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# taz.de -- Mitten in die Mitte
> First we take Manhattan, than we take Berlin: Die Modedesignerin Claudia
> Hill lässt Kleider tanzen und schockfrosten. Gerade eröffnete sie ihren
> ersten europäischen Shop in der Auguststraße
VON BRIGITTE WERNEBURG
Und schon wieder ist eine Baulücke in der Auguststraße geschlossen – eine
makellose, modernistische Fassade erstrahlt cool neben der Galerie Eigen +
Art. Allerdings ist das neue Haus klein. Man muss schon wenigstens drei
Stockwerke bewohnen, um auf eine anständige Quadratmeterzahl Wohnfläche zu
kommen. Das erschließt sich aus dem Geschäft, das das Erdgeschoss belegt.
Mit rund zehn großen Schritten hat man den quadratischen Ladenraum
durchquert und steht im Garten des Hinterhofs.
Hier tummelten sich letzte Woche die ungeschminkten Models der Modemacherin
Claudia Hill, die in Berlin ihren ersten europäischen Shop eröffnete. In
Japan und in den USA ist die deutsche Designerin schon seit 1998 mit zwei
Produktlinien präsent. Ihre Kleider für Männer wie Frauen erweisen sich in
Berlin als wenigstens so minimalistisch wie das karge, aber effektvolle
Ladendesign, das eigentlich nur aus einer monumentalen Holzskulptur
besteht, die Ladentheke, Sitzbank und Blumenvase zugleich ist.
Viel Schwarz, viel Blau, dazu Weiß bei den T-shirts und ein wenig Grün,
Orange und Rot bei anderen Teilen war zu beobachten. Klassisch
geschnittene, schmale Hosen, ärmellose Blusen, die am Rücken plötzlich eine
überflüssige, üppige Querfalte zeigen, sowie T-Shirts als wesentliches
Basic machen den Großteil der vorgeführten Kollektion aus.
Claudia Hill sieht ihre Kleider als langlebige Einzelstücke, als
Kontrapunkt zur massenproduzierten Wegwerfmode, die kurzfristigen Trends
folgt. Nachhaltigkeit und Wertbeständigkeit der Kleidungsstücke stehen im
Vordergrund, die Verarbeitung erfolgt in Deutschland. Dazu gehört auch das
in Europa selten praktizierte Ai-Indigo-Färbeverfahren für die Stoffe,
deren mattes, schönes Blau wesentlicher Bestandteil der Kollektion ist.
Nicht ganz so wesentlich ist es, die Kleidungsstücke einzufrieren, damit
sie im Prozess des Auftauens allmählich ihre wahre Gestalt zeigen. Claudia
Hill hängte in dieser Form einen Teil ihrer Kollektion an die
Kleiderstangen, doch es handelte sich hier eher um eine symbolische
Installation. Sie sollte ausdrücken, dass sich Idee und Entwurf eines
Kleidungsstücks eben äußerst langsam vollziehen und dabei einen
Transformationsprozess durchlaufen, in dem sich die anvisierte Form immer
wieder verändert.
Ähnlich gelagert war auch die Anweisung im Glückwunsch des Choreografen
Bill Forsythe zur Geschäftseröffnung, der groß an die Wand plakatiert war.
Es galt, die Kleidungsstücke immer wieder in die Luft zu werfen, um ihre
Leichtigkeit oder Schwere zu spüren und ihre Formen zum Tanzen zu bringen.
Vom Tanz her kommt denn auch Claudia Hill, die in New York zunächst nur
nebenbei am Fashion Institute of Technology und an der Parsons School of
Design studierte. Doch dann spezialisierte sie sich schnell auf Kostüme für
Bühne und Film. Zuletzt entwarf Claudia Hill die Kleider für „Decreation“,
Bill Forsythe’ umjubelte Abschiedsvorstellung in Frankfurt, und für das
Stück „Poor Theatre“ der Wooster Group in New York.
Naturgemäß bewegt sich Claudia Hill über ihr Kostümdesign in einem breiten
Netzwerk von Kreativen aller Sparten. Skuli Sverisson, der musikalische
Direktor von Laurie Anderson, lieferte etwa die Musik zur Eröffnung,
Asymptote Architecture das Interiordesign. Was Leute mit Ideen angeht und
einem Style abseits vom Mainstream, wird Claudia Hill sicher auch in Berlin
fündig werden. Ihr Konzept jedenfalls passt zu Mitte.
Claudia Hill, Auguststraße 26 a, [1][www.claudiahill.com]
3 Jul 2004
## LINKS
[1] http://www.claudiahill.com
## AUTOREN
BRIGITTE WERNEBURG
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