# taz.de -- das wird: „Was Vivaldi romantisiert, machen wir extrem“ | |
> Die „Vier Jahreszeiten“ als Tanzstück in Zeiten des Klimawandels: | |
> Choreograf Tim Gerhards über sein Projekt „seasons“, das jetzt bei den | |
> Inklusiven Tanztagen Bremen zu sehen ist | |
Interview Pia Schirrmeister | |
taz: Herr Gerhards, welche Verbindung haben Sie zu Antonio Vivaldis „Vier | |
Jahreszeiten“? | |
Tim Gerhards: Das Stück ist ja populär, ich kenne es schon lange. Ich habe | |
mich aber erst für das Projekt intensiver damit beschäftigt und gemerkt, | |
wie bildhaft und facettenreich es ist. | |
Nun fragen Sie nach seiner Aktualität. Warum genau dieses Stück? | |
Als Kunstschaffende sehen wir uns in der Verantwortung, auf Missstände | |
hinzuweisen und Geschehen kritisch zu beleuchten. Wir wollten uns mit dem | |
Klimawandel als einem der wichtigsten aktuellen Themen auseinandersetzen. | |
Vivaldis Stück kam uns als Grundlage passend vor, weil da so viel Inhalt | |
drin steckt und man es künstlerisch gut beleuchten kann. | |
Ist Ihre Arbeit „seasons“, Englisch für Jahreszeiten, also ein Beitrag zur | |
aktuellen Klimabewegung? | |
Aus heutiger Sicht würde man sagen: Vivaldi romantisiert die vier | |
Jahreszeiten. Im Frühling erwacht die Vegetation, im Sommer zieht ein Sturm | |
schnell wieder ab. Er beschreibt gemäßigte Wettererscheinungen. Wir greifen | |
sie auf und machen sie so extrem, wie sie in der Realität oft sind. Andere | |
lassen wir einfach weg – bei Vivaldi geht es zum Beispiel viel um Schnee, | |
der hier in Bremen nur selten liegen bleibt. Indem wir Sachen ergänzen und | |
weglassen, konfrontieren wir das Publikum mit der Realität. Das ist ein | |
politisches Statement. | |
Meteorologie und Tanz – wie geht ausgerechnet das eigentlich zusammen? | |
Im Tanz kann man ganz gut Gegenständliches abstrahieren und Abstraktem eine | |
Bedeutung geben. Wir können daher Fragen aufwerfen, auf die | |
Zuschauer*innen selbst eine Antwort suchen. Tanz und Performance greifen | |
hier ineinander. Wir arbeiten auch mit Mitteln des Tanztheaters. | |
Welche Rolle spielt dabei der Gedanke der Inklusion? | |
Vielseitige Ensembles bereichern Tanz- und Theaterproduktionen. Der Gedanke | |
der Inklusion ist wichtig in allem, was wir machen. „Wir“ meint in diesem | |
Zusammenhang „unperform“ als Theatergruppe, aber auch „tanzbar_bremen“ … | |
… ein ausdrücklich inklusives Kollektiv von Tänzer*innen, | |
Choreograf*innen und Kulturschaffenden … | |
… und die Inklusiven Tanztage. Wir arbeiten eng zusammen. Inhaltlicher | |
Schwerpunkt der Inklusiven Tanztage ist in diesem Jahr „Nachhaltigkeit“ – | |
ein Thema, auf das tanzbar_Bremen schon lange in ihren Arbeiten achtet. | |
21 Oct 2022 | |
## AUTOREN | |
Pia Schirrmeister | |
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