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# taz.de -- Baggern nach dem Infarkt
> Laura Ludwig, 19-jähriges Beachvolleyballtalent, hat bei der WM auf dem
> Schlossplatz ihren ersten ganz großen Auftritt. Der ist fast ein Wunder:
> Denn im August 2004 erlitt sie einen Schlaganfall
VON ANDREAS RÜTTENAUER
Vom Berliner Himmel brennt die Sonne auf den Sand. Braun gebrannte junge
Frauen im Bikini spielen vor den kupferbedampften Fenstern des Palasts der
Republik Volleyball. Eine von ihnen ist Laura Ludwig. Einen Tag vor ihrem
ersten Auftritt auf der großen Bühne der Beachvolleyball-WM gibt sich die
Berlinerin betont cool. Ja, sicher ist sie aufgeregt. Viele Freunde haben
sich angekündigt, ihr ehemaliger Jugendtrainer und Mitspielerinnen vom
Köpenicker SC, dem Verein, in dem ihr das Volleyballspielen einst
beigebracht wurde.
Vor zwei Jahren ist sie weggezogen von Berlin – nach Leverkusen, weil sie
ein Angebot hatte, in der ersten Bundesliga zu spielen. Jetzt ist sie
zurückgekehrt, als Nationalspielerin. Sie soll Deutschland vertreten bei
der Beach-WM 2005. Laura Ludwig gilt als eines der größten Talente auf
Sand. Zwar kann sie mit ihrer Partnerin Sara Goller bei den großen Events
noch nicht mit den richtig erfolgreichen Stars mithalten, doch sie hat noch
Zeit, sie ist erst 19 Jahre alt. Sie war Jugendweltmeisterin und Dritte bei
den Junioren-Europameisterschaften vor einem Jahr. Es lief alles bestens
für die junge Frau. Bis zu jenem Tag im August des vergangenen Jahres, als
sie sich plötzlich in einem Krankenhaus in Kiel wiederfand.
Mit dem linken Auge konnte sie nicht mehr richtig sehen, die linke Backe
hing arg schlaff am Gesicht, und sie konnte kaum sprechen, weil die Zunge
geschwollen war. „Ich habe nur noch so geleiert“, erinnert sie sich. Mitten
im Training hatte sie einen Schlaganfall erlitten. „Ich wusste überhaupt
nicht, was das jetzt soll“, erzählt sie, „ich wollte nur noch zu Mama und
Papa.“ Es müssen drei schreckliche Tage gewesen sein. So lange hat es
gedauert, bis das taube Gefühl in der linken Gesichtshälfte endlich
nachgelassen hat. Sie hing am Tropf, die Ärzte sagten etwas von drei
Infarkten im Gehirn. „Darunter konnte ich mir gar nichts vorstellen.“ Und
doch bedeutete das, eine Entscheidung von großer Tragweite zu treffen. Es
wurde ihr empfohlen, ein starkes Blut verdünnendes Mittel einzunehmen, um
die Gefahr eines weiteren Schlaganfalls zu bannen.
Das hätte ein halbes Jahr Sportverbot bedeutet. Während die Ärzte noch
rätselten, wie es zu dem Schlaganfall kommen konnte, entschied sich Ludwig
für ein harmloseres Medikament und für den Sport. Ihre Partnerin hat indes
immer an sie geglaubt. Sie habe sich nie eine andere Partnerin suchen
wollen, ist sich Ludwig sicher. „Als sie mich nach drei Tagen im
Krankenhaus mit dem Kopfhörer tanzen sah, da hat sie gewusst, dass ich es
wieder packe.“ Jetzt denkt sie nur noch selten an den Schlaganfall. „Das
habe ich aus dem Kopf gestrichen“, behauptet sie. Sie lacht.
Dann redet sie wieder über Volleyball und ihre Ziele. Mit dem Spiel in der
Halle will sie ganz aufhören. Mit ihren 1,79 Metern Körpergröße würde sie
sich ohnehin schwer tun, eine internationale Karriere zu starten. Ihre
Partnerin Sara Goller, die sie in Leverkusen kennen gelernt hat, die
zunächst eine gute Freundin und dann ihre Beach-Partnerin wurde, ist schon
seit einem Jahr nicht mehr in Leverkusen. Jetzt will ihr Ludwig nach Kiel
folgen und sich ganz dem Sandsport widmen.
Zusammen mit ihrer Partnerin und ihrem Trainer Olaf Kortmann plant sie ihre
Profikarriere. Das Dreierteam hat schon erste Sponsoren gefunden. Gerade
sind sie dabei, ein Wintertrainingslager in Südafrika oder in Brasilien zu
organisieren. „Das wäre schon wichtig“, meint Ludwig betont nüchtern. Es
geht um den Aufbau einer sportlichen Karriere. Der Fun- und
Lifestyle-Charakter des Beachvolleyball scheint ihr nicht viel zu geben.
In das Feld der WM ist sie mit ihrer Partnerin nur deshalb gekommen, weil
der Deutsche Volleyballverband dem jungen Paar eine Chance geben wollte.Von
der Ranglistenposition her wären sie nicht qualifiziert gewesen. „Wir
wollen uns hier gut verkaufen“, formuliert Ludwig die bescheidenen Ziele.
Gestern musste das Paar Goller/Ludwig gleich um neun Uhr morgens in den
Sand. Und sie haben sich gut verkauft. Dennoch haben sie gegen das
norwegische Duo Hakedal/Torlen, immerhin Olympia-Neunte, knapp mit 1:2
Sätzen verloren. Vor allem Laura Ludwig war es, der in den entscheidenden
Szenen die Fehler unterliefen. Vielleicht war sie doch ein wenig zu
aufgeregt bei ihrer Rückkehr nach Berlin.
22 Jun 2005
## AUTOREN
ANDREAS RÜTTENAUER
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