# taz.de -- Das große Fußball-Abc | |
> Was unterscheidet einen unnötigen von einem nötigen Ballverlust? Wie | |
> lautet die Drittstaatregelung in einer Pandemie? Ein Glossar | |
Von Bernd Müllenderund Manfred Kriener (Text) und Mathias Hühn | |
(Illustration) | |
Früher war Fußball einfach: 11 Leute, Ball, Pass, Schuss, Tor, vielleicht | |
noch ein paar Blutgrätschen, dazwischen Fehlpässe, Torwartparaden, Ecken | |
oder Abstöße. Mittlerweile differenziert sich das Geschehen aus, manchmal | |
mit neuem Wein in alten Schläuchen, manchmal mit wissenschaftlichem | |
Background und entsprechendem sprachlichen Brimborium. Das Runde muss nach | |
wie vor ins Eckige – aber jetzt mit viel Analyse um Ketten, Matchpläne, | |
Pressing, Spielphilosophien und zugestellte Räume. Mit dem Neuen geht | |
manches Alte dahin, der Biodiversitätsverlust im Fußballdeutsch ist | |
unüberhörbar, etwa bei Ballschlepper und Bananenflanke, Holzhacker und | |
ungeschliffenen Rohdiamanten. | |
A wie A und O. Das A und O sind die Ketten. Vorkommen: in vielerlei Arten. | |
Ketten sind prägende Teile der Spielsysteme (siehe Kette, Systeme) und | |
haben in der modernen Fußballsprache höchste Bedeutung. | |
A wie Abwehrreihen andribbeln. Zarte Versuche zu fummeln, wie man früher | |
sagte. Siehe auch Eins-gegen-Eins. | |
A wie Anschwitzen. Früher: Warmmachen. Leichte Übungseinheiten vor dem | |
Spiel zum Anwärmen der Muskulatur. Nicht zu verwechseln mit dem Anschwitzen | |
von Zwiebeln und Gemüse am Herd. | |
A wie Außen. Spieler auf der Außenbahn. Früher: Flügelstürmer, | |
Flügelflitzer. „Wir mussten viel mehr über die Außen kommen.“ Damit die | |
drinnen die geflankte Pille hätten versenken können. | |
A wie Automatismen. Im Training einstudierte Abläufe, die im Spiel wie | |
automatisch ablaufen. Automatismen existieren, funktionieren, greifen – | |
oder eben nicht. | |
B wie Ball. Spielgerät (gestern wie heute). Aliasnamen: Kugel, Kirsche, | |
Leder, Murmel, Pille, das Runde. Bis in die 90er gab es nur einen | |
Spielball, seitdem ist immer ein halbes Dutzend verfügbar. Gleichwohl | |
nehmen Torschützen seltsamerweise immer wieder „den Spielball“ als Andenken | |
mit: „Mit dem hab ich erstmals dreimal getroffen.“ Spielstrategisch wichtig | |
ist „der zweite Ball“, gemeint: einen abprallenden und zeitweilig | |
herrenlosen Ball nach Grätsche oder Zweikampf erobern. „Wir müssen | |
energischer auf die zweiten Bälle gehen.“ | |
B wie Ballbesitz. Früher: Spielanteile. Exakt gemessene Zeit, während der | |
die Murmel in den eigenen Reihen zirkuliert. Wird in Prozenten gemessen. | |
„Leverkusen hatte nur 37 Prozent Ballbesitz, aber die klar besseren | |
Chancen.“ Ballbesitzfußball wird Trainer Pep Guardiola zugeschrieben. | |
Legendär ist Trainer Christian Streichs Logik: „Freiburg will immä dä Ball | |
habbe, weil wenn mir dä Ball habbe, kann ihn ja nit dä Gegnä habbe.“ | |
B wie Belastungssteuerung. Dosierung der Einsatzzeiten im Laufe einer | |
