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# taz.de -- Aufsichtsrat Hermann-Josef Tenhagen: Und dafür liebe ich die taz
> Wenn das Nachwende-Europa in den Fugen ächzt, helfen manchmal die
> taz-typischen Innenansichten.
Bild: Aufsichtsrat Hermann-Josef Tenhagen
Liebe Genossinnen und Genossen,
in meiner Jugend habe ich zu viel vorm Fernseher gesessen. Einige der
Werbeslogans der siebziger Jahre begleiten mich deshalb bis heute. Eine der
Werbebotschaften für ältere Damen lautete damals: „Nie war er so wertvoll
wie heute – Klosterfrau Melissengeist.“
Exakt das habe ich in den vergangenen Wochen über die taz gedacht – vor und
nach dem [1][Brexit]. Nie war mir die taz so wertvoll wie heute. Wenn das
Nachwende-Europa in den Fugen ächzt und seine friedliche Existenz in Frage
stellt, brauche ich die taz-typischen Innenansichten aus unseren
Nachbarländern. Binnensichten, das ist der taz-Zugang zum Leben anderer
Gesellschaften, nicht der Blick des Voyeurs von draußen.
## Eine Liaison mit der taz
Der Startpunkt für meine aktuelle Liebesaffäre mit der taz ist ein Aufsatz
von [2][Dominic Johnson] in der Ausgabe vom 19. Juni. [3][Zwischen Revolte
und Revanchismus] heißt der Text, in dem unser Auslandschef die Argumente
des Brexit-Camps erklärt – als demokratisch ordentlich legitimiert und
nicht durchgeknallt. Ohne sie zu teilen. Okay, Dominic ist nicht nur
Mitgründer der Ost-taz, er ist auch Brite.
Der zweite Höhepunkt für mich war am 1. Juli die Titelseite mit den
Trümmerfrauen, die die politischen Schäden wegräumen müssen, die der
männliche Teil der britischen Eliten hinterlassen hatte. Es entbehrt ja
nicht einer gewissen Ironie, dass eine Brexit-Gegnerin wie Theresa May
jetzt den demokratischen Auftrag zum Austritt meistern muss.
## Ein Lob auf die Chefin der taz-Meinungsseite
Andererseits ist May seit sechs Jahren Innenministerin und hätte genug
Möglichkeiten gehabt, das Abstimmungsdesaster (und hier meine ich nicht das
Ergebnis, sondern die Art der Kampagne) zu beeinflussen. Freudentränen
kullerten über meine Backen als Genosse und Journalist, jedes Mal, wenn
wenig später andere Medien Nina Apins Trümmerfrauenbild auch entdeckten.
Ein Lob auf die Chefin der taz-Meinungsseite.
Und dann lässt die taz auch noch zwei junge SchriftstellerInnen auf die
britische Jugend eindreschen. Nora Bossong und Aljoscha Brell kritisieren
zu Recht: [4][Erst die Abstimmung verschlafen und dann die Senioren
verantwortlich machen], die als morgendliche Bettflüchter der
Brexit-Kampagne zur Mehrheit verholfen haben.
Der Brexit ist ja nur der Höhepunkt im ersten Akt. Das große politische
Stück über die Zukunft Europas geht weiter. Und die taz ist Gott sei Dank
mittendrin. Frankreich, die Niederlande, Dänemark und in gewisser Weise
auch die Türkei. Zerfällt die Friedensordnung der vergangenen 15 Jahre? Und
was können wir dagegen tun? Welche Rolle muss unser Land, unsere
Generation, unsere Zeitung einnehmen? Gestern las ich, dass die Türkei 2002
die Todesstrafe abschaffte, um den Weg in die EU zu ebnen.
## Vollbart, Sie ahnen es, ein Hipster
Wissen wir, was wir an Europa haben? Oder erkennen andere das besser:
Anfang Juli saß ich in einem Imbiss an der Berliner Kastanienallee. Am
Nachbartisch erzählte ein junger, aber vielgereister Amerikaner (Vollbart,
Sie ahnen es, ein Hipster) zwei schönen Neuseeländerinnen von seiner Reise
durch Westchina, nur um ihnen anschließend seine Liebe zu Europa zu
gestehen. Keine Grenzen, einfaches Reisen und Sicherheit überall. Die drei
wollten die Nacht in Berlin gemeinsam durchzechen.
Ich bin sicher, Sie, liebe Genossinnen und Genossen, wissen, was Sie an
einem friedlichen Europa haben – und was Sie an der taz haben, die Ihnen
hilft, dieses Europa zu verstehen. Und Sie unterstützen unsere taz
Genossenschaft ganz solidarisch, damit die der Aufgabe gerecht werden kann,
in unruhigen Zeiten das Verstehen (nicht nur in Europa) möglich zu machen.
Unsere Genossenschaft hat das wichtigste Mittel dazu – eine kluge
Redaktion.
Kommen Sie zur [5][Generalversammlung]. Vor allem aber fördern Sie uns,
damit wir das Verstehen weiterfördern können. Nie war die taz so wertvoll
wie heute.
Für den [6][Aufsichtsrat], Hermann-Josef Tenhagen
22 Aug 2016
## LINKS
[1] /Debatte-Europa-nach-dem-Brexit/!5326969/
[2] /Dominic-Johnson/!a4/
[3] /Grossbritannien-vor-dem-EU-Referendum/!5310925/
[4] /!5317257/
[5] /!p4559/
[6] /!111344/
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