# taz.de -- Chinese trotz Druck aus Peking ausgezeichnet: Sacharow-Preis für D… | |
> Dissident Hu Jia ist mit dem Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit des | |
> Europaparlaments ausgezeichnet worden. China droht mit einer | |
> Verschlechterung der Beziehungen. | |
Bild: Weil er von Menschenrechtsverletzungen in China berichtete, wurde Hu Jia … | |
Sie sagt, er werde sich freuen, wenn er von seiner Ehrung erfahre. Sie | |
glaube, dass ihm der Preis helfen könne, früher aus dem Gefängnis zu | |
kommen. "Dann könnte er seine Arbeit fortsetzen und unser Baby sehen", sagt | |
sie. Zeng nimmt gerade Englischunterricht, als sie am Abend in Peking die | |
gute Nachricht aus Straßburg erhält. Das europäische Parlament hat ihrem | |
Mann, dem Dissidenten Hu Jia, den Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit | |
zugesprochen, den renommiertesten europäischen Menschenrechtspreis. "Der | |
Preis ist eine Anerkennung für Hu Jias Einsatz für die Menschenrechte", | |
sagt Zeng. Sie ist 25 Jahre alt, mit einem Mann im Gefängnis, einem | |
Kleinkind zu Hause und ständiger Polizeiüberwachung vor der Tür. Jetzt ist | |
sie plötzlich sehr gut gelaunt. Sie ahnt wohl: Ihre Familie ist gerettet. | |
Andere in Peking schnauben vor Wut. "Wenn das Europäische Parlament den | |
Preis an Hu Jia verleiht, würde man damit das chinesische Volk erneut | |
verletzen und den Beziehungen zwischen China und der EU schweren Schaden | |
zufügen", schrieb Chinas Botschafter bei der EU, Song Zhe, kürzlich an den | |
EU-Parlamentspräsidenten. Songs Brief nützte nichts. Dafür werden nun die | |
EU-Regierungschefs, die gerade zum Asem-Gipfel in Peking weilen, den Unmut | |
ihrer Gastgeber ertragen müssen. Hu gilt bei Chinas Offiziellen als | |
Krimineller. | |
Seine Geschichte beginnt nicht ungewöhnlich. 1973 als Sohn eines als | |
Rechtsabweichler verfolgten Intellektuellen in Peking geboren, verbrachte | |
er eine einsame Kindheit und studierte Informatik. In den 90ern begann er | |
sich für die vom Aussterben bedrohte tibetische Antilope einzusetzen und | |
rettete wilde Hirsche vor dem Ertrinken. Später half er Aids-Opfern in der | |
Armenprovinz Henan, die sich durch infizierte Blutkonserven angesteckt | |
hatten. Damals versuchte die Pekinger Regierung noch das Ausmaß der | |
HIV-Verseuchung zu vertuschen. Hu selbst glaubte zunächst, sich durch | |
Händeschütteln infizieren zu können. | |
Ab 2004 wurde sein Protest immer politischer. In einer Einzelaktion legte | |
er Rosen auf dem Tiananmenplatz nieder - zum Andenken an die | |
Studentenbewegung. Er setzte sich für politisch Verfolgte ein, nahm an | |
Internet-Kampagnen für Andersdenkende teil. 2006 kam er erstmals für 168 | |
Tage ins Gefängnis. Nach der Entlassung drehte er einen Film über seine | |
ständige Polizeiüberwachung. In diesem April wurde er schließlich zu 3,5 | |
Jahren Freiheitsentzug wegen Staatsverrats verurteilt - im Zuge der | |
Kampagne gegen Dissidenten vor den Olympischen Spielen. Im Prozess wurden | |
ihm regierungskritische Essays zur Last gelegt - auch dafür bekam er jetzt | |
den Sacharow-Preis. | |
23 Oct 2008 | |
## AUTOREN | |
Georg Blume | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |