# taz.de -- Gar nicht so königlich | |
> Im ersten weiblichen Clásico unterliegt der CD Tacoń, bald wohl offiziell | |
> Frauenabteilung von Real Madrid, dem FC Barcelona heftig mit 1:9 | |
Bild: Patricia Guijarro Gutierrez vom FC Barcelona präsentiert mal ihrer Gegen… | |
Aus Barcelona Florian Haupt | |
Was in diesen Momenten wohl Florentino Pérez zu Hause denkt? Vor den Toren | |
Barcelonas taucht die Abendsonne den Himmel über dem neuen | |
Johan-Cruyff-Stadion in blauorangenes Licht, und auf dem Platz setzte es | |
für die Spielerinnen in Weiß ein Gegentor nach dem anderen. Dabei | |
verteidigen sie doch das stolze Wappen von Real Madrid. Pérez mag denken: | |
Worauf habe ich mich da bloß eingelassen? | |
Am kommenden Sonntag wird der Real-Präsident seine Mitglieder entscheiden | |
lassen, ob sie den Kauf der Lizenz des CD Tacón genehmigen, der damit | |
offiziell als Frauenabteilung in den Verein eingegliedert wird. Die | |
Zustimmung gilt als Formsache. Schon jetzt trainiert Tacón auf dem | |
Vereinsgelände von Real, und Neueinkäufe des Sommers unterschrieben ihre | |
Verträge auf Real-Briefpapier. Zum Ligaauftakt in Barcelona | |
versinnbildlichen die Trikots das aktuelle Zwischenstadium: vorn tragen die | |
Spielerinnen noch das Design ihres alten Vereins, hinten aber schon das | |
aktuelle von Real: goldene Rückennummern mit dem königlichen Emblem. | |
Und in denen bekommen sie im Prototyp eines Frauen-Clásico beim FC | |
Barcelona auf dessen Campus also ein 1:9 (0:4) verpasst. Während die | |
Gastgeberinnen den 5.413 Zuschauern gekonnt das hauseigene Passspiel und | |
Pressing zeigen, nähert sich der Auftritt der frisch aufgestiegenen, aber | |
um internationale Stars verstärkten Gäste an diesem Samstagabend dem | |
Slapstick. Ohne Pfostenglück, ein paar wohlwollende Abseitsentscheidungen | |
und etliche Libero-Aktionen von Torhüterin Yohana würde es noch übler | |
ausgehen. Dabei hatte Pérez bereits vor Jahren betont: „Dieser Verein kann | |
kein Fußballteam haben, das nichts gewinnt. Wenn es gemacht wird, muss es | |
gut gemacht werden.“ | |
Seit Langem war er zum Einstieg in den Frauenfußball gedrängt worden. So | |
virulent war das Thema, dass das 2014 gegründete Tacón von Beginn an auf | |
das jetzt eingetretene Szenario spekulierte. Die ambitionierte Präsidentin | |
Ana Rosell unterbreitete Real mit ihrer Betreiberfirma „AR10“ früh einen | |
entsprechenden Vorschlag. Ihren Klub leuchtete sie so grell aus – „Tacón“ | |
heißt „Hacke“, aber auch „Absatz“, und das Wappen zeigt tatsächlich e… | |
Fußballschuh mit rosa Stiletto –, dass es schon an freiwilligen Sexismus | |
grenzte. Bald kam René Ramos, Bruder und Berater des Real-Kapitäns, als | |
Vizepräsident dazu. Das Abkommen beinhaltete eine Zusammenarbeit beim | |
Talentscouting, denn der Agent macht inzwischen auch in Spielerinnen. Indiz | |
dafür, dass immer mehr Branchenakteure im Frauenfußball ein gutes Geschäft | |
sehen. | |
In Spanien wächst er derzeit noch ein bisschen schneller als anderswo. | |
Diese Saison kassieren die Klubs erstmals für ihre TV-Rechte, 3 Millionen | |
Euro insgesamt. Und erneut dürften zahlreiche Spitzenpartien in die | |
Männerstadien wandern, wie im März jenes zwischen Atlético und Barça, als | |
60.739 Besucher den Weltrekord für ein Frauen-Klubspiel aufstellten. Die | |
Bundesliga, einst das Maß aller Dinge, dürfte eingeholt sein. Vorige Saison | |
schlug Barça im Champions-League-Halbfinale den FC Bayern, dabei belegte es | |
in der Meisterschaft nur Platz zwei hinter Atlético. | |
In einem Punkt hängt Deutschland den übrigen Fußballnationen sogar | |
hinterher. Während in Spanien nun alle Traditionsklubs von Bilbao bis | |
Valencia auch Frauenteams ins Rennen schicken, gab es zuletzt unter den | |
Achtelfinalisten der Männer-Champions-League neben Real nur zwei weitere | |
Klubs ohne Frauenfußballteam: Borussia Dortmund und Schalke 04. Im | |
Frauenfußball ziehen dieselben Namen wie bei den Männern. Auch die | |
schwedischen WM-Dritten Sofia Jakobsson und Kosovare Asllani sind gewiss | |
nicht gekommen, um für CD Tacón zu kicken. In ihren sozialen Netzwerken | |
verkündeten sie jedenfalls, beim „größten Verein der Welt“ angeheuert zu | |
haben. Nach dem Schlusspfiff gibt es auch für Tacón freundlichen Applaus, | |
der Frauenfußball ist insofern noch anders. Wie lange das so bleiben wird, | |
wenn mit dem Boom auch die Rivalität zunimmt? Fürs Erste stellt sich dem | |
künftigen Real Madrid eine andere Herausforderung: die Liga zu halten. | |
9 Sep 2019 | |
## AUTOREN | |
Florian Haupt | |
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