Saison vor allem junger Spieler. Dabei hilft Rotation. „Trainer Bosz | |
rotiert und bringt zur Belastungssteuerung fünf Neue“. | |
B wie Box. Früher Strafraum oder auch der Sechzehner. Herkunft: Englisch. | |
„Wir hatten zu wenig Männer in der Box.“ Ein moderner Begriff für die Box | |
innerhalb der Box, den Torraum, etwa Innenbox oder Böxchen, wartet noch auf | |
seine Erfindung. | |
C wie Chipball. Früher: Schlenzer. „Dann chipt ihn der Sancho und der | |
Haaland macht ihn rein.“ Gern auch: versenkt ihn. | |
C wie Clásico. Herkunft Spanien, für den Klassiker Real – Barcelona. | |
Mittlerweile auch in die Bundesliga transferiert: Dortmund – Bayern, „der | |
deutsche Clásico“. Bis dahin gab es solche Duelle nur im begrenzten lokalen | |
Rahmen, etwa HSV – St. Pauli. Das heißt (Stadt-)Derby. | |
D wie Dreier. Bedeutung: drei Punkte holen. Für: gewinnen. Früher, als es | |
nur zwei Punkte gab für einen Sieg, wäre es ein Zweier gewesen. Den Zweier | |
gab es aber nie, ebenso wenig wie den Einer für ein Unentschieden. Dafür | |
wird gelegentlich genullt. | |
D wie Drittstaat. In Pandemiezeiten beliebter Spontan-Austragungsort von | |
Spielen der Champions League, falls man gerade keine Gäste | |
(Gastmannschaften) empfangen darf. Derzeitiger Drittstaat-Hotspot: Budapest | |
als Ersatz-Leipzig und Zweit-Gladbach. Früher: neutraler Ort, meist | |
langfristig vorgesehen bei Finalspielen. | |
E wie Einfahren. Man siegt nicht mehr oder gewinnt einfach – man fährt | |
Siege ein. Oder eben den Dreier. | |
E wie Eins-gegen-Eins. Ins Eins-gegen-Eins gehen. Früher: Alleingang, | |
Dribbling. „Diaby, der ist stark im Eins-gegen-Eins“; Mannschaften, die | |
verlieren, hatten oft „keinen Mut ins Eins-gegen-Eins zu gehen“. Im | |
Eins-gegen-Eins wird bei schlechter Performance der Ball verloren. | |
Vorsicht: --> Umschaltspiel. Gute Eins-gegen-Eins-Spieler (früher: | |
unberechenbare Straßenfußballer) werden in Deutschland seit einigen Jahren | |
vermisst, weil in Jugendakademien Spieler mehrheitlich in komplexen | |
taktischen Finessen ausgebildet werden. | |
E wie Eng, eng werden. Früher: spannendes Spiel mit knappem Ausgang. | |
„Hinten raus ist es nochmal eng geworden für die Herthaner“. (Hinten raus | |
modern für: kurz vor Schluss.) War früher ein Spottbegriff für | |
übergewichtige Spieler: „Da ist das Trikot ein wenig eng geworden für den | |
Buffy.“ | |
F wie Falscher Neuner. Früher: hängende Spitze. Stürmer, der nur | |
teilzeitmäßig im Sturmzentrum auftaucht. Falsche Sechser oder falsche | |
Zehner sind nicht bekannt, die gibt es gemeinhin nur in richtig. Wohl gibt | |
es immer wieder den falschen Elfer (siehe VAR). Früher gab es auch den | |
Falschen Fuffziger und einen richtigen Präsidenten Zwanziger, der aber der | |
falsche Mann war, wie fast alle vor und nach ihm an der DFB-Spitze. | |
F wie Flick, Hans-Dieter. Genannt Hansi, sogenannter Fußballexperte aus | |
