# taz.de -- Die Zukunft der Kultur im Revier | |
> Kathrin Tiedemann, die neue Leiterin des Forum Freies Theater in | |
> Düsseldorf, beklagt an der Bochumer RuhrUni die Unterfinanzierung von | |
> Kultur in NRW. In Hamburg oder Berlin gäbe es immer noch mehr Geld für | |
> die freie Szene | |
Köln hat mehr Potenzial, doch Düsseldorf war schneller. So einfach verortet | |
Kathrin Tiedemann (40) das Zentrum der freien Theaterszene in der Region. | |
Die neue Leiterin des Forum Freies Theater (FFT) in Düsseldorf steht in | |
einem kleinen Hörsaal der Ruhr-Universität in Bochum und soll im Rahmen | |
einer Ringvorlesungsreihe die Zukunft der Kultur im Revier beschreiben. | |
Nicht ganz einfach für die studierte Theaterwissenschaftlerin, die ihre | |
berufliche Laufbahn bisher als Dramaturgin in Metropolen wie Berlin und | |
Hamburg verbracht hat. „Jetzt habe ich als Intendantin eigentlich die | |
Seiten gewechselt hat“, sagt sie. | |
Dass die gestressten Düsseldorfer Schlipsträger als Zuschauer noch fehlen, | |
kann Kathrin Tiedemann, die erst vor ein paar Wochen das FFT übernahm, | |
verschmerzen, die Fördermittel-Kürzungen durch das Land nicht. Die freie | |
Berliner Szene sauge die guten Leute einfach ab, sagt sie. Ihre Mittel | |
seien zu gering und als kleiner Kooperationspartner der Metropolen könne | |
man sich nicht profilieren. Anders herum solle man im Ruhrgebiet | |
überregionale Bedeutung produzieren. Ein Anachronismus für Tiedemann, die | |
von Hamburgs Kampnagel oder dem Berliner Theater am Halleschen Ufer andere | |
Bedingungen gewöhnt ist. | |
In Düsseldorf hat sie für Produktionen nur 200.000 Euro im Jahr zur | |
Verfügung. Mit dem Rest des 900.000 Euro-Gesamtetats muss der Betrieb von | |
zwei Häusern in der Landeshauptstadt finanziert werden. Angestellte | |
Techniker gibt es deshalb nicht. „Zusätzlich verliert das Bildungsbürgertum | |
als Zuschauer an Bedeutung.“ Jammern will Kathrin Tiedemann nicht, das FFT | |
habe eine effiziente Struktur, an der künstlerischen Qualität werde nicht | |
gespart, „die kleinen Brötchen kann man immer noch backen“. Sollten die | |
Kürzungen im Kulturetat des Landes aber weitergehen, werde das bald sein. | |
„Es ist schwer, Künstler vor Ort zu finden,“ sagt Tiedemann überraschend. | |
Die benötigten im Ruhrgebiet nämlich nicht nur ein großes Know How, um an | |
die Produktionsmittel zu kommen, sondern auch ausreichend Zeit, um | |
Geldgeber für ihre Arbeiten zu finden, denn dafür reichten die Mittel des | |
FFT oft nicht aus. In Berlin oder Hamburg werde für Produktionen doppelt so | |
viel gezahlt wie im Revier. Deshalb wanderten die guten Künstler ständig ab | |
in die Sophiensäle nach Berlin oder eben Kampnagel in Hamburg. | |
Mit Düsseldorf ist der Theater-Worcaholic zufrieden. Die Stadt finanziere | |
zwei Drittel des FFT. Allerdings sei die Institution, die neben den | |
Kammerspielen auch das Junge Theater neben der Altstadt bespielt, noch | |
nicht ausreichend bekannt. „Viele Bürger der Stadt kriegen beides nicht | |
zusammen“, sagt Tiedemann. | |
Roberto Ciulli (Theater an der Ruhr, Mülheim) wird an der Bochumer Uni der | |
nächste sein, der die einfache Frage beantworten soll: „Welche Zukunft hat | |
die Kultur im Revier?“ PETER ORTMANN | |
15 Nov 2004 | |
## AUTOREN | |
PETER ORTMANN | |
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