# taz.de -- Kein Disneyland mehr auf dem heiligen Berg | |
> Der weltbekannte Uluru in Australien soll nicht mehr von Touristen | |
> bestiegen werden dürfen – eine bedeutende Entscheidung für die Aborigines | |
Bild: Bisweilen färbt sich Touristenhaut ulurumäßig ein | |
Aus Canberra Urs Wälterlin | |
„Der Uluru ist kein Disneyland.“ Das sagte Sammy Wilson, einer der | |
traditionellen Besitzer des zentralaustralischen Monolithen, am Dienstag. | |
Danach beschloss die Verwaltung des Uluru-Kata-Tjuta-Nationalparks, das | |
Besteigen des 348 Meter hohen Berges ab 2019 zu verbieten. Seit | |
Zehntausenden von Jahren leben die Anangu-Aborigines im Schatten des Uluru, | |
oder Ayers Rock, wie ihn die weißen Entdecker genannt hatten. | |
Für die Ureinwohner ist der Berg heilig. Nur speziell initiierte Männer des | |
Stammes dürfen hochklettern – und auch das nur zu ganz besonderen | |
Gelegenheiten. Viele Formationen am Felsen sind strikt tabu. Höhlen etwa, | |
in die Frauen zum Gebären gingen, Jungen zur Beschneidung. Die Orte dürfen | |
auch von Touristen nicht fotografiert werden. | |
„Nach vielen Diskussionen haben wir entschieden, dass es Zeit ist“, sagte | |
Wilson am Mittwoch. Seit den achtziger Jahren bitten die Ureinwohner | |
Touristen, nicht auf den Berg zu klettert – aus Respekt vor den Traditionen | |
der Aborigines, aber auch aus Gründen der Sicherheit. Große Schilder am Fuß | |
des Uluru mahnen zum Verzicht. | |
Lange hatten Besucher des australischen Inlandes für den Wunsch wenig | |
Verständnis gezeigt. Bis in die neunziger Jahre kletterte die Mehrheit der | |
Touristen. Seither haben sich Bewusstsein und Respekt für die Wünsche der | |
Ureinwohner durchgesetzt, in den meisten Fällen. „Europäer respektieren in | |
der Regel, dass wir die Besteigung nicht wünschen“, so ein indigener | |
Parkranger. Die meisten Kletterer heute seien Asiaten oder weiße | |
Australier, die es als ihr Geburtsrecht sehen würden, auf den Berg zu | |
steigen. | |
Ausschlaggebend für die Entscheidung dürfte gewesen sein, dass sich die im | |
Aufsichtsrat stark vertretene Tourismusindustrie endlich einverstanden | |
zeigte. Reiseveranstalter und Tourismusbehörden hatten über Jahre | |
behauptet, Zentralaustralien würde an Attraktivität verlieren, wenn der | |
Aufstieg nicht mehr möglich ist. Umfragen zeigen, dass heute nur noch 16,2 | |
Prozent der Besucher den Berg erklettern. 1990 waren es noch 74 Prozent. | |
Die meisten Touristen wandern heute um den Uluru, ein einfacher Spaziergang | |
von zehn Kilometern Länge. | |
Der Entscheid hat große symbolische Bedeutung. „Wir haben uns über Jahre | |
gefühlt, als wenn uns jemand eine Pistole an den Kopf halten würde“, sagt | |
Wilson, Vorsitzender des Aufsichtsgremiums des Parks. Der Druck sei groß | |
gewesen, den Aufstieg weiter zu erlauben. „Die Regierung muss respektieren, | |
was wir über unsere Kultur sagen. Sie erwartet ja auch von uns, dass wir | |
ihre Gesetze befolgen“, sagte er. | |
In den letzten Jahren hatten Aufseher den Aufstieg immer häufiger mit dem | |
Hinweis auf zu hohe Tagestemperaturen schließen müssen. Im Sommer kann die | |
Temperatur in Zentralaustralien über 48 Grad klettern. Seit den 50er Jahren | |
sind mindestens 36 Menschen während oder nach der Klettertour gestorben – | |
vor allem als Folge von Unfällen sowie Herz- und Kreislaufproblemen. | |
Wie viele Regionen Australiens waren auch weite Teile des isolierten | |
Inlands nach der Besiedlung des Kontinents 1788 von den weißen | |
Neuankömmlingen übernommen worden. Sie haben viele Urbewohner entweder | |
vertrieben, umgesiedelt oder ermordet. 1985 ging das Gebiet, in dem der | |
Uluru und das nahe gelegene Gebirge der Kata Tjuta stehen, offiziell an die | |
Anangu zurück. Die verpachteten den neu geschaffenen Park zur gemeinsamen | |
Verwaltung an die Regierung. Seitdem gab es Kritik, die Ureinwohner hätten | |
im Aufsichtsrat zu wenig zu sagen. In den letzten Jahren hatten | |
Reiseveranstalter befürchtet, chinesische Touristen könnten nicht mehr ins | |
rote Zentrum Australiens kommen, sollte der Aufstieg verboten werden. China | |
hat sich innerhalb weniger Jahre zu einem der wichtigsten Herkunftsländer | |
für Australien-Touristen entwickelt. | |
2 Nov 2017 | |
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