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# taz.de -- Ein Faible fürs Spektakuläre
> TENNIS Gael Monfils gilt nicht gerade als Vorzeigeprofi, ist aber die
> letzte verbliebene Hoffnung der Franzosen bei den French Open. Heute
> fordert er Roger Federer
AUS PARIS DORIS HENKEL
Das Spiel hatte noch nicht mal begonnen, als die Leute schon seinen Namen
skandierten. Zehn Minuten später schlenderte er auf den Platz, tobte zwei
Stunden die weißen Linien entlang und wühlte jeden Quadratzentimeter roter
Erde um. Er rannte und glitt und sprang und schlug aus Stellungen, die bei
normalen Menschen einen doppelten Bänderriss zur Folge hätten. Es gibt ein
paar Jungs, die besser und erfolgreicher Tennis spielen als er, aber einen
besseren Athleten als ihn, als Gael Monfils, gibt es nicht.
Der 22 Jahre alte Franzose, dessen Vater aus Guadeloupe und dessen Mutter
aus Martinique stammt, könnte Sprinter sein oder Basketballspieler oder
Boxer im Halbschwergewicht. Vielleicht auch ein Rapper. Jedenfalls besitzt
er ein unübersehbares Faible fürs Spektakel und die großen Gesten. Es gibt
viele verschiedene Bilder von Monfils, nur ein Bild ist gewöhnlich nicht
dabei: das eines Profisportlers, der seinen Job ernst nimmt und alles tut
für den Erfolg.
Die Leute denken, er mache sich von morgens bis abends lustig über das
Leben und alle, die es ernst nehmen. „Das ist so ein Quatsch“, widersprach
er in einem Interview mit der französischen Sportzeitung L’Équipe. „Wenn
ich der wäre, für den die Leute mich halten, dann wäre ich heute sicher
nicht da, wo ich bin. Ich erreiche seit einem Jahr bei jedem
Grand-Slam-Turnier die zweite Woche, ich stehe mit 22 in den Top Ten; es
gibt nicht viele französische Spieler, die das von sich behaupten können.
Und trotzdem nimmt man mich immer noch nicht ernst.“
Dabei hat er sich vor knapp einem Jahr zu einem Schritt entschlossen, der
an Ernsthaftigkeit kaum zu überbieten ist. Im Juli 2008 vertraute er sich
der Obhut des Australiers Roger Rasheed an, und wer es mit dem aushalten
will, der braucht eine gewisse Stabilität. Rasheed war viele Jahre lang der
Coach von Lleyton Hewitt, hat eine Figur wie ein Möbelpacker und gilt als
einer der härtesten Trainer der Welt.
Monfils findet, für diese Wahl hätte er anstelle des Vorwurfs, andauernd
den Trainer zu wechseln, ein wenig mehr Anerkennung verdient: „Das kann man
doch auch andersrum sehen, oder? Warum sagt man nicht: Es ist eine mutige
Entscheidung, dass er mit einem Coach arbeitet, der anspruchsvoll ist.“
Größere Gegensätze als zwischen dem australischen Eisenbieger und dem
französisch-karibischen Showman sind kaum vorstellbar, aber bis jetzt
scheint die Arbeit gut zu funktionieren. Rasheed findet, Monfils sei nicht
mehr derselbe wie vor einem Jahr, habe sich zu einem echten Profi
entwickelt. Monfils hat seither kräftig an Bauchmuskulatur zugelegt, wovon
Rückhand und Aufschlag profitieren.
Aber nicht alles, was nach Rasheeds Vorstellungen zu einem geregelten
Trainingsbetrieb gehört, macht Monfils Spaß. Zum Beispiel, wenn ihn der
Coach nach einem langen, harten Tag mit einer Aufzeichnung von Spielszenen
konfrontiert und wissen will, warum er diesen und jenen Ball nicht anders
gespielt habe. Das ist nicht sein Ding, wird es nie sein. Er sagt: „Ich
finde Tennis toll, aber wenn das Spiel vorbei ist, dann ist es vorbei. Ich
würde niemals sagen: Tennis ist mein Leben.“
Dabei hat sich nichts daran geändert, dass er das Spektakel liebt und mit
dem größten Vergnügen 15.000 Leute auf dem Court Central um den Verstand
bringt. Bei einer Vorstellung wie vor einem Jahr im Halbfinale gegen Roger
Federer an gleicher Stelle. Damals hatte er nur einen Satz gewonnen,
diesmal will er mehr im Viertelfinale an diesem Mittwoch, obwohl er nach
wie vor von einer Entzündung im linken Knie plagt wird. Die hätte seinen
Start fast verhindert. Und die Chance, den neuen Gael Monfils zu
präsentieren.
3 Jun 2009
## AUTOREN
DORIS HENKEL
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