# taz.de -- Einmalig schlecht | |
> Das hochgelobte Team von Bayer Leverkusen versagt in Frankfurt kollektiv. | |
> Trainer Peter Bosz verabschiedet sich vom Titelkampf | |
Bild: Im Hintertreffen: der Leverkusener Leon Bailey kann André Silva nicht fo… | |
Aus Frankfurt Frank Hellmann | |
Einen winzigen Vorteil hat der Geisterspielbetrieb für die Hauptdarsteller | |
mitunter schon. Nach peinlichen Pleiten können sich die Profis umstandslos | |
ohne Gruß in die Kabinen schleichen. Hätten die Spieler von Bayer | |
Leverkusen bei ihrem unterirdisch anmutenden und beinahe unzureichend | |
bestraften Auftritt bei Eintracht Frankfurt (1:2) am Samstag nämlich | |
Anhänger begleitet, wäre es für Lukáš Hrádecký, Jonathan Tah und Co wohl | |
unausweichlich gewesen, in der hintersten Stadionecke irgendeine Form von | |
Abbitte zu leisten: für die mit Abstand schlechteste Saisonleistung, die | |
Trainer Peter Bosz gar nicht erst schönreden wollte. | |
„Frankfurt war viel besser, wir waren schlecht. Wir sind das ganze Spiel | |
hinterhergelaufen. Kein Spieler hat das Niveau erreicht“, konstatierte der | |
Niederländer kurz angebunden in der digitalen Pressekonferenz, auf der er | |
wenig Neigung verspürte, vertiefende Nachfragen zu erörtern. Erst später | |
auf dem Mainzer Lerchenberg im ZDF-„Sportstudio“, mit größerem Abstand zum | |
kollektiven Versagen seiner ausgebremsten Hochgeschwindigkeitsfußballer, | |
wurde der 57-Jährige grundsätzlicher. „Eine Topmannschaft verliert nicht | |
zweimal hintereinander“, sagte Bosz und gab das Titelrennen im Grunde nach | |
dem 14. Spieltag auf: „Am Ende wird Bayern doch wieder die beste Mannschaft | |
sein.“ Das klang bereits verdächtig nach einer Kapitulation im | |
Meisterschaftskampf. | |
Die grundsätzlichen Zweifel, die Leverkusen bei aller Begabung immer dann | |
nachgesagt werden, wenn es um Titel geht, befeuerte die Mannschaft durch | |
eine merkwürdig träge Vorstellung im Frankfurter Stadtwald. Dabei hatte | |
alles nach dem zauberhaften Hackentor von Nadiem Amiri (10.) so gut | |
begonnen, aber im weiteren Spielverlauf sollte es nur noch eine Chance | |
geben: als der Frankfurter Verteidiger Martin Hinteregger den Ball gegen | |
das eigene Lattenkreuz bolzte (82.). Zu diesem Zeitpunkt hatten der bei | |
Ajax Amsterdam unter Bosz tricksende Amin Younes (22.) und ein Eigentor von | |
Edmond Tapsoba (54.) die Partie für die engagierte Eintracht gedreht. Das | |
Aufbäumen der Werkself blieb aus. | |
„Wir waren gefühlt tot. Kein Leben, kein Tempo. Wir waren nicht da und | |
haben nicht dagegengehalten“, monierte Amiri. Der Nationalspieler führte | |
noch an, man habe „nie gesagt, dass wir deutscher Meister werden“, nun | |
müsse man einfach schauen, „dass wir gegen Bremen drei Punkte holen“. So | |
schnell ändern sich die Ambitionen. Bosz vermisste Siegermentalität – | |
„weshalb, weiß ich nicht“. Das oft für die gute Balance in den 20 | |
vergangenen Pflichtspielen gelobte Bayer-Team bekam keine Abstimmung | |
zwischen Abwehr und Angriff hin, agierte ohne erkennbaren Plan. „Die | |
Feldbesetzung war schlecht“, klagte Bosz. Beide Flügel mit Leon Bailey und | |
Moussa Diaby waren ein Totalausfall, und Mitchell Weiser, der anstelle der | |
an Corona erkrankten Linksverteidiger Wendell und Daley Sinkgraven spielte, | |
erwies sich als Fehlbesetzung. | |
Der Verdacht liegt nahe, dass die bittere Niederlage gegen den FC Bayern | |
(1:2) kurz vor Weihnachten noch nachgewirkt hat. Derlei Vermutungen | |
bestritt Bosz vehement, weil man ja gegen den Branchenprimus „auf | |
Augenhöhe“ gewesen sei. Aus seiner Sicht hat es sich um einen einmaligen | |
Systemausfall gehandelt. „Das darf nicht passieren, es passiert aber mal – | |
nächste Woche werden wir es besser machen“, versprach Leverkusens Coach, | |
womit das Heimspiel gegen Werder Bremen zum Charaktertest wird. Alles | |
andere als ein Sieg würde unter dem Bayer-Kreuz nur leidige Debatten | |
befeuern. Danach müssen sie erneut gegen Frankfurt im DFB-Pokal antreten – | |
zumindest genießen sie dann das Heimrecht. Eintracht-Trainer Adi Hütter | |
stimmte der überzeugende Auftritt fast schon euphorisch: „Wenn wir so | |
spielen wie heute“, sagte der Österreicher am Samstag bestens gelaunt, | |
„sind wir in der Lage, noch einige Siege einzufahren.“ | |
4 Jan 2021 | |
## AUTOREN | |
Frank Hellmann | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |