# taz.de -- VIP-Ausweise für Fußballer? | |
> WENDE Nach einem Besuch von Fifa-Präsident Blatter erwägen die | |
> palästinensischen Funktionäre, ihren Antrag auf Ausschluss Israels aus | |
> dem Weltverband zurückzuziehen | |
AUS RAMALLAH SUSANNE KNAUL | |
Sollte in den kommenden acht Tagen kein Kompromiss erreicht werden, will | |
Dschibril Radschub, Chef des Palästinensischen Fußballverbands, daran | |
festhalten, die Fifa-Generalversammlung über den Ausschluss des | |
Israelischen Fußballverbandes abstimmen zu lassen. Fifa-Präsident Joseph | |
Blatter, der diese Woche zwischen Jerusalem und Ramallah pendelte, um eine | |
gütliche Einigung zwischen Israel und den Palästinensern durchzusetzen, | |
räumte am Mittwoch während einer Pressekonferenz in Ramallah ein, dass | |
seine Mission „noch nicht beendet ist“. | |
Blatter, der am 29. Mai in Zürich von den Mitgliedern des | |
Weltfußballverbandes als Präsident wiedergewählt werden möchte, stellte | |
sich deutlich gegen eine Abstimmung, die für alle Beteiligten eine | |
„Lose-lose-Situation“ schaffe. Um mit ihrem Antrag Erfolg zu haben, | |
bräuchten die Palästinenser auf dem Fifa-Kongress eine Dreiviertelmehrheit. | |
„Denken Sie daran“, mahnte Blatter gegenüber Radschub. „Bei 209 Mitglied… | |
sind das über 160 Stimmen.“ | |
Seit gut zwei Jahren treibt Radschub seine Kampagne gegen den Israelischen | |
Fußballverband (Ifa) voran, weil Israel palästinensische Fußballer am | |
gemeinsamen Training hindert, vor allem die Spieler aus Gaza dürfen nicht | |
ins Westjordanland reisen. Ausländische Fußballteams können nicht zu | |
Spielen in die Palästinensergebiete kommen. Zu Radschubs Vorwürfen gehört | |
der offene Rassismus gegen Araber, vor allem beim Jerusalemer Verein Beitar | |
und dessen Fans. Importiertes Equipment erreiche nicht das Ziel, außerdem | |
gehören fünf Vereine israelischer Siedler mit zum Ifa. Den Vorwurf, er | |
wolle den Fußball zum Mittel für politische Zwecke missbrauchen, weist | |
Radschub von sich. „Glauben Sie mir, dies hat mit dem palästinensischen | |
Kampf um internationale Anerkennung nichts zu tun.“ Lange Zeit hätten sich | |
die Palästinenser vergeblich in Geduld geübt. | |
Blatter zeigte sich solidarisch. Wie sehr er dem palästinensischen Fußball | |
zugetan ist, zeigt nicht zuletzt die Joseph-Blatter Akademie in Ramallah, | |
Schauplatz der gestrigen Pressekonferenz, deren Finanzierung Blatter selbst | |
vorantrieb. Dennoch warnte er vor einem „gefährlichen Präzedenzfall“. Bei | |
der Fifa ginge es um Sport und um Fußball, und der solle „Brücken schlagen | |
und die Völker vereinen“. Wenn ein Staat ausgeschlossen werde, könne | |
„morgen die Ukraine einen Antrag stellen und übermorgen ein anderer Staat“. | |
Israel wäre indes nicht der erste Staat. Die Fifa entschied in der | |
Vergangenheit gegen Südafrika und die Apartheid. Blatter zeigte sich | |
zuversichtlich, eine Lösung für die Reiserestriktionen zu finden. Im | |
Gespräch seien VIP-Ausweise für Fußballer. Problematisch blieben jedoch die | |
fünf israelischen Vereine, die in den Palästinensergebieten trainieren. | |
Radschub signalisierte Bereitschaft, von der Abstimmung abzusehen, sollte | |
Israel ernsthafte Anstrengungen unternehmen, die Situation zu verändern. | |
„Ohne Druck reagieren die Israelis nicht“, resümierte Radschub, der in | |
seiner Jugend Widerstandskämpfer war, jahrelang in israelischen | |
Gefängnisses saß und später Geheimdienstchef und Nationaler | |
Sicherheitsberater in Ramallah wurde. Die jüngsten Maßnahmen gegen den | |
Jerusalemer Sportclub Beitar, der aufgrund des rassistischen Verhaltens | |
seiner Fans mit einem Punkteabzug bestraft wurde, wertete er als positives | |
Signal. | |
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte am Vortag weitere Maßnahmen | |
in Aussicht gestellt, um „die Situation zu verbessern“. Allerdings wehrte | |
er sich gegen jeden Versuch der „Politisierung von Sport“. Auch Ifa-Chef | |
Ofer Eini wies die Vorwürfe zurück. Der Ifa habe nie eine Fifa-Regel | |
verletzt. „Ich reiche dem palästinensischen Fußballklub die Hand.“ Eini | |
begrüßte den Vorschlag Blatters für ein Freundschaftsspiel zwischen Israel | |
und den Palästinensern. Auch Radschub zeigte sich offen für den „kreativen | |
Vorschlag“, allerdings müsse solch ein Spiel am Ende stehen. „Vorher gilt | |
es, den Weg dahin zu bereiten.“ | |
21 May 2015 | |
## AUTOREN | |
SUSANNE KNAUL | |
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