leichen anschließend verbrannt worden sein.
Geflohene Mitglieder berichteten von unmenschlichen Zuständen in der auf
nationalsozialistischem und pseudoreligiösem Gedankengut aufgebauten
Zwangswelt. Dennoch hielten chilenische und deutsche Behörden und Politiker
vor und auch nach der Diktatur noch lange ihre schützenden Hände über die
Siedlung. Jahrelang wurden Prozesse gegen Schäfer in Deutschland
verschleppt.
Inzwischen ist die gut 13.000 Hektar große Siedlung in Villa Baviera
umbenannt. 140 Einwohner bekannten sich im April 2006 zu den Verbrechen auf
ihrem Gelände und bedauerten, nichts gegen den "despotischen Leiter"
unternommen zu haben. Unmittelbar nach seinem Tod sprachen sie sich gegen
eine Beerdigung Schäfers in der Siedlung aus. JÜRGEN VOGT
25 Apr 2010
## AUTOREN
Jürgen Vogt
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