# taz.de -- Bundestag debattiert Linken-Überwachung: Streiterei über Spitzelei | |
> "Das ist doch Stusss", sagt Grünen-Politiker Volker Beck. Der Bundestag | |
> debattiert heftig über die Beobachtung von Linken-Abgeordneten. | |
Bild: Bespitzelt werden macht wütend. Gysi am Donnerstag im Bundestag. | |
BERLIN taz | Es war ein Vexierspiel, das Abgeordnete und Wähler an diesem | |
sonnigen Donnerstag verband. Während unten im Bundestagsplenum in einer | |
Aktuellen Stunde heftig darüber diskutiert wurde, ob der Verfassungsschutz | |
27 Linkspartei-Abgeordnete beobachten darf oder nicht, fielen durch die | |
lichtdurchflutete Kuppel die Schatten der Besucher. | |
Immer wieder glitten ihre Umrisse über die Parlamentarier. "Es gibt offen | |
linksextremistische Zusammenschlüsse" in der Linkspartei, wetterte da am | |
Rednerpult Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). "Fest steht, | |
dass dieser Staat sich wehren muss gegen seine Feinde!" | |
Sieben Prozent der Wähler, die da oben durch die Kuppel streifen, würden | |
diesen Feinden derzeit ihre Stimme geben. Und im Herbst 2009 haben sie 76 | |
Linke in den Bundestag gewählt. Dass 27 davon vom Verfassungsschutz | |
beobachtet werden, während sich dessen Erkenntnisse bei der Aufklärung der | |
Neonazimorde im kaum messbaren Bereich bewegen, empört auch Vertreter von | |
Grünen und SPD. "Glauben Sie im Ernst, die Partei ist eine Gefahr für die | |
Demokratie? | |
Das ist doch Stuss!", entrüstete sich der Grüne Volker Beck. So | |
dilettantisch der Verfassungsschutz bei den Rechten arbeite, so irrational | |
sei er bei der Linkspartei. | |
## "Keiner gehört auf die Liste" | |
Zuvor hatte der Linke-Abgeordnete Jan Korte gesprochen. "Niemals hätte ich | |
mir träumen lassen, dass ich vom Inlandsgeheimdienst beobachtet und | |
überwacht werde", sagte der aus Niedersachsen stammende Korte. Die Linke | |
und ihre Wähler ließen sich nicht auseinanderdividieren, "es gehört keiner | |
der 27 auf die Liste", sagte er Richtung Innenminister. Der hat angeordnet, | |
die Liste noch einmal zu überprüfen. | |
Der Innenexperte der Union, Hans-Peter Uhl, verteidigte den Vorgang. Es | |
gebe "keinen Unterschied zwischen Rechtsextremismus und Linksextremismus", | |
so der CSU-Mann, in der Linken sehe er "eine große Zahl von | |
Verfassungsfeinden". | |
Einer, der von sich sagt, "der Sympathie für die Linke unverdächtig" zu | |
sein, war Dieter Wiefelspütz. Dennoch, so der innenpolitische Sprecher der | |
SPD-Fraktion, "hat das Bundesamt für Verfassungsschutz Recht und Gesetz | |
verletzt". Es gehe um das Verständnis vom freien Mandat, "das sollte uns | |
einen", wandte er sich ans Plenum. "Und das verteidige ich auch, wenn es um | |
Kollegen der Linkspartei geht." Dass die Liste überprüft werde, sei "das | |
Mindeste", so Wiefelspütz, "ich halte es für angebracht, sich zu | |
entschuldigen für das, was da geschehen ist." | |
## Das schweigende Grundgesetz | |
Mehrfach wurde angesprochen, dass das Bundesverfassungsgericht endlich | |
klären müsse, ob das Beobachten von Abgeordneten erlaubt ist. "Das | |
Grundgesetz schweigt an dieser Stelle", so Wiefelspütz, "aber nicht | |
schweigt der Geist des Grundgesetzes." | |
Eine Organklage der Linksfraktion gegen die Beobachtung durch den | |
Verfassungsschutz ist seit 2007 anhängig. Zudem hat der thüringische | |
Linksfraktionschef Bodo Ramelow Verfassungsbeschwerde gegen seine | |
Beobachtung eingelegt. Das Gericht hat angekündigt, die Fälle in diesem | |
Jahr zu entscheiden. | |
Achtzig Minuten dauerte die auf eine Stunde angesetzte Debatte. Achtzig | |
Minuten, in denen die Sonne weiterwanderte. Um 15 Uhr saßen die | |
Abgeordneten wieder im Schatten. | |
26 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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