| # taz.de -- Bayrischer Ex-Grünen-Fraktionschef: Der Daxi ist tot | |
| > Mit 28 zog er in den Landtag ein, mit 34 wurde er der erste grüne | |
| > Bürgermeister Bayerns. Nun ist der Ex-Grünen-Fraktionschef Daxenberger | |
| > gestorben - Tage nach seiner Frau. | |
| Bild: War das bekannteste Aushängeschild der Grünen in Bayern: Sepp Daxenberg… | |
| Wenn Politiker wegen einer schweren Krankheit ihr Amt sein lassen und ein | |
| großes persönliches Interview geben, dann steht der Tod meistens vor der | |
| Tür. Bei dem bayerischen Fraktionschef der Grünen Sepp Daxenberger, der | |
| gerade mit dem SZ-Magazin ein beeindruckendes Gespräch führte, musste das | |
| nicht so sein. Denn er war dem Tod, wie er es selbst ausdrückte, "nicht nur | |
| einmal von der Schaufel gesprungen". In der Nacht zu Mittwoch ist nun | |
| dennoch so weit gewesen: Sepp Daxenberger, 48, ist gestorben. | |
| Bayern verliert einen außergewöhnlichen Politiker, seine Söhne einen | |
| faszinierenden Menschen. Der Schmied, Biobauer, Bürgermeister und grüne | |
| Spitzenmann war ein Weltveränderer. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, die | |
| CSU in Bayern an den Rand eines schwarz-grünen Reform-Bündnisses zu | |
| drängen. Daxenberger mit 28 in den Landtag und mit 34 ins Rathaus in Waging | |
| am See eingezogen. Er wurde der erste grüne Bürgermeister Bayerns und 2002 | |
| mit sagenhaften 75 Prozent wiedergewählt. Seine grüne Partei knöpfte der | |
| CSU sogar im Gemeindeart die Mehrheit ab. Er modernisierte seine | |
| 6.500-Einwohnergemeinde. Er baute ein Biomasseheizwerk, schraubte ein | |
| Solardach aufs Feuerwehrhaus - und machte Waging schuldenfrei. | |
| Das ist jetzt bald 15 Jahre her. Aber Daxenberger wollte natürlich mehr, er | |
| wollte die ganze Bäckerei und nicht nur ein paar Brötchen. Er wollte die | |
| CSU dazu zwingen, das Land nicht nur in Sachen Diridari, also mit Geld, auf | |
| das 21. Jahrhundert vorzubereiten. Andere Landwirtschaft, andere | |
| Energieversorgung, modernes Bildungssystem und Stopp der Gentechnik, das | |
| war Daxenbergers Programm. "Ich will nicht mehr warten. Wir stellen die | |
| Machtfrage jetzt", sagte Daxenberger der taz vor der letzten Wahl 2008. | |
| Dann holte er knapp 10 Prozent - aber die CSU nahm natürlich die | |
| pflegeleichte 8-Prozent-FDP als Koalitionspartner. | |
| Daxenberger war ein Vollblutpolitiker, der Hunderte Bauern in einem | |
| Bierzelt zum Johlen bringen konnte - und zum Nachdenken. Mit 16 gründete er | |
| in Waging einen ökologischen Arbeitskreis und dann machte er sich daran, | |
| der CSU ihren Bayernbonus abzuluchsen. "Wir sind genauso Bayern wie die | |
| CSU. Wir haben genau dasselbe Recht, diese schöne Landschaft, diese Natur | |
| für uns zu beanspruchen", sagte er. | |
| Nur passte er halt auch nicht in das Klischee des krachledernen Seppls, das | |
| Nichtbayern gern über ihre Südstaatler pflegen. Dieser riesengroße Mann war | |
| zugleich ein gefühlvoller und kluger Mensch. Daxenberger konnte intelligent | |
| und sensibel darüber sprechen, was Krebs bedeutet - für den Körper, den | |
| Willen und die sozialen Beziehungen, in denen der Kranke steht. "Lieber | |
| Krebs", sagte er, "ich hab jetzt nicht ewig Zeit, mich mit Dir abzugeben. | |
| Ich hab noch viele Ziele, ich hab noch viele Aufgaben." Auf seinem | |
| Öko-Bauernhof zu arbeiten und weiter Politik zu machen, das war für | |
| Daxenberger "eine Art psychologische Kriegsführung gegen diesen Krebs". | |
| Und es war sein Ansporn für die Momente im Krankenhaus, wenn er das Gefühl | |
| hatte, es wäre gut, "jetzt einfach einzuschlafen." Am Mittwoch ist das | |
| geschehen, und es ist mehr als ein Verlust. Denn Daxenberger, der drei | |
| Söhne hatte, folgt seiner Frau Gertraud, die am Sonntag ebenfalls an Krebs | |
| starb. | |
| 18 Aug 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Füller | |
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