# taz.de -- Politisch geführter Kampf | |
> Spanien soll auf Wunsch des IOC vorerst nicht Gastgeber von | |
> internationalen Veranstaltungen sein, weil bei der Karate-WM kosovarische | |
> Sportler nicht unter dem Namen ihres Landes antreten durften | |
Bild: Nicht unter ihrer Flagge angetreten: die Kosovarin Adelina Rama (r.) im W… | |
Aus Barcelona Florian Haupt | |
Am Dienstag gründete sich in Madrid eine neue Lobbyvereinigung. „Spain | |
Sports Global“ soll als Joint Venture von Politik, Verbänden, Fußballliga | |
und Nationalem Olympischen Komitee (COE) die Strahlkraft der Sportmarke | |
Spanien vergrößern, und zwar vor allem durch die Ausrichtung | |
internationaler Meisterschaften. Allerdings droht just an diesem Punkt eine | |
Totgeburt, denn parallel sorgen Neuigkeiten aus dem Internationalen | |
Olympischen Komitee (IOC) für Aufsehen. Danach werde am heutigen Donnerstag | |
ein Schreiben an die internationalen Sportverbände ergehen – mit der | |
Aufforderung, vorerst keine Veranstaltungen mehr nach Spanien zu vergeben. | |
Der Hintergrund des möglichen Embargos ist politisch: Es geht um den | |
Kosovo. Spanien erkennt ihn wie viele andere Länder wegen der | |
völkerrechtlich umstrittenen Abspaltung von Serbien nicht als unabhängigen | |
Staat an. Und weil es aus Angst vor einem Präzedenzfall für die | |
separatistischen Bewegungen in Katalonien oder im Baskenland wie für das | |
von Madrid beanspruchte Gibraltar bei dem Thema besonders sensibel | |
reagiert, ist auch der Sport betroffen. Wenn ein spanischer Verband einen | |
internationalen Wettbewerb ausrichtet, muss er sich an politische | |
Richtlinien halten – und die Teilnahme eines von der Regierung nicht | |
anerkannten Landes ablehnen. Diese Praxis greift direkt in die von einer | |
UN-Resolution abgesicherte Autonomie des Sports ein. Der Kosovo ist seit | |
2014 vollwertiges IOC-Mitglied. | |
Konkret wird das Ganze dann so krampfig wie bei der Karate-WM vorige Woche | |
in Madrid. Da mussten Athleten aus dem Kosovo laut Angaben des | |
stellvertretenden IOC-Generaldirektors Pere Miró über Drittstaaten aus der | |
EU einreisen, weil Spanien ihnen das Visum verweigert hatte. Antreten | |
konnten sie dann nicht unter dem Namen ihres Landes, sondern wurden, wie | |
Staatenlose, dem Weltverband WKF zugeschlagen. „Wir haben dieses Thema seit | |
Jahren und mit verschiedenen Regierungen“, erklärte Miró, selbst Spanier. | |
„Die Karate-WM hat das Fass zum Überlaufen gebracht.“ | |
Schon die Junioren-EM der Gewichtheber musste dieses Jahr kurzfristig aus | |
La Coruña nach Polen verlegt werden. Auf eine Anfrage der Veranstalter nach | |
Visa für kosovarische Athleten reagierte die Regierung nicht einmal. „Das | |
wäre ja, wie wenn einer für den katalanischen Verband antreten wollte“, | |
wurde ein Beamter zitiert. | |
## Großer politischer Druck | |
Derartiges hat es 2004 tatsächlich mal gegeben. Die Rollhockeyauswahl | |
Kataloniens nahm als provisorisches Mitglied ihres Weltverbandes an der | |
B-WM teil. Den Aufstieg in die A-Gruppe blieb ihr dann auf politischen | |
Druck verwehrt. Auch im Fußball scheiterten die nationsbewussten Regionen | |
bisher immer mit dem Versuch, ihre Auswahlen für offizielle Länderspiele | |
einzuschreiben. Ob die baskischen Surfer, die just dieser Tage ihre | |
Anerkennung als eigenständiger Verband beantragten, mehr Erfolg haben | |
werden, ist fraglich. | |
Gerade angesichts der Spannungen mit Katalonien reitet Spanien auf fast | |
schon paranoide Weise seine Prinzipien. So darf es bei der Auslosung der | |
Qualifikation zur EM 2020 mal wieder nicht zur Partie mit Gibraltar kommen | |
– die Ansetzung muss auf Anordnung der Uefa vermieden werden. Fragt sich, | |
was passieren würde, wenn Spanien und der Kosovo in eine Gruppe fielen. Der | |
Jugend-Gewichtheberauswahl verbot die Regierung voriges Jahr die Teilnahme | |
an der U15-EM in Pristina. | |
Nur mit Spanien, klagt Miró, gebe es dieses Problem. Andere Länder sind | |
entspannter. Bei diversen Weltmeisterschaften in Russland oder den | |
Olympischen Spielen 2016 in Brasilien konnten die Athleten mit vollen | |
Rechten starten – obwohl ihr Land auch dort nicht anerkannt wird. Die | |
entsprechende Entpolitisierung fordern nun auch spanische Sportfunktionäre. | |
Mindestens müsste eine Formel gelten, wie sie im Sommer für die | |
Mittelmeerspiele in Tarragona gefunden wurde, erklärte IOC-Vizepräsident | |
Juan Antonio Samaranch, ebenfalls Spanier. Damals liefen die Kosovarer zwar | |
nicht im Namen ihres Landes, aber in dem ihres Nationalen Olympischen | |
Komitees ein; und erhielten Sondervisa. | |
„Wenn sich die Situation nicht ändert, können wir das Ausrichten von | |
internationalen Events vergessen“, sagt COE-Chef Alejandro Blanco. | |
Betroffen wäre nicht nur die Karate-EM 2019; sondern auch geplante | |
Bewerbungen für die Olympischen Winterspiele 2030 (Barcelona-Pyrenäen) | |
sowie die Fußball-WM im gleichen Jahr. Im Rahmen der Feierlichkeiten vom | |
Dienstag bot die spanische Sportstaatssekretärin María José Rienda einen | |
raschen Dialog an. Zeit ist offenbar noch genau bis heute. | |
15 Nov 2018 | |
## AUTOREN | |
Florian Haupt | |
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