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# taz.de -- Aachen macht sich klein
> Alemannia Aachen vergeigt das Bundesliga-Comeback. Beim 0:3 gegen Bayer
> Leverkusen wird der Aufsteiger Opfer seiner naiven Euphorie. Mainz 05
> soll nun als Vorbild für bessere Zeiten herhalten
AUS LEVERKUSENJÖRN DUDDECK
36 Jahre mussten die Anhänger von Alemannia Aachen auf die ersehnte
Rückkehr in die Fußball-Bundesliga warten. Am Samstagnachmittag, um 15:58
Uhr waren sie dann endgültig angekommen. Aachens Emil Noll verlor an der
linken Außenbahn ein Zweikampfduell mit Leverkusens Gonzalo Castro, das er
in der 2. Liga wohl gegen jeden Gegenspieler mit Bravour gemeistert hätte
und Bayers Mittelfeldroutinier Carsten Ramelow erhielt von der großzügigen
Aachener Abwehr zwei Versuche, um die Gastgeber in Führung zu bringen. Am
Ende besiegte Bayer Leverkusen die Alemannia aus Aachen mit 3:0 und schonte
dabei noch das Torverhältnis des Aufsteigers.
Dass Rückschläge kommen würden, war den Tivoli-Mannen stets bewusst.
Möglicherweise hätten die Spieler und ihre etwa 5.000 mitgereisten Anhänger
jedoch eine längere Schonfrist gehabt, wenn Torhüter Kristian Nicht in der
22. Minute seinen aus Euphorie und Unerfahrenheit resultierenden Übermut
etwas hätte bändigen können. Der Aufstiegskeeper ging außerhalb des
Strafraums absichtlich mit der Hand zum Ball. Die folgerichtige Dezimierung
durch die Rote Karte, verbunden mit der Herausnahme von Sascha Rösler sei
der eigentliche Knackpunkt gewesen, gab Nicht später zu: „Das Ding geht auf
meine Kappe.“
Die Situation war eigentlich recht harmlos. „Es war wohl ein Reflex“, sagte
Nicht. „Man denkt als Torwart in so einer Situation nicht bewusst darüber
nach, ob man vor oder hinter der Strafraumlinie steht.“ Etwas konkreter
wurde Alexander Klitzpera, der als Verteidiger „beste Sicht“ auf den
Blackout hatte: „Wenn Kristian im Sechzehner bleibt, kann ich ihm den Ball
zurückköpfen. Ich stand einen halben Meter davor.“
Nichts Fehlgriff steht stellvertretend für die kindliche Naivität, mit der
das Team von Dieter Hecking am Samstag in der BayArena die Zweikämpfe
angingen – wenn sie dies überhaupt taten. „Ein Kind fasst ja auch so lange
den Ofen an, bis es sich die Finger verbrennt“, sagte Alemannia-Trainer
Dieter Hecking. Es sei einfach schade, „dass man manche Erfahrungen immer
erst machen muss.“ Zur Beruhigung: Aachens Gegner, Bayer Leverkusen,
überzegte mit wunderbarem Offensivfußball. Auch wenn die neuen Angreifer
Stafan Kießling und Sergej Barbarez nicht trafen, lässt sich erahnen, dass
die Bayer-Elf in der laufenden Saison ein gute Rolle spielen könnte.
„Wir dürfen uns nicht kleiner machen, als wir sind“, sagte Hecking
hinterher. Dabei dachte er möglicherweise auch leise an den FSV Mainz 05.
Die Klopp-Elf startete vor zwei Jahren beim 2:4 in Stuttgart ähnlich
unbedarft in das Bundesliga-Abenteuer, um darauf den Hamburger SV zu
besiegen. So soll es auch für die Alemannen im ersten Heimspiel gegen
Schalke laufen.
Selbst wenn man dem Mainzer Vorbild nicht folgen sollte, wird an der
Aachener Soers vorerst Ruhe herrschen. „Wir sind praktisch ein
Anderthalbligist“, beschwor jüngst Alemannia-Manager Jörg Schmadtke schon
einmal vorsorglich das nicht unwahrscheinliche Aachener Schicksal, Pendler
zwischen erster und zweiter Liga zu werden. Damit geht der ehemalige
Freiburger allerdings auf Konfrontationskurs mit Teilen des Vorstandes, die
lieber ein paar Stars im schwarzgelben Trikot sehen würden, als eine
Mannschaft, die vorwiegend Kampf und Leidenschaft in die Wagschale wirft.
Der Ausgang dieses Machtkampfes dürfte den Abstiegskampf mit entscheiden.
14 Aug 2006
## AUTOREN
JÖRN DUDDECK
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