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# taz.de -- Aufstand der Mönche: Brutalität in Birma macht Berlin ratlos
> Exilbirmanen wollen den Bundestag drängen, den Aufstand der Mönche
> stärker zu unterstützen. Politiker verurteilen die Gewalt der Militärs -
> und erklären die Revolution für gescheitert.
Bild: Marschierende Mönche Ende September in Rangun
"Kommen wir in die Zeitung?" Die Frage stellt ein Jugendlicher, der auf den
Stufen zum Reichstag in Berlin sitzt, um sich herum seine Klasse, die
gerade von einem Lehrer fotografiert wird. Das Wetter ist herrlich an
diesem Nachmittag, alles scheint friedlich und fröhlich hier auf dem Platz
der Republik vor dem Deutschen Bundestag. Und Birma ist weit, weit weg.
Khin Maung Yin aber denkt an seine Heimat, wo gerade ein Aufstand für
Freiheit und Demokratie von der herrschenden Militärclique brutal
niedergeschlagen wird. Auch er steht vor dem Reichstag, zusammen mit gerade
mal neun anderen Birmanen und Deutschen. Die Mitglieder des "Burma Projekts
Berlin", einer kleinen Hilfsorganisation für das ferne, arme Land, wollen
den Bundestag und die deutsche Öffentlichkeit dazu drängen, den Aufstand
der rot gekleideten Mönche stärker zu unterstützen. Aber wen interessiert
das Geschehen dort überhaupt?
Der Bundestag, immerhin, möchte an diesem späten Dienstagnachmittag noch
einmal über die "Safran-Revolution", wie manche Abgeordnete sie nennen,
debattieren - die Debatte ist aber offenbar nicht so dringend, dass man sie
nicht auch noch um ein Stündchen nach hinten verschieben kann. Es liegt ein
gemeinsamer Antrag der Union, der SPD und der FDP vor. Darin wird das
Vorgehen der Militärs verurteilt und die Freilassung allerpolitischen
Gefangenen gefordert - vor allem die von Aung San Suu Kyi. Die
Friedensnobelpreisträgerin führt die Opposition in Birma an.
Das Ansinnen des Bundestags findet Khin Maung Yin in Ordnung, aber es geht
dem Vorsitzenden des "Burma Projekts Berlin" nicht weit genug. Er hat
deshalb an alle Fraktionen des Bundestages - mit Ausnahme der Linkspartei -
einen Brief geschrieben, in dem er fordert: "Die Bundesregierung möge der
Europäischen Union vorschlagen, alle ihre Botschafter aus Birma für eine
bestimmte Zeit zurückzubeordern" - zumindest so lange, wie es noch zu
keinem Dialog zwischen Regime und Opposition gekommen ist. Denn, so sagt
Maung Yin vor den Stufen des Reichstags, der Aufstand sei ja noch nicht zu
Ende: "Die Mönche geben nicht auf."
Nach einigem Hin und Her sind alle Besucherscheine zusammen, die kleine
Gruppe darf an der Warteschlange zum Besuch der Reichstagskuppel vorbei
direkt ins Plenargebäude hinein. Die Saaldiener im Frack und die
mächtig-kühle Staatsarchitektur flößen den Birma-Aktivisten offenbar etwas
Ehrfurcht ein. Sie dürfen ganz vorne auf einer der Besuchertribünen über
den hinteren Abgeordnetensitzen Platz nehmen. Ein paar wenige Journalisten
sind ebenfalls dabei, auch das gibt Hoffnung.
Dann beginnt die Birma-Debatte: Die Abgeordneten aller Fraktionen betonen
in ihren Reden ihre Empörung über das brutale Vorgehen der birmesischen
Machthaber gegenüber der Opposition. Gegen das Regime müssten die
Sanktionen verschärft werden - ohne allerdings das bitterarme Volk selbst
zu schädigen. Staatsminister Günter Gloser (SPD) vom Auswärtigen Amt sagt,
die Bundesregierung werde beim EU-Außenministertreffen kommende Woche in
Luxemburg auf verschärfte Sanktionen drängen. Aber was bringt das noch? Die
Safran-Revolution sei vorerst gescheitert, erklärt Gloser. Die Abgeordneten
verbergen nicht ihre Hilflosigkeit. Vielleicht ist Birma einfach nicht
wichtig genug.
Maung Yin zeigt sich dennoch recht zufrieden mit der Debatte. Und seinen
Vorschlag mit dem Abzug der EU-Botschafter, "den gebe ich noch nicht auf".
Dann lacht er - aber nach viel Hoffnung klingt das nicht.
11 Oct 2007
## AUTOREN
Philipp Gessler
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