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# taz.de -- Duell im Maschinenpark
> Schwarzenegger is back: Im dritten Teil der „Terminator“-Reihe kämpft der
> Maschinenkörper des T-800 gegen den flexibilisierten weiblichen Körper
> des T-X. Ist „Rebellion der Maschinen“ die einfallslose Kopie von James
> Camerons „Terminator II“? Oder ein Tribut an metallschwere
> 80er-Jahre-Action?
## Pro
James Camerons „Terminator II“ (1991) war ein Meisterwerk ehrlich
synthetischer Pop-Mythologie. Vielleicht musste deswegen so viel Zeit
vergehen, bis ein dritter Teil entstand. Obwohl man Sehnsucht danach hatte,
in die Welt des Terminators zurückzukehren, schien die Enttäuschung
programmiert. Und tatsächlich: Dass der neue Terminator die Gestalt einer
Frau annimmt, die wie ein schlecht gelauntes Modell aussieht, hat weder
rationale noch mythische Logik. John Mostow, der Regisseur, ist auf
routinierte Action abonniert. John Connor, der menschliche Held, hat sich
auch nicht zum Vorteil verändert. Aus dem Techno-Punk ist ein gescheiterter
Späthippie geworden. Und die Selbstreferenzen werden als bloße Gags
eingesetzt. Wenn der gute alte Terminator zuerst ein Elton-John-Ungetüm und
dann erst die richtigen sun glasses verpasst bekommt, lachen wir allenfalls
aus Höflichkeit.
Dass „Terminator III“ trotzdem funktioniert, liegt daran, dass der Film
nicht verleugnet, wie viel Zeit vergangen ist – das Veralten des
Terminators ist auch das Veralten eines Menschenkörpers und einer
Körper-Idee. Aber Schwarzenegger kommt zurecht. Er ist so fit wie lange
nicht. Es ist sein Kampf um Würde und Präsenz. Alle Effekte sind darauf
ausgerichtet, eine metallische Wirklichkeit zu bekommen. In der Konkurrenz
mit dem Materiellen und Körperlichen unterliegen sie: Anti-„Matrix“
schlechthin.
Wenn die Hippies das Antitechnologische mit den Mitteln sauberer
Supertechnologie ausdrückten, dann ist Arnold Schwarzenegger der Mensch,
der mit seinem eigenen Körper die relative Perfektion der posthumanen
Evolution ausdrückt und zugleich sich selbst der Verwandlung widersetzt.
Dieser Körper ist weder einfach natürlich noch einfach künstlich. Er ist
aus eigenem Willen gemacht, maschinisiert, aber leidensfähig,
perfektioniert, aber um keinen Preis der Welt simuliert. Die Geschichte von
Technologie und Romantik entwickelt sich nach wie vor in Paradoxien, und
Filme, die diese Widersprüche bearbeiten, tun uns in der einen oder anderen
Weise immer gut.
Das Traumpaar in „Terminator III“ bilden natürlich der T-800 und die T-X.
Auf ihre maschinelle Art sind sie so ineinander verknallt wie Gregory Peck
und Jennifer Jones in „Duel in the Sun“. Sie zerschmelzen und zerhacken
sich, dass es eine Art hat. Es geht nicht mehr um so komplexe Beziehungen
wie die zwischen der fordistischen und der digitalen Maschine, sondern um
ganz fundamentale wie die zwischen Mann-Maschine und Frau-Maschine.
Einerseits ist hier nichts als die Fortsetzung des Schwarzenegger-Mythos am
Werk: der maschinisierte Männerkörper als Abwehr der alltückischen
Weiblichkeit (die sich noch viel besser, nämlich postmechanisch
maschinisieren kann). Zugleich aber ist es eine wirkliche Liebesgeschichte.
Dabei gibt es einige Wendungen des plots und der Charaktere, die der Sache
neue Sichtweisen abgewinnen: neue Verwicklungen zwischen Programm und Moral
(einschließlich eines Terminators, in dem plötzlich wieder die alten
Programme durchschlagen) und ein Ende, das ein ganz anderer Anfang ist. Die
Illusion, Judgement Day verhindern zu können, ist futsch. Dafür ist man in
der Low-Tech-Welt des Cyberpunk angekommen. Was wie eine Revolte gegen die
messianischen Ausgangsideen der Filmreihe scheint, eröffnet für die
Nachfolgeprojekte die Möglichkeit sehr freien Fantasierens. Mit oder ohne
Schwarzenegger.
