# taz.de -- Atomenergie: Russen kaufen Nukem-Tochter | |
> Der russische Staatskonzern Rosatom will die anstehende Stilllegung von | |
> Atomkraftwerken in Deutschland übernehmen und steigt bei | |
> Nukem-Technologies ein. | |
Bild: Die Firma Nukem nimmt sich dem an, was keiner haben will - dem strahlende… | |
Wenn demnächst in Deutschland ein Atomkraftwerk stillgelegt wird, dann ist | |
womöglich der russische Staatskonzern Rosatom für den Rückbau und die | |
Entsorgung zuständig. Der unterfränkische Nuklearkonzern Nukem hat bekannt | |
gegeben, dass er die Tochterfirma Nukem Technologies noch dieses Jahr an | |
die Rosatom-Tochter Atomstroyexport verkaufen will. Nukem Technologies ist | |
spezialisiert auf den Rückbau von Atomanlagen und hat bei deutschen | |
Reaktoren, die in den kommenden Jahren vom Netz gehen sollen, gute Chancen, | |
für den Abriss engagiert zu werden. | |
"Die Nachricht hat einen Beigeschmack", meint Greenpeace-Atomexperte | |
Mathias Edler. Die Entsorgung des anfallenden Atommülls unter russische | |
Verantwortung zu stellen, sei problematisch. Schließlich seien die | |
russischen Standards weniger streng als die deutschen. | |
Dabei hat auch die deutsche Firma Nukem selbst alles andere als eine | |
ruhmreiche Vorgeschichte. In den 80er-Jahren hatte sie ihren Firmensitz im | |
hessischen Hanau und betrieb dort eine umstrittene Brennelemente-Fabrik - | |
bis ihr der damalige CDU-Bundesumweltminister Klaus Töpfer 1988 die | |
Betriebsgenehmigung entzog. Schuld war ein millionenschwerer | |
Korruptionsskandal bei der Tochterfirma Transnuklear. | |
Die hatte quer durch die deutsche Atomindustrie Mitarbeiter bestochen, um | |
an lukrative Aufträge für Atommülltransporte zu kommen. Mit den strahlenden | |
Abfällen ging man so fahrlässig um, dass selbst die CDU politisch auf | |
Distanz zur Atomwirtschaft ging. Nukem verkaufte seine Anteile an der | |
Hanauer Fabrik an Siemens und zog ins bayerische Alzenau. | |
Mit dem Skandalunternehmen von damals habe Nukem nichts mehr gemein, sagt | |
Firmensprecherin Beate Scheffler: "Hanau ist seit 20 Jahren Geschichte." | |
Nukem konzentrierte sich von da an auf den Handel mit Uran, die | |
fachgerechte Stilllegung von Atomanlagen und die Entsorgung von Atommüll. | |
Also auf das "Management von radioaktiven Abfällen", wie es die Firma | |
nennt. Seit Jahren beteiligt sich Nukem am Rückbau von alten Reaktorblöcken | |
im ukrainischen Tschernobyl. | |
2006 veröffentlichte ein ukrainischer TV-Sender Aufnahmen einer versteckten | |
Kamera, die zeigten, wie ein Nukem-Mitarbeiter versuchte, den Direktor des | |
Kraftwerks von Tschernobyl zu bestechen. Laut Nukem soll eine unabhängige | |
Überprüfung zu dem Schluss gekommen sein, dass es sich nur um | |
"individuelles Fehlverhalten" gehandelt habe. Der Mitarbeiter sei entlassen | |
worden. 2007 wurde Nukem an den Finanzinvestor Advent International | |
verkauft. Der filetierte das Unternehmen und veräußerte Nukem Technologies | |
nun an den russischen Staatsatomkonzern. | |
"So sind die Arbeitsplätze bei Nukem Technologies gesichert und können im | |
Zusammenhang mit der weltweiten Renaissance der Kernenergie weiter | |
ausgebaut werden", jubelt Nukem-Finanzchef Dirk Martens. Der Standort der | |
neuen Rosatom-Tochter soll weiter in Deutschland bleiben, über den | |
Kaufpreis schweigt man sich aus. Es fehlt nur noch die Zustimmung der | |
Kartellbehörden. | |
Greenpeace-Experte Edler prophezeit nun einen harten Wettbewerb um die | |
Aufträge für den Rückbau deutscher Akws. Im Mecklemburgischen Lubmin hat | |
sich mit der Energiewerke Nord GmbH ein weiteres ehrgeiziges | |
Spezialunternehmen für Akw-Stilllegungen angesiedelt. Auch das wird bald | |
ein Staatsunternehmen. Einziger Gesellschafter ist das deutsche | |
Finanzministerium. | |
19 Aug 2009 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Hübner | |
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