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# taz.de -- Wenn der Tropenwald auf dem Grill landet
> Essen In Paraguay werden Bäume gerodet, um Holzkohle für Deutschland zu
> produzieren
ASUNCIÓN/BERLIN dpa | Eine Grillparty in Deutschland: Auf dem Rost brutzeln
Steaks, die die Gäste in wenigen Minuten verputzt haben. In den 11.000
Kilometer entfernten Trockenwäldern des Gran Chaco in Paraguay fallen in
der gleichen Zeit reihenweise die Bäume. Was das miteinander zu tun hat?
Aus den gerodeten Bäumen wird die Holzkohle, die in Berlin, Frankfurt oder
München die Grills anheizt – und weltweit das Klima.
Umweltschützer warnen schon seit Jahren vor den Folgen der – teils
illegalen – Tropenrodung. Der Chaco mit Trocken- und nicht Regenwäldern
steht dabei selten im Fokus. Zuletzt verschaffte ein Bericht der britischen
Nichtregierungsorganisation Earthsight über die paraguayischen
Holzkohleindustrie der Region mehr Aufmerksamkeit.
Der Wert der Holzkohle-Exporte Paraguays ist von 7 Millionen US-Dollar 2003
laut örtlichen Medien auf zuletzt 40 Millionen gestiegen. Gut 15 Prozent
der Exporte sollen nach Deutschland gehen. 2015 waren das laut
Statistischem Bundesamt 34.000 Tonnen im Wert von 13,9 Millionen Euro.
Damit war Paraguay der zweitwichtigste Lieferant für Grill-Holzkohle,
hinter Polen mit 74.000 Tonnen.
Holzkohle sei aber nicht der Hauptgrund für die Rodungen, sondern ein
Nebeneffekt, sagt Matthias Baumann. Der Geograf an der Humboldt-Universität
in Berlin hat eine Studie über die Auswirkungen der Abholzung in der Region
auf das Klima veröffentlicht. Mehr als 95 Prozent der betroffenen Flächen
würden abgeholzt, um sie für die wachsende Viehzucht zu nutzen. Auch
Sojaanbau – für Exporte oder für Futtermittel – spiele eine wichtige Roll…
heißt es von Greenpeace.
Aus Baumanns Studie geht hervor, dass zwischen 1985 und 2013 mehr als
49.000 Quadratkilometer des paraguayischen Chacos abgeholzt wurden – eine
Fläche etwas größer als Niedersachsen. Rund 250 Gigatonnen klimaschädlicher
Treibhausgase seien dadurch entstanden.
Forscher Baumann plädiert für mehr Zonen, in denen die Abholzung verboten
ist. Dass das funktioniere, zeigten Beispiele aus Brasilien. Schutzgebiete
andernorts führten aber wohl dazu, dass neue Abholzung in den Chaco
„verlegt“ werde, sagt Baumann. Um solche Verlegungen zu verhindern, brauche
es Naturschutzprojekte, die international koordiniert werden.
In Paraguay, einem der ärmsten Länder Südamerikas, bietet die Holzkohle für
die Landbevölkerung eine Erwerbsquelle. Mehr als 200.000 Menschen sind nach
Angaben des Holzunternehmerverbands Fepama in der Holzkohleverarbeitung
tätig.
„Die Kohlegewinnung wird zumeist in Schwarzarbeit mit sehr geringen
Gehältern verrichtet“, sagt Hernán Giardini von Greenpeace Argentinien. Für
die Sojalandwirtschaft sei weniger Personal nötig, weshalb sie ansässige
Landarbeiter vertreibe.
Gran-Chaco-Kohle aus bedenklicher Herkunft geht dem Earthsight-Bericht
zufolge auch in Deutschland an Discounter. Aldi Nord erklärt dazu, dass für
ihre Grillkohle verschiedene Zertifikate vorlägen, die eine saubere
Herkunft belegten. Umweltschützer betonen aber, dass nicht jedes Siegel
vertrauenswürdig sei und Hersteller Grauzonen ausnutzten, um zertifiziert
zu werden.
Verbraucher haben Alternativen: etwa Holzkohle aus Resthölzern oder
Briketts aus verkokten Resten landwirtschaftlicher Abfälle.
3 Aug 2017
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