Wenn „The Matrix“ der neuromantische Design- und Philosophie-Jive ist, dann
ist „Terminator III“ eine Art Heavy-Metal-Renaissance. Vollgestopft mit
Computereffekten sind beide Filme, aber sie gehen ganz anders damit um. Bei
„Terminator III“ geht es um Trucks und Muskeln und große Schießgeräte.
Elegant sind hier höchstens die Bösen, und die Asiatisierung von Bewegung
und Kampf ist spurlos am Film vorbeigegangen. Wie es ein Comeback der
Schwarzenegger-Körperfigur ist, so ist es insgesamt eine Rückkehr der
Achtzigerjahre, der Zeit, in der Maschinen noch wie Maschinen aussahen.
Merkwürdig ist das schon: diese Bewunderung für das scheinbar Ehrliche und
Körperliche, der Spaß an den metallschweren Zerstörungsorgien. Alles
spricht von der Sehnsucht nach dem Vergangenen: Als Kristanna Loken als T-X
aus der Zukunft in einer Zeitblase landet, nackt natürlich, sucht sie sich
nicht die schicken Jugendklamotten, sondern ihr Blick heftet sich schnell
an eine schon etwas ältere Frau, deren schönes altes Cabrio und rotes
Lederkleid es ihr angetan haben. Auch Arnies erster Auftritt ist pure
Nostalgie: Er kommt in die vertraute Rockerkneipe, aber da ist gerade
Lady’s Night. Die harten Männer sind Lustobjekte für die hysterischen
Weiber. Die Lederklamotten bekommt er nicht mehr von echten Rockern,
sondern von ihren Abbildern.
Kurzum: Hinter und vor der Kamera zeigen die Alten den Jungen noch mal, was
eine Harke ist. Aber richtig retten können sie nichts mehr. Vielleicht ist
es dann doch weniger ein Gegen- als Seitenbild zur hippen Form des
Leinwand-Cyberpunk in „The Matrix“. Die alte, fordistische Maschine in
„Terminator II“ wusste, dass sie technisch hoffnungslos veraltet ist, und
stellte sich dem Kampf trotzdem. Da ist „Terminator III“ lakonischer. Bei
aller Action und aller Effekthascherei erinnert Mostows Film an große alte
Western. Die handeln ja auch oft von Männern, die für die Aufgaben, die
ihnen zugespielt werden, schon zu alt sind. Und manche von ihnen sind
voller Hass oder voller Trauer, dass die neue Zeit ohne sie stattfinden
wird. Und werden gerade dafür geliebt. GEORG SEESSLEN
## Contra
Schwarze Lederjacke, schwarze Sonnenbrille, schwarze Hose, schwarze
Stiefel, Schwarzenegger: Der Terminator ist eine reproduzierbare Ikone,
solange der Schauspieler seinen Körper dafür hinhalten kann. Denn
Schwarzeneggers Muskelmasse, die vor Jahrzehnten so steif und aufgeblasen
wirkte, dass man ihr jederzeit den Stahl unter der Hautschicht glaubte,
sein Vierkantschädel ohne Mimik, gehören zur Ausstattung.
Dieser Körper muss eingeführt und ausgestellt werden. Zum Ritual gehört
deshalb, dass der Mann nackt die Welt der Leinwand betritt und sich
einkleiden muss. Als der Terminator 1984 zum ersten Mal zur Welt kam,
borgte er sich sein Fashion-Design von einem Punk und flog deshalb später
in einem Club namens TechNoir nicht auf. Beim zweiten Erscheinen 1991 nahm
er einem Rocker die Lederklamotten und Stiefel ab. Es ist ein viel
versprechender Anfang, wenn Arnie – 2003 mit einem weit schlechteren
Muskelkorsett bestückt – in „Terminator 3 – Rebellion der Maschinen“ s…
sein Outfit in einem Lokal besorgen muss, in dem die Männer strippen und
die Frauen zuschauen. Doch was wie ein intelligenter Kommentar zum Bild des
Mannes auf der Leinwand scheint, entwickelt sich zur platten Geschichte,
die sich oft wie eine Kopie von „Terminator 2“ liest. Wieder wird John
Connor von einem avancierten Terminator-Modell bedroht und von dem
altgedienten Schwarzenegger beschützt. Wieder gilt es, den Tag der
Abrechnung zu verhindern. Doch dieser hat schon begonnen.
Dieser Drehbucheinfall sorgt für das Tempo des Films, der in rund 90
Minuten eine heftige Materialschlacht entfacht: Kräne holzen ganze
Stadtviertel ab, und die Terminators liefern sich brutale Duelle. Letztlich
aber erscheint das Tempo wie ein Zugeständnis an die Schwäche des
Drehbuchs: Das verpasst die sozialutopische Tiefe, die aus James Camerons
„Terminator“-Filmen mehr machte als oberflächliches Actionkino. Denn in der
Auseinandersetzung zwischen Mensch und Maschine ging es in beiden
Vorgängern weniger um die Versehrtheit der Körper oder ums blanke Überleben
als um das Entstehen. Nicht nur um das Entstehen der intelligenten Maschine
– das musste man selbstverständlich begreifen, um es zu verhindern –,
sondern auch um die Genese des Menschen selbst.
War Sarah Connor zu Anfang der Geschichte noch ein naives Mädchen mit einer
turmhohen Fönfrisur, entwickelte sie sich mit Auftauchen ihres Beschützers
aus der Zukunft nicht nur zur Kämpferin, sondern auch zur ideellen und
realen Mutter. Der Film verabschiedete uns mit dem Foto einer Frau, die
einen sichtbar dicken Bauch hatte, die sich einen Lover aus einer anderen
Welt ausgesucht hatte und auf eine bessere Zukunft hoffte. Das gab der
Testosteron-überladenen Machogeschichte um Schwarzeneggers gemeißelten Body
einen ungewollt emanzipatorischen Touch. Wenn die Menschen den von Männern
entworfenen und ihnen gleichen Maschinen etwas entgegenzusetzen hatten,
dann war es die weibliche Fähigkeit zur Reproduktion und zum Widerstand.
Mutete dieser Ansatz plump biologistisch an, wurde „Terminator 2“
realpolitisch feministisch, als er in dem auf Humanität programmierten
Cyborg den besseren Mann und Vater erblickte, der ein Kind, das nicht das
seine ist, nicht im Stich lassen würde. Die feministische Theorie entdeckte
in dem hybriden Kerl ein Vorbild, dem Frauen nacheifern konnten: Sie wäre
lieber ein Cyborg als eine Göttin, plädierte Donna Haraway.
Auch „Terminator 3“ spürt etwas vom Gender-Trouble, aber statt einer Utopie
zeigt er Duelle: Zwischen einem ausrangierten Männerbild und einer flotten
Terminatrix, die auf Bedarf nicht nur den Busen anschwellen lassen, sondern
ihre Körperteile in jedes High-Tech-Werkzeug verwandeln kann, das sie
gerade braucht. Der stets flexibel einsetzbaren, sexy aufpolierten Frau
steht ein Mann gegenüber, der immer bereit ist, mit dem Tod hausieren zu
gehen. Ähnlich fatal wirkt das menschliche Paar: John Connor, der wie ein
Terrorist im Untergrund lebt, aber nichts von einem Kämpfer hat, und seine
ehemalige Schulliebe, die heute Tierärztin ist. Wenn der Terminator sie in
seiner unfehlbar präzisen Wortwahl als „gesundes Weibchen im
reproduktionsfähigen Alter“ bezeichnet, trifft er den wunden Punkt: Die
Funken, die zwischen den beiden Menschen fliegen, würden nicht mal ein
Streichholz entfachen.
Das ist so frustrierend anzuschauen, dass man sich tatsächlich einen
Terminator herbeiwünscht, der wenigstens die Franchise ausrottete: Nun, da
die Rechte zu 100 Prozent bei C2-Pictures liegen, steht sicherlich eine
Fortsetzung ins Haus – „Terminator 4: The Rise of the Nuclear Family“.
Diese message dürfte ins Programm Schwarzeneggers als möglichem
Gouverneurskandidaten für Kalifornien genauso passen wie schon für Ronald
Reagan, sein Vorbild. VERONIKA RALL
„Terminator 3 – Rebellion der Maschinen“. Regie: Jonathan Mostow. Mit
Arnold Schwarzenegger, Claire Danes, Kristanna Loken, USA 2003, 109 Min.
30 Jul 2003
## AUTOREN
GEORG SEESSLEN / VERONIKA RALL
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