# taz.de -- Kann man auch anders machen | |
> Häuser und Fahrzeuge, die so entstehen wie Wikipedia? Silke Helfrich und | |
> David Bollier wollen die bessere Welt von morgen denken | |
Von Annett Jensen | |
Dieses Buch hat Gewicht. Silke Helfrich und David Bollier zeigen erstmals | |
praktisch und theoretisch, dass längst eine kraftvolle Alternative zum | |
Kapitalismus existiert. Allerdings befinden sich die Commons im toten | |
Winkel der Wahrnehmung: Es gibt dafür noch keine Sprache. | |
Auch Gesetze, Institutionen, Infrastrukturen und Politik sind geprägt vom | |
Menschenbild des freien Individuums. Der Staat hat vor allem die Aufgabe, | |
gute Bedingungen für den freien Markt zu schaffen und das daraus | |
resultierende Eigentum zu schützen. | |
Das Buch „Frei, fair und lebendig – die Macht der Commons“ belegt, dass es | |
weltweit viele Beispiele gibt, dass Wirtschaft ganz anders funktionieren | |
kann: Orientiert am Bedarf der Beteiligten werden Wohnhäuser und Software, | |
Lebens- und Transportmittel, Prothesen und Maschinen produziert, gemeinsam | |
Supermärkte und Bauernhöfe betrieben. Eine Blaupause für diese Projekte | |
kann es nicht geben, weil sie geprägt sind durch die Möglichkeiten vor Ort | |
und die Beteiligten. Aber es gibt Muster – und die beschreibt das | |
Autorenduo. | |
Damit entwickeln sie die Theorie der Wirtschaftsnobelpreisträgerin Elinor | |
Ostrom entscheidend weiter. Sie zeigen, dass das Wesen von Commons nicht in | |
den Gütern oder hergestellten Produkten liegt, sondern in den Bezügen der | |
Menschen untereinander und zur Umwelt. Weil es nicht um Geldvermehrung | |
geht, sondern darum, mit den vorhandenen Ressourcen die Bedürfnisse | |
möglichst gut zu befriedigen, sind freie Software und das großzügige | |
Weitergeben von Wissen vorteilhaft: So können es viele weiterentwickeln – | |
zum Vorteil aller. | |
Bei begrenzten Ressourcen kommt es dagegen auf Fairness an: „Aufteilen ohne | |
Beitragen in einem Commons ist wie Einkaufen ohne Geld im Kapitalismus: Es | |
funktioniert nicht.“ | |
Helfrich und Bollier entwickeln nicht nur Vorschläge für eine | |
commonsgerechte Sprache mit neuen Wörtern wie „gemeinschaffen“ oder | |
„do-it-together“. Sie machen auch Vorschläge für commons-förderliche | |
Gesetze, Institutionen und Infrastrukturen. Der umfassende Ansatz des | |
Buches hat das Potenzial, zu einem Meilenstein für die Transformation zu | |
werden. | |
11 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Annette Jensen | |
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