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# taz.de -- Wie #metoo die Welt eroberte
> Vor einem Monat veröffentlichte die New York Times einen Artikel über die
> sexuellen Übergriffe des Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein. Unter
> dem Hashtag #metoo erzählen seitdem Frauen ihre Geschichten, Politiker
> treten zurück und auf der ganzen Welt wird über Sexismus diskutiert. Ein
> Rückblick
Bild: Me too in real life: Frauen in Paris gehen gegen Sexismus auf die Straße
Von Anne Fromm
5. Oktober
Die New York Times veröffentlicht einen Artikel, in dem viele Frauen dem
US-Filmproduzenten Harvey Weinstein sexuelle Belästigung vorwerfen. Es sind
vor allem junge Schauspielerinnen, die berichten, Weinstein habe sie
angegrapscht, zu Massagen oder Sex gedrängt. Er soll ihnen gedroht haben,
sie nicht für Rollen zu besetzen und ihre Karriere zu beenden, wenn sie
nicht täten, was er verlangte. Sechs Frauen berichten sogar, von Weinstein
vergewaltigt worden zu sein. Im Laufe der nächsten Tage und Wochen melden
sich immer mehr Opfer, darunter auch Schauspielgrößen wie Gwyneth Paltrow
und Angelina Jolie. Die Polizei nimmt die Ermittlungen auf, Weinstein wird
als Aufsichtsrat von seiner Firma entlassen. Amazon und Disney wollen ihn
nicht mehr engagieren, die Oscar-Academy schließt ihn aus, sein Name wird
aus dem Abspann seiner Produktionen gelöscht.
15. Oktober
Die US-Schauspielerin Alyssa Milano twittert: „Me too. Ein Freund hat die
Idee: Wenn alle Frauen, die sexuell belästigt worden sind, als
Statusmeldung ,me too‘ schreiben würden, bekämen wir ein Gefühl dafür, wie
riesig dieses Problem ist.“ In den ersten zwei Tagen nach dem Aufruf wird
der Hashtag #metoo über eine Million Mal verwendet. Frauen berichten von
sexistischen Sprüchen, von Situationen, in denen sie angefasst oder sogar
vergewaltigt wurden.
18. Oktober
Die schwedische Außenministerin Margot Wallström schreibt auf ihrer
Facebook-Seite unter dem Hashtag #metoo, dass auch sie in ihrem Amt bereits
sexuell belästigt worden sei. „Ich kann bestätigen, dass das auf höchster
politischer Ebene vorkommt und es auch mir widerfahren ist“, sagt sie einer
schwedischen Nachrichtenagentur. Fünf Tage später meldet sich auch die
schwedische Gleichstellungsministerin Åsa Regnér und erzählt, dass sie von
einem hochrangigen EU-Politiker in einer Bar bedrängt worden sei. Daraufhin
befragt eine Tageszeitung alle schwedischen Parlamentarier. 23 Abgeordnete
geben an, sexuellen Übergriffen ausgesetzt gewesen zu sein.
22. Oktober
Die SPD-Politikerinnen Andrea Nahles und Katarina Barley erzählen in
Interviews von ihren Sexismuserfahrungen.
23. Oktober
„Wir auch“, schreiben mehrere Abgeordnete und Mitarbeiterinnen des
Europaparlaments an Parlamentspräsident Antonio Tajani in einer E-Mail. Sie
greifen darin den Hashtag #metoo auf. „Auch wir sind entweder Opfer oder
Zeugen von Missbrauch geworden, von sexistischen Kommentaren und
Verhaltensweisen, von sexueller Belästigung und Übergriffen an diesem
Arbeitsplatz, durch Abgeordnete oder Mitarbeiter“, heißt es in der Mail.
