# taz.de -- Der Senat weiß von nichts | |
> SPIONAGE Bundesweit sollen 6.000 türkische Spione Oppositionelle | |
> beobachten – bloß in Bremen nicht. Das behauptet zumindest der Senat | |
Werden türkischstämmige Oppositionelle in Bremen durch den türkischen | |
Geheimdienst ausspioniert? Der Senat sagt in seiner Antwort auf eine | |
Anfrage, die der Linken-Abgeordnete Cindi Tuncel gestellt hatte: Über | |
Spionagetätigkeiten in Moscheen wisse man nichts und auch habe man keine | |
Erkenntnisse über Personen, die in Bremen im Fokus des türkischen | |
Geheimdienstes stehen. Tuncel zeigt sich überrascht von den dünnen | |
Antworten. | |
„Bremen ist unter anderem eine Hochburg für kurdische Politik“, sagt er. | |
„Es erscheint mir sehr unwahrscheinlich, wenn es hier aktuell keine | |
Spionagetätigkeit der Türkei gäbe.“ Die Antworten des Senats seien vor | |
diesem Hintergrund „sehr unbefriedigend“. | |
Gefragt hatte Tuncel auch nach Listen, die dem Bundesnachrichtendienst vom | |
Chef des türkischen Geheimdienstes übergeben worden waren. Presseberichten | |
zufolge standen auf einer davon rund 300 Namen von Personen und Vereinen, | |
die der Gülen-Bewegung nahestehen sollen und als Spionageziele beschrieben | |
wurden. Laut Senat wurden diese Listen dem Innensenator im April und Juni | |
„zugeleitet“ und auf Bezüge zum Land Bremen hin überprüft. „Unter den | |
gelisteten Personen befanden sich keine Personen mit Wohnsitz in Bremen“, | |
heißt es dazu. | |
Alles andere sei als vertraulich eingestuft, weil eine Veröffentlichung | |
Interessen der Bundesrepublik berühren könnten. | |
Und weitere Erkenntnisse? Da verweist der Senat auf ein einziges Verfahren: | |
gegen Mehmet Fatih S., der Ende 2016 in Hamburg festgenommen wurde. Der | |
Generalbundesanwalt hegte gegen den 31-Jährigen „dringenden Verdacht der | |
geheimdienstlichen Agententätigkeit“. S. soll als Teil eines Mordkommandos | |
Kurdenführer in Deutschland ausgespäht haben – darunter Yüksel Koc aus | |
Bremen, Vorsitzender des bundesweiten Kurden-Dachverbandes Nav-Dem und | |
Vize-Vorsitzender des europäischen Kurden-Verbandes KCDK-E. Laut Senat ist | |
dieses Verfahren im September 2016 durch das Landeskriminalamt eingeleitet | |
und im November durch den Generalbundesanwalt übernommen worden. | |
Wird in türkischen Moscheen in Bremen spioniert? Der Senat weiß es nicht. | |
Auch nicht, ob die türkische Religionsbehörde Diyanet Imame aus Bremen | |
abgezogen hat, um sie vor Strafverfolgung zu bewahren. Laut Bundesregierung | |
ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen 16 Imame, die in deutschen Gemeinden | |
spioniert haben sollen. | |
Gefragt hatte die Linke auch nach der Zusammenarbeit zwischen türkischem | |
Geheimdienst und Bremer Sicherheitsbehörden – immerhin wird die PKK | |
weiterhin als Terrororganisation angesehen, der Vereine wie der von Yüksel | |
Koc nahestehen. „Eine Zusammenarbeit Bremer Sicherheitsbehörden mit | |
türkischen Nachrichtendiensten findet nicht statt“, schreibt der Senat. | |
6.000 türkische Spitzel sollen in Deutschland aktiv sein – nur in Bremen | |
nicht? Koc ärgert sich über diese Auskunft. Sein Name steht auf einer der | |
Todeslisten des türkischen Geheimdienstes, er war Ziel von Mehmet Fatih S. | |
Türkische Spione seien in Bremen „sehr aktiv“, sagt Koc. In der | |
Vergangenheit lag er damit richtig: Er selbst hatte die Behörden auf S. | |
aufmerksam gemacht – erst nach mehrfachem Drängen wurden sie aktiv. jpb | |
25 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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