München, Teil des Imperiums um Rummenigge, Lodenkarlheinz, der sich bei der | |
Impfung vordrängelnd nicht vordrängeln will, damit wenigstens der Rest | |
seines Personals unangesteckt bleibt. Erfolgsbilanz bislang: Septuple (7 | |
erkrankte Covid-Kicker). Siehe auch: Geblieben. | |
G wie Geblieben. Die kuschelige Liebe zum Spielernamen-Diminutiv. Früher: | |
Berti (Vogts), Klinsi (Klinsmann), Schweini (Schweinsteiger), Poldi | |
(Podolski). Ursprung war das Kurzdeutsch der „Bild“-Sprache: | |
„Klinsi-Litti-Tor“. Heute: Lewi (Lewandowski), Hansi (Flick), Heintzi | |
(Dominik Heintz). Für immer: Jogi (Löw). | |
G wie Gebrauchter Tag. Synonym für schlechtes Spiel. Früher laut | |
-->Kicker-Deutsch mit ornithologischer Anleihe: „Vogel hatte einen | |
rabenschwarzen Tag erwischt“. | |
G wie Gegen den Ball arbeiten. Den ballführenden Spieler nicht zur Ruhe | |
kommen lassen. Im Team verschieben. Vulgo: aggressives Pressing. | |
G wie Generieren. Gilt für Chancen, seit man sie sich nicht mehr einfach | |
erspielt. „Wir haben zu wenige Hochkaräter generiert.“ | |
G wie Griffig. Synonym mit euphemistischer Tendenz für hart und aggressiv | |
spielen. „In der 2. Halbzeit waren wir griffiger.“ Ersatzweise: galliger. | |
G wie Großchance. Nachfolgerin von Chance, Torchance. Unbekannt: | |
Kleinchance, Mittelchance, höchstens „so eine Halbchance“. | |
H wie Hilfsbereitschaft. „Er kann der Mannschaft helfen.“ Häufige Aussage | |
gerade über einen neuen Spieler. Oder ein Torschütze sagt: „Bin froh, dass | |
ich der Mannschaft helfen konnte.“ Wobei man sich fragt: Ist der Helfende | |
nicht Teil der Mannschaft? | |
H wie Hybrid-Außenbahnspieler. Eine der neuesten Wortschöpfungen (Sky). | |
Gemeint ist der Kicker auf Flügelposition, der mal offensiv, mal defensiv | |
wirkt. Anleihe vom Elektrohybridauto, das mal mit Strom, mal mit Benzin | |
fährt. | |
K wie Kette. Zentralbegriff modernen Fußballs. Früher gab es nur eine | |
Abwehrkette. Jetzt gibt es (siehe System) Kettensysteme und Kettenwechsel. | |
„Wir haben dann auf Dreierkette umgestellt.“ | |
K wie Kettensalat. „Wäre, wäre, Fahrradkette.“ Lothar Matthäussens | |
reimfreies Lyrikspecial aus 2017. Das Original „Hätte, hätte, Fahrradkette�… | |
geht laut spiegel.de auf Peer Steinbrück 2013 zurück. Hätte, hätte, | |
Viererkette ist bislang noch unbekannt. | |
K wie Kicker-Deutsch. Fußballfachsprache des Fachorgans Kicker | |
Sportmagazin. Floskelreicher Fels in der Brandung zeitgeistiger | |
Modernismen. Das K.-D. verteidigt mit eiserner 10er-Kette und gewohnt | |
schiefen Bildern seine Welt des runden Leders. Prägend sind dabei Anleihen | |
im Gestern: „Torchancen waren Mangelware“, zielt auf die | |
Nachkriegswirtschaft, die Suche nach dem Spielmacher/Leitwolf, auf das | |
Führerprinzip. Die „sattelfeste Abwehr“ rekurriert auf den Reitsport. Dem | |
bäuerlichen Leben geschuldet ist „Die Abwehr so offen wie ein Scheunentor.“ | |
Auch vage Empathie ist verbreitet: „Das 3:1 war vielleicht ein Tor zu | |
