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# taz.de -- das portrait: Im Iran verurteilt: Fariba Adelkhah
Die 61-jährige iranisch-französische Wissenschaftlerin Fariba Adelkhah
wurde von einem iranischen Revolutionsgericht zu sechs Jahren Gefängnis
verurteilt, fünf Jahren wegen „Verschwörung gegen die nationale Sicherheit�…
und ein Jahr wegen „Propaganda gegen die Staatsordnung“ der Islamischen
Republik.
Adelkhah und ihr Freund und Kollege, der französische Soziologe Roland
Marchal, waren im Juni vergangenen Jahres auf dem Teheraner Flughafen
festgenommen worden. Der Fall belastet seitdem die Beziehungen zwischen
Teheran und Paris. Adelkhah hat die iranische und die französische
Staatsbürgerschaft. Der Iran erkennt doppelte Staatsbürgerschaften aber
nicht an.
Im Januar hatte die iranische Justiz zumindest den Vorwurf der Spionage
gegen Adelkhah fallen gelassen. Auf Spionage steht im Iran die Todesstrafe.
Ihr Prozess begann Anfang März vor dem Teheraner Revolutionsgericht.
Während ihrer Haft war die Wissenschaftlerin in einen 49-tägigen
Hungerstreik getreten. Im vergangenen Monat hatte Frankreichs Präsident
Emmanuel Macron einmal mehr ihre sofortige Freilassung gefordert.
Adelkhah ist Anthropologin, sie arbeitet im Pariser Institut für politische
Wissenschaften (Sciences Po). Sie forscht seit Jahren über die Lage der
Frauen im Iran und Afghanistan und hat mehrere Bücher und zahlreiche
Beiträge zu diesem Thema veröffentlicht.
Geboren in Teheran, wuchs sie in einer religiös-konservativen Familie auf.
Als Kind und Jugendliche trug sie einen Schleier, obwohl damals kein Zwang
bestand. Als Teenagerin war sie begeistert von dem Geistlichen Mortesa
Mottahari und dem Religionsphilosophen Ali Schariati. Beide traten für
einen modernen, kämpferischen Islam ein. Sie gelten als Vorbereiter der
Islamischen Revolution von 1979.
Kurz vor der Revolution begab sich Adelkhah zum Studium nach Frankreich,
studierte zunächst an der Universität in Straßburg Soziologie, machte dort
ihr Staatsexamen. Anschließend ging sie nach Paris und promovierte dort im
Fach Anthropologie am Institut für politische Wissenschaften. In ihren
Büchern und Beiträgen beschreibt sie die Islamische Revolution im Iran als
einen „Akt der Befreiung“, als Beginn einer „modernen Ära“, die Frauen…
Iran den Weg in die Freiheit bahnte.
Ihr Blick auf die Entwicklung der Islamischen Republik war nicht
grundlegend kritisch. In ihren Schriften versuchte sie sogar, bestimmte
„Unstimmigkeiten“ mit Hinweis auf bestehende Umständen zu rechtfertigen.
Die Islamische Republik habe sogar dazu beigetragen, dass bestimmte
Eigenschaften wie Bescheidenheit, Solidarität, Großzügigkeit oder
Gerechtigkeit sich strukturell in der Gesellschaft durchgesetzt hätten,
schreibt Adelkhah.
Die iranische Opposition hingegen warf Adelkhah Kollaboration mit der
Islamischen Republik vor. In einem Interview, das sie wenige Monate vor
ihrer Festnahme im Iran mit einem französischen Sender führte, bezeichnete
sie die schiitische Geistlichkeit in der Pilgerstadt Ghom als „Verteidiger
der Demokratie“. Nun haben die Verteidiger der Demokratie die
Wissenschaftlerin Fariba Adelkhah zu sechs Jahren Haft verurteilt. Bahman
Nirumand
18 May 2020
## AUTOREN
Bahman Nirumand
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