Eine Zeitung geht noch mehr ins Detail: Parlamentsmitarbeiterinnen beklagen
darin, dass sie im Aufzug begrapscht worden seien, anzügliche SMS erhalten
hätten. Eine behauptet sogar, dass ein männlicher Kollege vor ihr
masturbiert habe. Die Täter kämen aus dem gesamten politischen Spektrum,
unter ihnen seien auch ehemalige Minister. Tajani sagt, er sei
„schockiert“, und er verspricht „ganz harte Sanktionen“. Externe
Untersuchungen lehnt er jedoch zunächst ab und verweist auf einen bereits
existierenden parlamentsinternen Ausschuss.
25. Oktober
Das Europaparlament diskutiert über sexuelle Belästigung in den 28
Mitgliedsstaaten, aber auch in den eigenen Reihen. Fraktionsübergreifend
wird entschieden: Die Vorwürfe und die bestehenden Kontrollstellen im
Parlament sollen von externen Experten überprüft werden.
29. Oktober
In elf französischen Städten gehen Tausende auf die Straße, um gegen
sexuelle Belästigung zu protestieren. Neben #metoo verwenden FranzösInnen
in den sozialen Medien den Hashtag #balancetonporc“ (Verpfeif das Schwein),
der auch in der Politik ankommt: Die Tochter eines früheren Ministers wirft
einem ehemaligen Politiker vor, sie während eines Opernbesuchs angegrapscht
zu haben. Die Justiz prüft Vorwürfe einer früheren Parlamentsassistentin
gegen einen Parlamentsabgeordneten und die Gesundheitsministerin Agnès
Buzyn erzählt von „sehr deplatziertem Verhalten“ während ihrer Zeit als
Ärztin.
29. Oktober
Der US-Schauspieler Anthony Rapp („Star Trek“) erzählt Buzzfeed, in den
80er Jahren von Schauspieler Kevin Spacey bedrängt worden zu sein. Spacey
habe ihn auf einer Party ungefragt aufs Bett gehoben, ihm sexuelle Avancen
gemacht. Rapp sei damals 14, Spacey 26 Jahre alt gewesen. Spacey twittert
später, er könne sich an den Vorfall nicht erinnern, wolle sich aber
entschuldigen. Gleichzeitig outete sich Spacey als schwul. In den folgenden
Tagen melden sich mehrere Männer, die behaupten, von Spacey belästigt
worden zu sein. Netflix stoppt die Dreharbeiten zur aktuellen Staffel
„House of Cards“. Spacey will sich in Therapie begeben.
1. November
Der britische Verteidigungsminister Michael Fallon tritt zurück, nachdem er
auf Journalistenanfrage bestätigt, dass er einer Radiomoderatorin 2002 bei
einem Dinner die Hand aufs Knie gelegt habe. Das sogenannte #kneegate ist
der bisherige Tiefpunkt einer ganzen Reihe von Sexismusvorwürfen: Laut
Medienberichten geht bei den regierenden Konservativen eine Liste von rund
40 Abgeordneten rum, darunter Regierungsmitglieder, gegen die es Vorwürfe
„unangemessenen Verhaltens“ gebe.
2. November
Der Labour-Abgeordnete Kelvin Hopkins wird von seiner Partei suspendiert,
nachdem eine Aktivistin an die Öffentlichkeit geht. Unter anderem habe er
bei einer Umarmung sein Glied an ihr gerieben und ihr Liebesbotschaften per
SMS geschickt. Die Aktivistin hatte sich schon vor zwei Jahren an die
Parteiführung von Jeremy Corbyn gewandt. Der hatte nicht reagiert – und
stattdessen Hopkins kurzzeitig zum Schattenkulturminister gemacht.
3. November
Der US-Sender CNN berichtet unter Berufung auf acht ehemalige und aktuelle
Mitarbeiter der Serie „House of Cards“, dass Spacey durch Belästigungen am
Drehort aufgefallen ist. Die Produktionsfirma von „House of Cards“ richtet
eigenen Angaben zufolge eine Hotline ein, bei der sich Mitarbeiter anonym
melden können. Netflix möchte Untersuchungen einleiten.
4 Nov 2017
## AUTOREN
Anne Fromm
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