hoch.“ Ebenfalls beliebt ist Badezimmermetaphorik: „Das Gegentor war wie | |
eine kalte Dusche“ oder für den feldverwiesenen Spieler: „Der geht | |
vorzeitig duschen.“ Süß ist kickersche Bäcker-Ästhetik: „Ein Zuckerpass… | |
trotz drohender Adipositas und schlechtem Image des Suchtstoffs Zucker. Das | |
Drogenmilieu ist ohnehin angesagt: „Die Mannschaft steigerte sich in einen | |
Rausch.“ | |
K wie Kölner Keller. Siehe VAR. | |
K wie Körperteile, neue. Etwa Syndesmoseband oder Schienbeinköpfchen – | |
tauchen aber nur bei Verletzungen daselbst auf. | |
K wie Kompakt. Man muss möglichst kompakt stehen, kompakt verschieben, | |
kompakt verteidigen. Im Idealfall sind elf Spieler ein flexibel beweglicher | |
Organismus, dessen Teile sich miteinander vor allem in der Defensive immer | |
und überall perfekt zueinander zuordnen und so alle Räume zustellen. „Wir | |
waren heute nicht kompakt genug.“ | |
K wie Kreieren. Es gilt heute Chancen zu kreieren, nicht mehr | |
herauszuspielen. Geht vermutlich auf den Ex-Bayern-Trainer Louis van Gaal | |
zurück, der sich von seinen Töchtern siezen ließ (womöglich: „Guten Morge… | |
Sie Erfindervater“). Niederländisch kreieren, erzeugen: creëer. | |
L wie Laptop-Trainer. Digital orientierter Übungsleiter, der in Datenbergen | |
den Dschungelpfad zum Erfolg sucht. | |
L wie Laufleistung. Wird für jeden Spieler in Kilometer mit Kommastelle | |
gemessen. Früher: fleißiger Spieler, viel unterwegs, überall zu finden, | |
Dauerläufer, Lunge des Teams. Heute: „Lukas Höler mit überragender | |
Laufleistung von 13,6 Kilometern.“ | |
L wie Laufwege. Richtungsorientiertes Freilaufen, um vom Mitspieler den | |
Ball zu bekommen. „Die Laufwege haben nicht gestimmt“ oder: „Super-Laufweg | |
vom Lewi“. Städtebauliche Laufgassen und -straßen: unbekannt. Aber früher: | |
in die Gasse spielen. Heißt heute: in die --> Schnittstelle. | |
L wie Letzter Pass. Entscheidendes Zuspiel, das zum Torerfolg führt. „Der | |
letzte Pass hat gefehlt.“ | |
M wie Matchplan haben oder aufstellen. Früher: Marschroute, Fahrplan. | |
„Tuchel hatte einen guten Matchplan.“ Oder: „Schalkes Matchplan ist mal | |
wieder nicht aufgegangen.“ | |
M wie Mitnehmen. „Wir hätten gern was mitgenommen“ – Spieleraussage nach | |
verlorenem Spiel. Gemeint: einen Punkt mitnehmen oder im Gepäck haben. | |
M wie Momentaufnahme. Zentraler Begriff, um aufkommende Euphorie nach einem | |
Sieg auszubremsen. „Das 4:1 gegen die Bayern ist auch nur eine | |
Momentaufnahme.“ Hintergrund: Spannung hochhalten. Unerfüllte hohe | |
Erwartungen sorgen für Bitterkeit oder Spott (falls die nächste | |
Momentaufnahme nicht erfolgreich ist). | |
R wie Raute. Mittelfeldformation. Erstverwendung in der Geometrie von 1539. | |
Auf der Spitze stehendes Viereck mit gleich langen Schenkeln. Jeder | |
Eckpunkt steht für einen Spieler. „In der 2. Halbzeit haben wir auf Raute | |
