# taz.de -- sommerfrische (I): Wo die Muscheln wohnen | |
Gute Idee, einfach mal so ans Nordsee-Meer zu fahren. In Schobüll bei Husum | |
gibt es den einzigen Campingplatz mit Meerblick, denn Schobüll hat keinen | |
Deich. Also die alten Iglu-Zelte mitgenommen und auf dem trockenen Rasen | |
aufgestellt. | |
Umgeben allerdings von Profi-Campern, von denen einer den Nerv hat, schon | |
morgens um acht Uhr den Rasen rund um seinen Wohnwagen zu mähen. Dass das | |
der „Platzwart“ erlaubt, sogar den Mäher bereitstellt, steht in leichtem | |
Widerspruch zur Ansage am Eingangsschild. Von 13 bis 15 Uhr herrscht | |
Mittagsruhe. Dann geht die Schranke runter, was das Wegfahren mit dem Auto | |
verhindert. Macht aber nichts, direkt neben dem Platz ist eine | |
Minigolf-Anlage und ein passables Freibad, in dem die Dorfjugend sich noch | |
vergnügt vom Beckenrand schubst. | |
Samstag morgens regnet es, also fahren wir nach Husum ans Hafenbecken. | |
„Krabbenverkauf ab 12 Uhr“, tatsächlich, ein älteres Ehepaar legt mit | |
seinem Kutter an und gibt die Schalentiere für zwei Euro den Liter ab. Und | |
weil es Stil hat, nehmen wir den Beutel später mit auf die lange Seebrücke, | |
die direkt vor dem Camping-Platz in Wattenmeer ragt, und beginnen zu pulen. | |
Es ist gerade Flut, das hüfthohe Wasser lädt zum Bad in der lauen Nordsee | |
ein. Igitt! Der Boden fühlt sich weich und wabbelig an, wie Pudding. Fünf | |
Stunden später sind die Krabben gepult und das Wasser verschwunden. | |
Die Abendsonne glänzt über die weite, braune Schlickfläche. Gegenüber ist | |
die Insel Nordstrand, über einen Damm mit dem Festland verbunden. Bevor es | |
den gab, soll das Ufer noch sandiger gewesen sein. Eine Treppe führt vom | |
Steg ins Watt, eine Dusche für die Füße suggeriert, dass wir barfuß | |
losstapfen und uns nachher reinigen können. Die Kinder rennen los, die | |
Eltern mühsam hinterher. Zwanzig, dreißig Zentimeter tief versinkt der Fuß, | |
stößt auf etwas Spitzes, Scharfes. Aber am Horizont lässt sich eine Gruppe | |
Spaziergänger durchs Watt führen. Es geht also. | |
Es wird keine stolze Wattwanderung, von Insel zur Insel oder so, nach | |
zweihundert Metern kehren wir um und stellen uns an die Schlange vor der | |
Steg-Dusche an. Pflaster und Beta-Isodonna zum Desinfizieren der | |
zerschnittenen Füße sind im Zelt. | |
„Festsitzende Turnschuhe mit Socken zum Schutz gegen die scharfkantigen | |
Muscheln“, gehörten zur Ausrüstung dazu, heißt es unter | |
[1][www.wattwandern.de]. Für Tobias Röder, den Zivi der Schobüller | |
„Schutzstation Wattenmeer“, bloße Theorie. „Normalerweise funktioniert es | |
mit Turnschuhen nicht“ sagt er. Wenn man Lust habe, diese wieder | |
auszugraben, könne man es probieren. Die Muscheln wohnten nun mal im Watt, | |
„und wir rennen in ihr Wohnzimmer rein, da sollten wir uns nicht | |
beschweren“. | |
Es gibt noch andere Gründe nach Schobüll zu fahren, Segler halten dafür | |
extra am Landessteg an: Im Camping-Kiosk gibt es selbst gepresste Pommes, | |
die leckersten der Küste. Kaija Kutter | |
29 Jul 2006 | |
## LINKS | |
[1] http://www.wattwandern.de | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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