# taz.de -- american pie: Einsames Aufbäumen | |
> Trotz bester Leistung droht LeBron James mit den Los Angeles Lakers die | |
> Play-offs zu verpassen | |
LeBron James gab sich betont stoisch nach dem knappen Sieg seiner Lakers | |
gegen die Washington Wizards am vergangenen Wochenende. „Ich tue meinen | |
Job, ich mache mich für mein Spiel fit, ich versuche meine Mannschaft | |
darauf einzustellen, Spiele zu gewinnen“, sagte der alternde Superstar in | |
seinen Sessel zusammengesunken mit den Händen in der Bauchtasche seines | |
Hoodies. Auf alles andere, so die unausgesprochene Implikation seiner | |
Bemerkung, habe er keinen Einfluss. | |
Aus James’ Worten war freilich deutlich Frustration zu hören. Die Los | |
Angeles Lakers stehen nach einem Drittel der Saison auf Platz 12 im Westen, | |
sie haben mehr als die Hälfte ihrer Spiele verloren. Dienstagnacht | |
europäischer Zeit mussten sie erneut bei den Phoenix Suns eine Niederlage | |
hinnehmen (104:130), obwohl der deutsche Nationalspieler Dennis Schröder | |
groß aufspielte und in einem seiner besten NBA-Partien 30 Punkte erzielte. | |
Es wird schwierig für die Lakers, überhaupt die Play-offs zu erreichen. Es | |
wäre das dritte Mal in vier Jahren, dass sie in der Endrunde fehlen. | |
An James liegt es freilich nicht. Gegen die Phoenix Suns musste er zwar | |
verletzt aussetzen. Ansonsten bringt er auch in seiner 20. Profisaison | |
roboterhaft seine Leistung. Er wirft im Schnitt 27 Punkte pro Spiel, holt | |
8,5 Rebounds und 6,5 Assists. Nur Luka Doničić von den Dallas Mavericks ist | |
produktiver. | |
Das Problem, daran gibt es keinen Zweifel, ist das Management der Lakers, | |
das es nicht schafft, um James herum eine konkurrenzfähige Mannschaft | |
aufzubauen. Das erklärt auch den bissigen Kommentar von James, dass ihm ja | |
nichts anderes übrig bleibt, als sich auf das zu konzentrieren, was er | |
beeinflussen kann: seine Leistung und die Leistung seiner Mannschaft. | |
Natürlich kann man sich sicher sein, dass James in den Büroräumen der | |
Lakers kein Blatt vor den Mund nimmt. James ist kein Typ, der sein Maul | |
hält und dribbelt. Abgesehen von seinem löblichen politischen Aktivismus | |
hat er Zeit seiner Karriere stets Unternehmerinstinkt gezeigt. Er hat | |
hinter den Kulissen erst in Miami und dann in Cleveland ein | |
Meisterschaftsteam mitgeformt. Und in seiner zweiten Saison in LA ist ihm | |
das erneut geglückt. Nebenbei hat er ein Medienunternehmen aufgebaut, das | |
auf einen Wert von mehr als 750 Millionen Dollar geschätzt wird. | |
So einem ist es nicht egal, ob seine Mannschaft gewinnt oder verliert, so | |
lange er brav seinen Job macht. Um irgendwo im Liga-Mittelfeld rum zu | |
dümpeln, schindet einer wie James nicht seinen in 20 Berufsjahren stark | |
strapazierten Körper, um Woche für Woche ein Topniveau zu erreichen. | |
James will weiter gewinnen, daran kann kein Zweifel bestehen. Das | |
bestätigte zuletzt auch Dirk Nowitzki, der nach seinem Titelgewinn noch | |
neun Jahre lang seinen goldenen Zeiten in der NBA hinterherjagte. „Klar | |
könnte man sagen, du hast alles erreichst, du kannst dich ausruhen. Aber am | |
Ende willst du immer noch gewinnen.“ | |
So wird sich LeBron James zweifellos dagegen aufbäumen, dass seine goldene | |
Karriere in Los Angeles durch ein schlechtes Management beschädigt wird. | |
Was ihn dabei aber nicht unwesentlich einschränkt: Er mag nicht mehr | |
umziehen. Seine Kinder gehen in Los Angeles zur Schule, seine | |
Geschäftsinteressen liegen in Hollywood. Und so könnte es durchaus sein, | |
dass eine der größten Karrieren im US-Profisport nicht märchenhaft zu Ende | |
geht, sondern lebensnah: mit einem langen, langsamen Verglühen. Sebastian | |
Moll | |
21 Dec 2022 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Moll | |
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