umgestellt.“ DFB-Nationalteam der Frauen spielt gern mit Raute. | |
R wie Räume. Zentraler Begriff der Fußballdeutung. Bestimmte Areale eines | |
Platzes müssen räumlich beherrscht und zugestellt werden, damit weder | |
Gegner mit Ball noch Ball allein hindurch kann. Räume werden gesucht, | |
gefunden, aufgerissen, genutzt. „Der FC ließ den Bayern zu viele Räume, die | |
dann nach Belieben schalten und walten konnten.“ | |
R wie Raumdeuter. Wortkreation der SZ, auf Thomas Müller gemünzt. Spielt an | |
auf die einmaligen Instinkte des Bayern-Spielers, Räume für Pässe oder | |
besonders eigene Laufwege zu spüren, von deren Existenz andere nichts | |
ahnen. Die Fähigkeiten als R. wurden kürzlich auch Fritz Walter posthum | |
zugeschrieben (auch SZ). | |
R wie Realtaktische Aufstellung. TV-Grafik der meist zur Platzmitte hin | |
wuselnden Positionen der Spieler, wie sie sich auf dem Feld tatsächlich | |
bewegt haben. Soll die starre theoretische Aufstellung optisch erhellen. | |
R wie Reguläre Spielzeit. Groteske Unsinnsfloskel. „Die reguläre Spielzeit | |
ist vorbei.“ Gemeint: 90 Minuten. Es folgt aber fast immer (wegen | |
Auswechslungen, Verletzungspausen, Blicke in den Kölner Keller) die | |
Nachspielzeit. Wäre dann die irreguläre falsche Spielzeit. | |
S wie Sechser. Der Sechser ist der defensive Spieler im Mittelfeld, dem | |
hohe strategische Bedeutung zugeschrieben wird, als Abräumer und | |
Ballverteiler. Gibt es auch als Doppelsechs, bei zwei defensiven | |
Mittelfeldspielern. Dann kann es heißen: „Santamaria – der offensive Part | |
im defensiven Mittelfeld.“ | |
S wie Schnittstelle. Wird von Angreifern gern in der gegnerischen --> Kette | |
gesucht. Defensiven wollen entsprechend mit guter Raumaufteilung der | |
Spieler die Schnittstellen zustellen. | |
S wie Schwimmender Zehner. Mittelfeldspieler hinter den Spitzen mit viel | |
Freiraum. Gute Zehner bringen die Abwehr ins Schwimmen. Früher: freier Mann | |
hinter der/den Spitze/n. | |
S wie Spielphilosophie. Meint: Gedankengebäude (nie definiert) als | |
Oberbegriff zu Taktik und Matchstrategie. Muss ein Trainer heute vorweisen, | |
und wehe, wenn nicht: „Man weiß nicht recht, welche Philosophie vom Fußball | |
er hat.“ | |
S wie Stehen. Teile einer Elf (oder auch alle) stehen hoch, tief, kompakt. | |
Meist auf die Defensive bezogen. Tief stehen hieß früher mauern, im | |
Kicker-Deutsch „Beton anrühren“, Italienisch: Catenaccio. Deutscher | |
Vordenker des verrammelten Tors: „Riegel-Rudi“ (Trainer Rudi Gutendorf). | |
S wie System. Kernbegriff taktischer Aufstellung, ausgedrückt in | |
Zahlenfolgen, etwa: 4-3-3, 4-2-3-1, 5-3-2 oder als --> Tannenbaum 4-3-2-1. | |
Die erste Zahl nennt immer die Abwehrspieler, usw. Der Torwart findet | |
systemisch nicht statt. Das (vermutete) System eines Teams wird seit | |
einigen Jahren gebetsmühlenhaft aufgesagt, diskutiert, verglichen. Systeme | |
heißen auch Grundformation. Sie können sich auch verändern, dann wird ein | |
