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# taz.de -- Raumstationen-Hopping gegen die Zeit
> ABENTEUER IM WELTALL George Clooney und Sandra Bullock trudeln in Alfonso
> Cuaróns 3-D-Film „Gravity“ durch schwarze Endlosigkeit. Leider verlangt
> der Blockbuster-Anspruch nach Aktion
Sandra Bullock und George Clooney – zwei der derzeit kassenträchtigsten
Akteure der US-Filmindustrie – allein im Weltall. Nach aktuellen
Industrie-Maßstäben müsste das für jeden Hollywoodproduzenten wie ein Traum
klingen. Der Weltraum als computergenerierter Spezialeffekt im Hintergrund,
davor trudeln in ihren Raumanzügen Hollywoods größte financial assets. Auch
wenn ihre Gesichter die meiste Zeit hinter ihren Helmen verborgen bleiben,
hinterlassen die beiden Stars in Alfonso Cuaróns „Gravity“ ihre Signaturen.
Clooney schon, bevor er überhaupt das erste Mal im Bild ist. Ein
abgehangener Country-Sound, der vor dem Blau des Globus nicht deplatzierter
sein könnte, arbeitet sich aus den Tiefen des Raums in den Vordergrund. Den
ersten Lacher hat Clooney schon nach wenigen Sekunden auf seiner Seite. Er
verkörpert in „Gravity“ den Nasa-Maverick Matt Kowalski: einen space
cowboy, der die Schwerelosigkeit für sein Ego-Rodeo nutzt. Auch Bullock
spielt, was sie am besten kann. Eine leicht steife Arbeiterin nach
Vorschrift (hier: eine Wissenschaftlerin namens Ryan Stone), die in einer
Extremsituation über sich hinauswächst. Irgendwo zwischen „Speed“ und
„Taffe Mädels“.
Wirklich außergewöhnlich an „Gravity“ ist, wie konsequent der Film das
Gefühl von Klaustrophobie und Agoraphobie gegeneinander ausspielt. Die
ersten 20 Minuten gelingt Cuarón mit Hilfe von 3-D-Technologie eine absolut
kinetische Umsetzung der Erfahrung von Schwerelosigkeit im Kinosessel.
Selten hat ein Regisseur 3-D-Technik so im Sinne der Erfindung eingesetzt,
es entsteht in der langen Exposition gewissermaßen eine eigene Form der
Erzählung, die sich in einem ruhigen Fluss aus wechselnden Blick- und
Raumverhältnissen ständig neu konstituiert. Die Kamera beobachtet Bullock
bei Außenarbeiten an einer Raumstation, während Clooney wie ein Spielball
um die Kapsel kreist und das traditionelle Raumgefühl des Kinos außer Kraft
setzt. Dazu kommt ein nahezu perfektes Sounddesign, das den Film über weite
Strecken in einen atmosphärisch toten Raum steckt, aus dem nur die
statischen Signale der Funksprüche hervortreten.
Leider holt Cuarón aus dieser viel versprechenden Prämisse weniger heraus,
als möglich gewesen wäre. Denn auch in der Schwerelosigkeit verlangt das
Blockbusterkino nach einer Form von Aktion, die handlungsführend ist. Die
Trümmer eines Raketenabschusses trennen die beiden Astronauten von ihrer
Raumstation, die im luftleeren Raum recht schön und lautlos zerbirst. Alle
neunzig Minuten führt die Flugbahn das Trümmerfeld zurück in die
Gefahrenzone der beiden einzigen Überlebenden. Dieses knappe Zeitfenster
verleiht „Gravity“ einen effizienten Handlungsrahmen, der leider auch
andere Konventionen des Katastrophen-Sujets befördert. Cuarón geht es wie
schon in seinem letzten Film „Children of Men“ auch um eine spirituelle
Errettung. Clooney stellt hier noch einen rustikalen Gegenpol zur seichten
Philosophie des Überlebens dar. Ihr gemeinsames Raumstationen-Hopping gegen
die Zeit führt das Gebot der Geschwindigkeit ad absurdum. Dennoch hat man
am Schluss das Gefühl, dass Cuarón, hätte er sich auf die geräuschlosen
Schwärze des Weltraums konzentriert, vielleicht das radikalere Kammerspiel
gefunden hätte. ANDREAS BUSCHE
■ „Gravity“. Regie: Alfonso Cuarón. Mit Sandra Bullock, George Clooney u.
a. USA/GB 2013, 90 Min.
1 Oct 2013
## AUTOREN
ANDREAS BUSCHE
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