Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die deutsche Fußballschule
> Im Fußball haben die Kubaner Großes vor: 2010 wollen sie sich erstmals
> für eine WM qualifizieren. Helfen soll dabei ein deutscher Trainer, der
> mit seinen Spielern heute zur Einweihung der Südtribüne des FC St. Pauli
> ans Hamburger Millerntor kommt
Als Ball dient ein alter Basketball, der längst die Luft verloren hat, doch
das ist den Jugendlichen an der Ecke Calzada de Infanta und San Lazaro
egal. Das einzige, was für sie zählt ist ihrem größten Hobby nachzugehen –
dem Fußballspielen. Der kleine Enrique streckt den Arm in die Luft. „Hier,
hier“, ruft er, um auf sich aufmerksam zu machen, prompt kommt der Pass und
locker locht der 11-Jährige ein.
Überall in Havanna sieht man Kinder und Jugendliche gegen den Ball treten –
ob auf der alten Prachtstraße in der Altstadt, dem Prado, oder am Strand
von Guanabo, ob mit Turnschuhen oder barfuß, es wird gekickt. Das war nicht
immer so, denn Fußball rangiert hinter den Nationalsportarten Baseball und
Boxen. „Doch seit dem fútbol auch in der Schule gekickt wird, ist das
Niveau spürbar nach oben gegangen“, sagt William Bennett. Er gehört zum
Establishment der kubanischen Trainergilde und ist sich sicher, dass auch
das gestiegene Medieninteresse dazu beigetragen hat, dass Kuba nicht mehr
fußballerisches Niemandsland ist.
Begonnen habe alles 1998 mit der Ausstrahlung der WM in Frankreich, sagt
Bennett, der damals die Mannschaft von Ciudad Habana erstmals zu
kubanischen Meisterehren coachte und zwischenzeitlich auch für die
Nationalmannschaft zuständig war. Die WM habe den Run auf den Ball in Kuba
ausgelöst, „seitdem träumen wir davon uns auch mal für die Endrunde zu
qualifizieren“.
Dabei vertraut Verbandspräsident Luis Hernández seit einigen Monaten auf
die deutsche Fußballschule. Seit Jahresbeginn ist Reinhold Fanz, ehemals
Trainer bei Hannover 96 und Eintracht Frankfurt, Entrenador der kubanischen
Nationalmannschaft. Sein Auftrag: die Mannschaft für die WM 2010 in
Südafrika zu qualifizieren. Die ersten Hürden hat die Mannschaft bereits
genommen. So wurde die Konkurrenz aus Antigua, die immerhin auf acht bis
neun Profis aus englischen Ligen zurückgreifen konnte, in den beiden
Ausscheidungsspielen mit 4:3 und 4:0 besiegt.
In der nächsten Runde der Qualifikation warten allerdings mit den USA,
Guatemala sowie Trinidad & Tobago deutlich größere Kaliber auf die
kubanischen Kicker. Um dieser Herausforderung gewachsen zu sein, sind Fanz
und seine Kicker diese Woche nach Hamburg zum FC St. Pauli gereist. Es ist
die zweite Europareise, bereits im Juni waren die Kubaner einige Wochen da
und spielten unter anderem gegen die Nationalmannschaft Österreichs, gegen
die sie 1:4 verloren. Das der zweite Besuch zum FC. St. Pauli führt, ist
kein Zufall, denn den Kiezclub und die Insel verbinden langjährige
Kontakte. Auf Kuba absolvierte der FC 2005 als erster deutscher Club ein
Trainingslager.
Zwar wird in den Pauli-Fanforen gelästert, dass man gerne eine stärkere
Mannschaft als die kubanische zur Einweihung der neuen Südtribüne gehabt
hätte, aber unterschätzen sollte man die No-Name-Kicker nicht. So zählt
Maykel Galindo zu den besten Stürmern der US-amerikanischen Mayor League
Soccer, ihn haben sich Kubaner auf und außerhalb der Insel zum Idol
erkoren. Zu den herausragenden Stürmern gehört auch Roberto Linares, der
zwei Tore beim Sieg gegen Antigua beisteuerte. Mit der Partie war der
54-jährige Coach schon ganz zufrieden, doch in Sachen Abstimmung und Taktik
habe die Mannschaft noch viel zu lernen.
Angst vor Abwanderung hat der Trainer nicht, schon die erste Europareise
verlief reibungslos. „Die Spieler wissen genau, dass der Verband es ernst
meint mit 2010. Die Reisen nach Europa sind da doch der beste Beweis“, sagt
Fanz. Ziel der Karibikkicker ist es, in der Qualifikation hinter den USA
den zweiten Platz zu belegen. „In etwa spielen wir auf dem Level wie
Guatemala, Trinidad & Tobago oder Costa Rica“, gibt sich Fanz optimistisch.
Vor allem die Spieler aus Trinidad & Tobago kennt man auf St. Pauli noch
aus der Saison 2006. Da siegten am Ende die WM-Teilnehmer aus der Karibik
2:1. Es folgte eine schöne Party am Millerntor. KNUT HENKEL
Heute, 19.30 Uhr, Millerntor-Stadion
18 Jul 2008
## AUTOREN
KNUT HENKEL
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.