5-3-2 bei Ballbesitz zum 3-5-2. Aufm Platz (da, wo zählt) sind dann | |
allerdings alle ständig unterwegs, Systeme und Ketten oft nicht mehr | |
erkennbar (Ausnahmen: Simulation Sky oder ZDF-„Sportstudio“). Mit Grund: | |
Bundesliga-Urgestein Ewald Lienen sagt lapidar, warum er von einer | |
Fixierung auf starre Systeme wenig hält: „Fußball ist ein Bewegungsspiel.“ | |
Und wenn die Laufbereitschaft nicht stimmt, ist das bestausgedachte System | |
mit allen perfiden Matchplänen und Spielphilosophien für die Tonne. | |
T wie Tannenbaum. Das System 4-3-2-1, mittlerweile fast ausgestorben. | |
Parallelentwicklung zum siechenden deutschen Wald. | |
T wie Tiefe. In die Tiefe spielen. Früher: Nach vorn spielen. Heute auch: | |
vertikal spielen. Gegenpart von: In die Breite spielen. „Unserem Spiel | |
fehlte die Tiefe.“ Nicht zu verwechseln mit der früheren „Tiefe des Raums�… | |
woher weit geschlagene Netzer-Pässe immer kamen. | |
U wie Umschaltspiel. Oder schnelles Umkehrspiel. Früher: Gegenangriff. Oder | |
Konter (als Fachbegriff völlig ausgestorben). „Dortmund ist im Umschalten | |
bärenstark.“ | |
U wie Unnötiger Ballverlust. Wieder so ein gern definierter Auslöser für | |
Torchance oder gar Tor des Gegners. Nötiger Ballverlust: unbekannt. | |
Ü wie Übergeben. Den ballführenden Spieler übernehmen, angreifen, blocken. | |
„Beim zweiten Tor hat die Übergabe nicht gestimmt.“ Ersatzweise das | |
Aufnehmen. | |
Ü wie Überzahl herstellen. Im Umfeld des Balles einen eigenen Spieler mehr | |
zu haben als die anderen. Funktioniert im dynamischen Mannschaftsspiel oft | |
durch kluges Verschieben einzelner Mannschaftsteile. „Hoffenheim hat | |
intelligent verschoben.“ Früher: Schiebung durch einseitige | |
Schiedsrichterpfiffe. | |
V wie VAR. Video Assistant Referee. In den Bundesligen stehen seit zwei | |
Jahren die Überwachungsmonitore in einem Kölner Keller. Dort können | |
Videoschiedsrichter bei wichtigen strittigen Szenen (Tor, Elfmeter, | |
Abseits) jederzeit den Schiedsrichter auf dem Platz funkkontakten. Erst | |
viel kritisiert („Authentizität geht kaputt“), jetzt zunehmend gefordert. | |
Und wehe, wenn nicht: „Ist jetzt im Kölner Keller das Licht ausgegangen?“ | |
Z wie Zugriff, Zugriff kriegen. „Ab der 30. Minute hatten die Fohlen keinen | |
Zugriff mehr.“ Folge: Der Gegner dominiert, ist feldüberlegen. Wer am | |
Trikot zieht, versucht regelfremd Zugriff zu bekommen und hilft sich per | |
„Textilvergehen“. | |
Z wie Zumachen. „Beim Johnny hat der Muskel zugemacht.“ Früher: Zerrung, | |
Krampf. Das Aufmachen besorgt dann der Physio. | |
Z wie Zuschauer und Zuschauerinnen. Einst regelmäßige Begleiterscheinung in | |
Stadien. Seit Corona: gähnende Leere im weiten Rund oder Eckig. | |
Z wie Zum Abschluss kommen. Neusprachlich für --> schießen. Kommen wir hier | |
jetzt auch. | |
27 Feb 2021 | |
## AUTOREN | |
Bernd Müllender | |
Manfred Kriener | |
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