# taz.de -- der rote faden: Papst Franziskus, raus aus meinem Uterus! | |
Bild: Foto: privat | |
Durch die Woche mit Saskia Hödl | |
Mir tut es ja leid, dass ich vor einigen Jahren aus der Kirche ausgetreten | |
bin. Einfach, weil ich gerade so gerne noch einmal austreten würde. Papst | |
Franziskus hat Mitte der Woche gesagt, dass Schwangerschaftsabbrüche einem | |
Auftragsmord gleichkämen und hat damit Frauen auf der ganzen Welt | |
kriminalisiert. | |
Muss man sich vorstellen: So was sagt das Oberhaupt eines Vereins, der für | |
Abertausende Missbrauchsfälle verantwortlich ist. Übergriffe, die | |
passieren, weil ein Haufen Männer vorgibt, sie wären von einer „höheren | |
Macht“ dazu berufen, andere zu führen. Ein Verein, der seit Jahrzehnten für | |
die steigenden Zahlen an HIV-Infektionen auf der ganzen Welt | |
mitverantwortlich ist, weil er Kondome als Teufelszeug propagiert und damit | |
nicht nur Tote in Kauf nimmt, sondern Frauen zu einem Dasein als | |
Gebärmaschinen auf zwei Beinen verdammt. Armut und Hunger werden in Kauf | |
genommen – da mimt man dann den gütigen Helfer –, aber bloß keine Kondome! | |
Ein Verein, der seine Macht historisch gesehen damit manifestiert hat, zu | |
foltern und zu morden – ausgerechnet diese Leute wollen Frauen | |
kriminalisieren, die selbst über ihren Körper und ihr Leben entscheiden | |
möchten. Es gibt nicht viel, was man dazu noch sagen möchte, außer: | |
Franziskus, raus aus meinem Uterus. | |
Es war wirklich keine gute Woche für Frauen. Am Dienstag wurde Sigrid | |
Maurer, Ex-Abgeordnete der Grünen in Österreich, zu einer Geldstrafe | |
verurteilt, weil sie einen Fall von sexueller Belästigung öffentlich | |
gemacht hatte. Maurer ist im Mai vor einem Bierlokal in Wien erst von | |
Männern belästigt worden und hat dann obszöne Nachrichten vom | |
Facebook-Account des Wirts Albert L. erhalten. Maurer veröffentlichte die | |
Nachrichten. Der Wirt sagte, er habe sie nicht selbst verfasst, und | |
verklagte die 33-Jährige. Weil Maurer Screenshots der Nachrichten auf | |
Twitter gepostet hatte, müsse derselbe Maßstab angelegt werden wie an ein | |
Medienunternehmen, begründete das Gericht, es gelte die journalistische | |
Sorgfaltspflicht. Die persönliche Einschätzung des Richters lautete zwar, | |
dass Albert L. nicht die Wahrheit gesagt habe, aber dafür lägen keine | |
Beweise vor. | |
Muss man sich vorstellen: Hätte der Wirt sein Auto verliehen und daraufhin | |
eine Strafe erhalten, dann wäre er als Fahrzeughalter verpflichtet gewesen, | |
den Fahrer namentlich anzugeben. Wenn von seinem Facebook-Account eine Frau | |
belästigt wird, dann ist es aber die Pflicht der Frau, nachzuweisen, wer | |
die Nachrichten verfasst hat? | |
Aber wie sagte schon Donald Trump diese Woche: Es sind sehr schwere Zeiten | |
für Männer. So schwer, dass ein Brett Kavanaugh gerade auf Lebenszeit zum | |
obersten Richter der USA ernannt wurde. Ein Mann, dem eine Frau eine | |
versuchte Vergewaltigung in Jugendtagen vorwirft; eine andere wirft ihm | |
vor, er habe ihr auf einer Uniparty seinen Penis ins Gesicht gehalten. | |
Kavanaugh selbst hat sich in der folgenden Befragung als inkompetenter Mann | |
entpuppt, der wütend, emotional und vor allem selbstgerecht auftritt. Nicht | |
die besten Voraussetzungen für den Job. Dennoch, er ist heute Richter am | |
Supreme Court, und eine der Frauen, Christine Blasey Ford, die ihre | |
Geschichte erzählt hat, bekommt nun so viele Morddrohungen, dass sie | |
umziehen musste und Personenschutz braucht. Trump bezeichnete Kavanaugh | |
nach dessen Vereidigung als „proven innocent“, seine Unschuld sei bewiesen. | |
Das ist furchtbar. Auch furchtbar ist die Art, wie über diese Fälle, wie | |
über die Frauen gesprochen wird. Da wird „an den Pranger gestellt“, und | |
wenn „keine Beweise vorliegen, im Zweifel für den Angeklagten“, da würde … | |
immerhin „das Leben eines Mannes zerstört“. Schon die Formulierung „an d… | |
Pranger stellen“ impliziert Zweifel und dass es verwerflich sei, sich | |
öffentlich zu wehren. Aber ist es das, was man Frauen sagen, was man | |
Kindern und Jugendlichen mitgeben möchte? Muss es nicht heißen: Ja, sag es | |
laut, wenn dich jemand schlecht behandelt. Wehr dich. Bravo! | |
Das Problem mit den fehlenden Beweisen ist, dass (versuchte) | |
Vergewaltigungen, die (verständlicherweise oft) nicht sofort angezeigt | |
werden, in der Regel schwer zu beweisen sind. Es steht immer Aussage gegen | |
Aussage. „Im Zweifel für den Angeklagten“ ist deshalb eine der | |
frauenfeindlichsten Aussagen, die man dazu treffen kann. | |
Und die Erzählung vom „zerstörten Leben des Mannes“ und der vermeintlich | |
geldgierigen, machthungrigen oder rachsüchtigen Frau ist Teil eines | |
Opfermythos, den Männer zelebrieren. Nicht, dass es noch nie eine | |
Falschbeschuldigung gab. Aber sie ist eindeutig nicht die Regel. Und schon | |
gar nicht ist es die Regel, dass eine Frau nach vorgebrachten | |
Anschuldigungen gegen einen Mann reich oder berühmt wird. Was aber sehr | |
wohl die Regel ist: sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Femizid. Also | |
bitte, liebe Ritter der männlichen Unversehrtheit, heult leiser. | |
Nächste Woche Nina Apin | |
13 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Saskia Hödl | |
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