# taz.de -- Armut und Prostitution: Unkomplizierte Hilfe für Huren | |
> Der Frauentreff Olga hilft Huren in Berlin - mit kostenlosen Kondomen, | |
> Duschen und Beratung. In der Krise prostituieren sich mehr Frauen aus | |
> Armut, sagt Leiterin Klose. | |
Bild: Der Verein, der Prostituierten helfen will, leidet unter dauerndem Geldma… | |
Sicherheit geht im Frauentreff Olga vor. Der Treff, der sich um | |
Prostituierte und drogenabhängige Frauen kümmert, hat einen separaten | |
Eingang. Ihn öffnen die Olga-Sozialpädagoginnen erst nach Anmeldung. Und im | |
Flur steht auf einem Schild die deutliche Botschaft: "Zutritt für Männer | |
verboten". | |
Die Frauen von der Straße sind dagegen willkommen. Sie bekommen etwa | |
kostenlos pro Tag zehn Kondome von der sozialen Einrichtung an der | |
Kurfürstenstraße in dem Berliner Bezirk Mitte. Heute, am Internationalen | |
Hurentag, empfängt sie prominenten Besuch: Justizministerin Brigitte | |
Zypries (SPD) will Olga besichtigen. Wie notwendig eine solche Anlaufstelle | |
ist, zeigte sich vor eineinhalb Jahren. Damals feindeten sich deutsche und | |
osteuropäische Prostituierte im Kiez an. Dass der Konkurrenzkampf nicht | |
eskalierte, lag an den Mitarbeiterinnen, die auf beide Seiten zugingen, die | |
Sprache der Frauen beherrschten und für Verständnis warben. | |
Olga gibt es seit über 20 Jahren, vor zwei Jahren zog die Einrichtung an | |
den jetzigen Ort. "Die alten Räume platzten einfach aus allen Nähten, die | |
Nachfrage seitens der Frauen war zu groß", sagt Olga-Leiterin Michaela | |
Klose. In der alten Einrichtung konnten 30 Frauen betreut werden. "Jetzt | |
sind es bis zu 70 Frauen, die jeden Tag bei uns Hilfe bekommen können." Die | |
Wirtschaftskrise geht auch am ältesten Gewerbe der Welt nicht spurlos | |
vorbei: Klose beobachtet, dass es immer mehr deutsche Frauen gibt, die sich | |
aus Armut prostituieren: "Das sind gestandene Frauen mittleren und höheren | |
Alters, die keinen anderen Ausweg sehen." | |
Mittlerweile, so schätzt die Sozialpädagogin, stammen nur noch 40 Prozent | |
der Prostituierten rund um die Kurfürstenstraße aus osteuropäischen Staaten | |
- sie stammen meist aus Polen, Tschechien, Bulgarien und Ungarn. Die | |
anderen 60 Prozent sind deutsche Frauen. "Vier Jahre lang konnten wir dank | |
der Aktion Mensch auf die Straße gehen und eine Sprachberatung anbieten", | |
sagt Klose. Die Mitarbeiterinnen halfen den Prostituierten bei Problemen, | |
erklärten etwa, wie mit zudringlichen Freiern umzugehen sei. "Doch Anfang | |
des Jahres ist das Projekt leider ausgelaufen", sagt Klose. Es folgte eine | |
zweimonatige Pause. Jetzt sei der Etat bis Jahresende gedeckt, aber danach | |
gebe es wieder keine Regelfinanzierung mehr. | |
Die ständige Geldnot ist für Klose ein echtes Problem. In den zwei Monaten | |
ohne Dolmetscherinnen habe sich das Milieu negativ verändert, sagt sie. Es | |
habe mehr Kleinkriminalität gegeben, die Frauen hätten offensiver um Freier | |
geworben. "Stellen Sie sich vor, Sie gehen als Familienvater mit | |
Kinderwagen und Frau die Straße entlang und werden ständig angesprochen. So | |
was muss ja nicht sein", sagt Klose. "Wir wollen, dass hier alle | |
nebeneinander leben können." | |
Für ein besseres Miteinander unternimmt Olga viel: Es gibt | |
Bürgersprechstunden, bei denen Anwohner informiert werden und sich über | |
offensive Werbungen oder Ruhestörungen durch lautes Geschrei in der Nacht | |
beschweren können. Denn anders als in anderen Städten und Ländern ist der | |
Strich rund um die Kurfürstenstraße kein Sperrbezirk. Hier müssten sich die | |
Prostituierten anders benehmen als etwa in der Hamburger Herbertstraße, | |
sagt Klose. Sie schätzt, dass um die Kurfürstenstraße rund 250 Frauen ihre | |
Dienste anbieten. | |
In der Olga bekommen die Frauen neben den kostenlosen Kondomen auch | |
preiswertes Essen. Außerdem können sie dort duschen - oder einfach nur in | |
Sicherheit ausruhen. Diese Grundversorgung soll dazu führen, dass sich die | |
Frauen länger in der Olga aufhalten und auch die sozialpädagogische | |
Betreuung in Anspruch nehmen, sagt Klose. | |
1 Jun 2009 | |
## AUTOREN | |
Monika Schmidtke | |
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