# taz.de -- Schirm statt Kollektion | |
> Wenn es draußen wärmer wird, läuft die Mode normalerweise zur Höchstform | |
> auf. Neues Outfit für Frühjahr und Sommer soll her. Doch nicht so in | |
> diesem Jahr | |
Die Laufstege der Fashion Weeks in Mailand und Paris bleiben leer, die | |
Fußgängerzonen der Republik genauso. Viele Designer dürfen in diesem Jahr | |
keine großen Hoffnungen auf ihre Frühjahrskollektion setzen. Denn: Wer | |
braucht schon was Neues zum Anziehen, wenn man damit ohnehin nur auf dem | |
Sofa sitzt? | |
Dass sich gerade der Großteil der Bevölkerung wegen des Coronavirus zu | |
Hause befindet, setzt der Modebranche merklich zu. Mit Esprit verkündet nun | |
ein großer Name in Deutschland: Wir halten das nicht durch. Mehrere | |
deutsche Tochtergesellschaften von Esprit sind zahlungsunfähig, wie der | |
Konzern per Mitteilung erklärte. Man habe Schutzschirmverfahren beantragt, | |
um sich vor Forderungen der Gläubiger zu schützen. Dabei habe ein | |
gerichtlich bestellter Sachverwalter die Aufsicht, während die | |
Unternehmensführung weiterhin die Kontrolle behalten soll. Im Rahmen des | |
Verfahrens sollen Verbindlichkeiten und Mietverträge „neu strukturiert“ | |
werden. Um die Gehälter der Mitarbeiter sicherzustellen, sollen nach | |
Angaben des Unternehmens teilweise auch staatliche Hilfsgelder zum Einsatz | |
kommen. | |
Schon lange vor der Coronakrise schrieb der Konzern, der in Ratingen bei | |
Düsseldorf sitzt, aber in Hongkong an der Börse notiert ist, rote Zahlen – | |
zuletzt etwa 248 Millionen Euro. Allein im vergangenen Jahr in Deutschland | |
wurden mehrere Hundert Stellen abgebaut und unrentable Filialen | |
geschlossen. | |
Topmanager aus der Modebranche erwarten durch die Coronapandemie in diesem | |
Jahr Umsatzeinbrüche von 20 bis 25 Prozent. Das geht aus einer Befragung | |
von 25 Vorstandsvorsitzenden und Finanzvorständen großer Modekonzerne durch | |
die Unternehmensberatung Boston Consulting Group hervor. Weil auch | |
Boutiquen geschlossen sind, stapeln sich dort Berge unverkaufter Ware. | |
Ziehe sich die Schließung über den April hinaus hin, rechne man mit über | |
einer Milliarde unverkaufter Artikel, schätzt der Handelsverband Textil. An | |
einem normalen Verkaufstag gehen mehr als 10 Millionen Kleidungsstücke über | |
die deutschen Ladentheken. Unwahrscheinlich ist, dass sich all diese Dinge | |
später noch verkaufen, denn: Im Sommer braucht niemand Schals aus dem | |
Winter-Sale. (dpa) | |
31 Mar 2020 | |
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