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# taz.de -- Im Schweiße des Faltenrocks
> KONZERT Beim Tournee-Auftakt der US-amerikanischen Gospelpunk-Band
> Alabama Shakes in Leipzig wird geschrien und gespuckt
Bild: Brittany Howard von den Alabama Shakes sprüht in Leipzig vor Emotionen
Brittany Howard schwitzt. Schon wenige Minuten, nachdem sie die Bühne des
Leipziger Conne Island betreten hat, hat sie sich verausgabt. Was sie nicht
davon abhält, jetzt erst richtig loszulegen. Das gesamte Konzert der
Alabama Shakes ist auf die Frontfrau zugeschnitten.
In grünem langen Faltenrock und goldbeschmückten Oberteil erinnert die
25-Jährige modisch an eine alte Dame, ihre blondgefärbten Haare sind
allerdings zu einer punkigen Tolle geschnitten, ihre Brille muss sie
zwischendrin absetzen. Der Schweiß. Die grüne E-Gitarre hat sie anscheinend
passend zum Kleid gewählt. Mit ihr zelebriert sie den Rock ’n’Roll, den sie
in ein sehr bluesiges Gewand kleidet.
Die Alabama Shakes, die sich 2009 tatsächlich in Athens, Alabama,
gegründet haben, machen Musik, die nach der guten alten Zeit klingt, nach
den 60ern, nach den Zeiten der Bürgerrechtsbewegung. Aber auch nach
Südstaaten, nach Hitze, nach Verzweiflung, nach Gospelgottesdiensten der
schwarzen Kirche.
Im April erschien das zweite Album der vierköpfigen Band, „Sound & Colors“.
Eine stimmgewaltige Platte, die es in den USA sogar eine Woche auf Platz
Eins der Charts schaffte. Mit ihrem Debütalbum „Boys & Girls“ hatten sie
2012 überraschend drei Grammy-Nominierungen eingesackt.
## Nina Simone als Einfluss
Retro-Soul sagen manche zu der Musik der Alabama Shakes. Howard nicht. Sie
betont, dass neben dem Soul als Inspiration alle in der Band durchaus etwas
mit Black Sabbath anfangen können. Und wenn jemand meint, sie klinge wie
Janis Joplin, erklärt sie stattdessen David Bowie, Jon Scott und Nina
Simone zu ihren Einflüssen.
Alle in der Band – das ist vorrangig Bassist Zac Cockrell, den Howard 2009
in der 20.000-Einwohner-Stadt zwecks gemeinsamen Musikmachens ansprach,
weil er T-Shirts von coolen Bands trug, die keiner kannte. Später kamen
Gitarrist Heath Fogg und Schlagzeuger Steve Johnson hinzu. Beim Konzert in
Connewitz, der ersten von zwei Clubshows in diesem Sommer in Deutschland,
haben sie noch einen Keyboarder mitgebracht, der diverse Tasteninstrumente
bedient.
Noch herausragender bei dem Konzert ist aber der Backgroundchor. Neben zwei
schwarzen Soulsängerinnen, die zwischendrin gerne Gesten des Abrockens
vorführen, gehört ihm ein fülliger Junge an, der mit Handtuch auf den
Schultern ganz cool ins Mikrofon singt, während Howard am Bühnenrand ihre
Show macht.
Die Leute im knüppelvollen Conne Island jubeln ihr zu. Und wenn sie es
einmal nicht tun, bringt die Sängerin sie mit einer auffordernden
Handbewegung sofort wieder dazu. Sie fragt jemanden in der ersten Reihe
nach seinem Namen, sie zeigt auf einzelne Personen, während sie singt: „So
be mine, so be my baby“.
Und sie singt nicht einfach nur, sie schreit, sie haucht, sie spuckt, weil
sie so losbrüllt. Eine Frau im Publikum ruft: „I love you.“ Andere sind da
ähnlicher Meinung. Vielleicht weil man eine Frau wie Howard selten auf der
Bühne sieht: Sie ist nicht schlank, nicht modern, nicht weiß, nicht sexy.
Sie hat die Band im Griff, es scheinen ganz und gar ihre Songs zu sein. Bei
jedem ihrer Songs sprüht sie vor Emotionen. Und diese Emotionen sind eher
wütend statt herzerweichend, selbst wenn es viel um die Liebe geht.
Howard ruft keine politischen Botschaften, obwohl es im Süden der USA
gerade wieder gefährlich für Schwarze zu sein scheint. Sie sagt nur, wie
schön es sei, dass sie hier so willkommen ist. Auch wenn man befürchtet,
dass das wohl nicht für ganz Sachsen gelten kann, hier im Conne Island ist
dem so. Denn Howard hat inzwischen alle zum Schwitzen gebracht.Juliane
Streich
Nächstes Konzert: 6. Juli, Music Hall, Köln
2 Jul 2015
## AUTOREN
Juliane Streich
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